Schraubt der Iran seine Angriffspläne zurück?

Angesichts der iranischen Drohungen warnt US-Außenminister Blinken vor einer Eskalation der Situation. (© imago images/Kyodo News)
Angesichts der iranischen Drohungen warnt US-Außenminister Blinken vor einer Eskalation der Situation. (© imago images/Kyodo News)

Die US-Regierung glaubt, dass ihre Bemühungen um eine Deeskalation Früchte tragen und das iranische Regime seine Angriffspläne revidiert.

Joshua Marks

Intensive amerikanische Diplomatie und ein verstärktes militärisches Auftreten im Nahen Osten könnten Teheran dazu veranlasst haben, einen größeren Vergeltungsschlag gegen Israel zu überdenken, berichtet die Washington Post.

Vertreter des Weißen Hauses erklärten am Dienstag gegenüber David Ignatius von der Post, dass sie glauben, dass sich die Bemühungen von Präsident Joe Biden um die Verhinderung eines größeren Krieges auszahlen, zumindest was Teheran betrifft. Irans libanesische Terrorgruppe Hisbollah sei jedoch immer noch ein »unberechenbarer Faktor«, so die Quellen.

Der Iran macht Israel für die Ermordung des Hamas-Führers Ismail Haniyeh in Teheran in der vergangenen Woche verantwortlich und hat mit harten Vergeltungsmaßnahmen gedroht. Haniyehs Ermordung erfolgte nur wenige Stunden, nachdem Israel den ranghohen Hisbollah-Befehlshaber Fuad Shukr in Beirut ausgeschaltet hatte, und auch die Hisbollah drohte mit heftigen Vergeltungsmaßnahmen.

Die Regierung von Joe Biden hat unter der Leitung von US-Außenminister Antony Blinken einen drängenden diplomatischen Vorstoß zur Deeskalation der Lage unternommen. »Niemand sollte diesen Konflikt eskalieren lassen«, sagte Blinken am Dienstag gegenüber Reportern, die von der Post zitiert wurden. »Wir haben intensive diplomatische Bemühungen mit Verbündeten und Partnern unternommen und diese Botschaft direkt an den Iran übermittelt. Wir haben diese Botschaft direkt an Israel übermittelt.«

Das Pentagon hat außerdem Kriegsschiffe und Kampfflugzeuge in die Region geschickt, um seine Macht zu demonstrieren. »Der Iran weiß genau, dass die Vereinigten Staaten unsere Interessen, unsere Partner und unser Volk unnachgiebig verteidigen. Wir haben eine beträchtliche Menge an militärischen Mitteln in die Region verlegt, um diesen Grundsatz zu unterstreichen«, sagte ein hoher Regierungsvertreter gegenüber Ignatius.

Washington »empört« über Anschlag auf Haniyeh

Stimmen aus dem Weißen Haus hätten mit »Überraschung und Empörung« auf die Eliminierung Haniyehs reagiert, weil sie dies als Rückschlag für die Erreichung eines Waffenstillstands im Gazastreifen ansahen, so der Bericht der Post vom Dienstag. Jerusalem hat sich zwar nicht öffentlich zu der gezielten Tötung geäußert, aber Washington unmittelbar danach darüber informiert, dass es dafür verantwortlich war, heißt es in dem Artikel, in dem drei US-Offizielle zitiert werden.

Die Vereinigten Staaten arbeiten mit Israel und anderen Parteien an einem Abkommen zur Einstellung der Kämpfe im Gazastreifen, die nun schon in den zehnten Monat gehen, und zur Befreiung der verbleibenden Geiseln, die von der Hamas festgehalten werden.

Der Post zufolge »hat Israel wiederholt Angriffe auf Hisbollah- und iranische Kommandeure durchgeführt, ohne die Vereinigten Staaten vorher zu informieren, was den Präsidenten und dessen Mitarbeiter verärgert hat.«

Bericht: Iran könnte nach Treffen der islamischen Länder angreifen

Während die von der Post zitierten US-Vertreter glauben, dass die diplomatischen Bemühungen Früchte tragen, berichtete der Nachrichtensender Al-Arabiya unter Berufung auf US-Geheimdienstquellen am Dienstag, dass der Iran einen Angriff bis nach dem Treffen der Außenminister islamischer Länder am Mittwoch in Dschidda verschieben könnte.

Das Treffen wurde von der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) auf Betreiben Teherans einberufen, wie die halbamtliche iranische Nachrichtenagentur Tasnim berichtet. Ziel des Treffens ist es, »die anhaltenden Verbrechen der israelischen Besatzung gegen das palästinensische Volk zu diskutieren«. Die OIC vertritt 57 Staaten und präsentiert sich als »die Stimme der muslimischen Welt«.

Dem Bericht von Al Arabiya zufolge glauben die Amerikaner, dass sie Israel dabei helfen können, sich gegen einen iranischen Angriff »gut zu verteidigen«, äußern aber die Sorge, dass ein massiver Angriff der Hisbollah vom Libanon aus Israels Luftabwehrsysteme überwältigen könnte.

Ebenfalls am Dienstag berichtete das Wall Street Journal, die Vereinigten Staaten hätten am Wochenende Bewegungen im Iran beobachtet, die möglicherweise auf Vorbereitungen für einen Angriff hindeuten. Nach Angaben der in dem Bericht zitierten US-Beamten handelte es sich dabei um die Bewegung von Raketenabschussstellungen und verschiedene »militärische Übungen«.

Weißes Haus: Waffenstillstandsgespräche haben »ein letztes Stadium erreicht«

Wie das Weiße Haus am Dienstag mitteilte, dankte Biden dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah el-Sisi während eines Telefongesprächs »für seine entschlossene Führung bei der Erleichterung der Verhandlungen [über einen Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas], die nun ein abschließendes Stadium erreicht haben.«

Die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre, lehnte es ab, Bidens Äußerungen während eines Pressebriefings später am Tag näher zu erläutern. »Ich werde nicht über das hinausgehen, was der Präsident gesagt hat. Wir haben sehr deutlich gemacht, dass es wichtig ist, dass das Waffenstillstandsabkommen und das Geiselabkommen zustande kommen. Das ist schon seit einiger Zeit eine Priorität für diesen Präsidenten«, sagte sie.

»Sie haben es direkt vom Präsidenten gehört. Er will dies erreichen. Er will, dass der Krieg beendet wird. Er will, dass die Geiseln nach Hause kommen und zu ihren Lieben und Familien zurückkehren«, fügte sie hinzu. »Wir glauben also, dass das Ende dieses Krieges die Spannungen in der Region erheblich verringern würde. Und deshalb haben wir uns sehr darauf konzentriert, das zu erreichen.«

(Der Artikel ist unter dem Titel »US believes Tehran may be reconsidering major retaliation« vom Jewish News Service veröffentlicht worden. Übersetzung von Florian Markl.)

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