Die Volatilität des Schekels gegenüber dem Dollar hat nationale und internationale Gründe und könnte ein rasches Eingreifen der Bank of Israel erforderlich machen.
In einem Interview erläuterte Ronan Menachem, Chefvolkswirt bei der drittgrößten israelischen Bank Mizrachi Tefahot, die komplexen Faktoren, die zur Schwächung des israelischen Schekels (NIS) gegenüber dem US-Dollar beitragen. Mit seinen Ausführungen reagierte Menachem dabei auf eine beispiellose Entwicklung: Am Donnerstag stieg der Dollar gegenüber dem Schekel um ein Prozent auf 3,84 NIS und damit auf einen seit 2016 nicht mehr erreichten Höchststand.
Das in Israel herrschende Klima angesichts der Auseinandersetzungen um die Justizreform sowie die damit zusammenhängende Erwartung möglicher Anhörungen vor dem Obersten Gerichtshof ließen verstärkte Befürchtungen einer Verfassungskrise aufkommen, die der Grund für die jüngsten Entwicklungen sein dürfte. »Die Verschlechterung des juristischen Diskurses, die dringende Erwartung von Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs und die echte Besorgnis über eine Verfassungskrise haben dazu beigetragen, dass der Dollar gegenüber dem Schekel weiter gestiegen ist«, erklärte Menachem.
Bemerkenswert ist, dass die zunehmende Stärke des Dollars gegenüber der Landeswährung nicht nur ein israelspezifisches Phänomen ist. So erlebt die US-Währung nach einer Reihe von Rückgängen an der Wall Street aktuell einen weltweiten Aufschwung. Seine Wachstumsrate gegenüber dem Schekel übertrifft jedoch die globale Entwicklung, was der israelischen Wirtschaftslandschaft einen weiteren Dämpfer verpasst.
Kurzfristig geht Menachem davon aus, dass die Abschwächung des Schekels anhalten wird, wobei er darauf hinweist, die Volatilität sei ein kritischer Faktor, der nicht übersehen werden sollte. Allein im letzten Monat hat der Schekel gegenüber dem Dollar um 5,2 Prozent nachgegeben – eine Entwicklung, die durch die Warnungen der Bank of Israel vor einem steigenden Inflationsdruck noch verstärkt wird.
Die Trends deuten darauf hin, dass die Zentralbank ihren Zeitplan für eine Zinserhöhung vorziehen könnte. Auch die Möglichkeit des Verkaufs von Dollars zur Stabilisierung des Schekels sei im Gespräch, ließ Menachem wissen.
Israels Wirtschaft am Scheideweg
Der Anstieg über die 3,80er-Marke ist für die Einschätzung der Marktstimmung besonders wichtig. »Ein Verhältnis von 3,9:1 ist angesichts der derzeitigen hohen Volatilität nicht ausgeschlossen«, fügte Menachem hinzu und verwies auf zahlreiche Faktoren, die diesen Trend in naher Zukunft aufrechterhalten könnten, darunter die eskalierenden Konflikte um die Justizreform, zunehmende Sicherheitsbedenken, der Rückgang an der Wall Street und ein starker Rückgang der lokalen High-Tech-Investitionen. »Diese Faktoren werden wahrscheinlich in naher Zukunft anhalten, den Schekel weiter unter Druck setzen und die Bank von Israel zum Handeln zwingen«, meinte Menachem abschließend.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die israelische Wirtschaft an einem Scheideweg befindet, der sowohl von nationalen als auch von internationalen Ereignissen bestimmt wird. Die Volatilität des Schekels gegenüber dem Dollar hat erhebliche Auswirkungen auf die politischen Entscheidungsträger und könnte ein rasches Eingreifen der Bank of Israel erforderlich machen. »Während Israel durch diese turbulenten finanziellen Gewässer navigiert, muss das Land die nationalen Sorgen mit den globalen Wirtschaftsindikatoren sorgfältig abwägen«, schrieb das israelischen Online-Magazin The Judean in einer Analyse.