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Imamoglus Verhaftung: Schachzug zum Macherhalt oder Auftakt zu Veränderungen?

Machterhalt Erdogans oder Anfang vom Ende? Demonstration gegen die Verhaftung Ekrem Imamoglus in Istanbul
Machterhalt Erdogans oder Anfang vom Ende? Demonstration gegen die Verhaftung Ekrem Imamoglus in Istanbul (Quelle: JNS)

Die Entwicklungen in der Türkei werfen die Frage auf, ob Präsident Erdogan endlich gezwungen sein wird, die Bühne zu verlassen, oder ob dem Land eine autoritäre Ein-Mann-Ära bevorsteht.

Hay Eytan Cohen Yanarocak

Die Verhaftung des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem Imamoglu, des größten politischen Rivalen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, vor Tagesanbruch machte den 19. März zu einem entscheidenden und unvergesslichen Tag in der Geschichte der türkischen Politik.

Imamoglu, der aus seinem Haus geholt und wie ein gewöhnlicher Krimineller inhaftiert wurde, sieht sich einer Reihe schwerwiegender Anklagen gegenüber, darunter Anführung und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Veruntreuung, Bestechung, schwerer Betrug, unrechtmäßiger Erwerb personenbezogener Daten und Manipulation öffentlicher Ausschreibungen – zusammen mit dem Vorwurf der Unterstützung der kurdischen PKK.

Als ob das nicht genug wäre, widerrief die Universität Istanbul – obwohl sie dazu rechtlich nicht befugt war – in der Nacht vor seiner Verhaftung willkürlich Imamoglus Diplom, das eine notwendige Voraussetzung für die Kandidatur für das Präsidentenamt darstellt, da man in der Türkei ohne Universitätsabschluss nicht zur Präsidentenwahl antreten darf. Zusammengenommen zeigen diese Entwicklungen, dass der Bürgermeister Opfer einer orchestrierten politischen Demontage wurde.

Bedrohung für Erdogan

Warum wurde Imamoglu von Erdogan als Bedrohung wahrgenommen? Die Antwort beginnt mit Imamoglus unerwartetem und entscheidendem Sieg bei den Kommunalwahlen am 31. März 2019, als er Binali Yildirim, Erdogans engen Verbündeten und ehemaligen Premierminister, besiegte. Der 1970 geborene Imamoglu begann seine Karriere im Privatsektor und arbeitete als Entwickler im Bau- und Immobilienunternehmen seiner Familie, bevor er in die Politik wechselte. Im Jahr 2002 wurde er Vorstandsmitglied des Multisportvereins Trabzonspor, wodurch er weiter an öffentlichem Profil gewann.

Imamoglus Aufstieg stellte Erdogans Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung (AKP), die sich 2004 erstmals die Kontrolle über die Stadtverwaltung von Istanbul gesichert hatte, vor eine große Herausforderung. Vom Wahlsieg 2004 bis 2019 nutzte die AKP die Infrastruktur und das Budget der Stadtverwaltung von Istanbul nicht nur, um den Einwohnern der Stadt zu dienen, sondern auch, um parteitreue Organisationen der Zivilgesellschaft zu finanzieren und zu fördern. Das Budget der Stadtverwaltung für 2025 beläuft sich auf etwa 13,75 Mrd. Euro. Die AKP verwand es verständlicherweise schwierig, auf eine so wertvolle Ressource wie Istanbul verzichten zu müssen, dessen Budget mit dem eines souveränen Staates vergleichbar ist.

Nach Vorwürfen von Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen 2019 drängte Erdogan die Hohe Wahlbehörde (YSK), die Ergebnisse für ungültig zu erklären. Bei der Wiederholung der Wahl am 23. Juni 2019 konnte Imamoglu nicht nur seine Führungsposition halten, sondern sie sogar noch deutlich ausbauen und wurde somit offiziell zum Bürgermeister gewählt. Sein historischer Sieg erschütterte die vorherrschende Wahrnehmung, Erdogan sei unbesiegbar.

Allgemeiner Anklang

Der Erfolg von Imamoglu gegen Erdogans Kandidaten erregte die Aufmerksamkeit der Bevölkerung. Sowohl während des Wahlkampfs als auch während seiner Amtszeit als Bürgermeister erntete er breite Anerkennung für seine Worte und Taten, die sowohl bei konservativen als auch bei säkularen Teilen der Gesellschaft Anklang fanden.

Der nicht verschleierte Kopf seiner Frau und die Unterstützung republikanischer Werte durch das Paar waren eine entscheidende Quelle der Unterstützung unter säkularen Wählern, während seine Fähigkeit, Koranverse mit fließender arabischer Aussprache zu rezitieren, Vorurteile zerstreute, er sei ein unreligiöser Säkularist. Diese Bilder spielten eine Schlüsselrolle dabei, Sympathien für ihn in konservativen Kreisen zu wecken.

Darüber hinaus erwiesen sich Imamoglus Wurzeln in Trabzon, einer Stadt in der Schwarzmeerregion im Nordosten der Türkei, als weiterer wichtiger Faktor für seine Anziehungskraft. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern ist der Regionalismus ein bedeutendes Einflussfaktor für das Wahlverhalten in der Türkei. Mit anderen Worten: Viele türkische Bürger unterstützen politische Kandidaten aufgrund ihrer Herkunft. Dieses soziologische Phänomen ist in der Schwarzmeerregion der Türkei besonders ausgeprägt.

Bis zum Aufstieg von Imamoglu hatte Erdogan, der aus Rize stammt, einer Stadt an der Schwarzmeerküste, etwa 76 Kilometer von Trabzon entfernt, das Monopol auf die politische Loyalität der Region. Jahrelang unterstützten die Wähler aus der Schwarzmeerregion Erdogan aufgrund dieser regionalen Verbundenheit, die mit der Hingabe von Fußballfans zu ihrer Mannschaft verglichen werden kann. Imamoglus Wurzeln in Trabzon machten Erdogans »Schwarzmeer-Karte« jedoch zunichte.

Scheitern der Opposition

Im Jahr 2023 begannen die Entwicklungen in der Türkei, aus politischer Sicht betrachtet, Erdogans Macht ernsthaft zu erschüttern. Die sich kontinuierlich verschlechternde Wirtschaft, die starke Abwertung der türkischen Lira gegenüber dem US-Dollar, die steigende Arbeitslosigkeit und – als Krönung des Ganzen – das verheerende Erdbeben vom 6. Februar 2023 schienen für viele Vorboten des bevorstehenden Sturzes des Präsidenten zu sein. Zweifellos spielte Erdogans politisch motivierte Verkündung von massenhaften Amnestien bei Vergehen gegen die Bauordnung vor dem Erdbeben, mit der Tausende illegaler Gebäude legitimiert wurden, eine Rolle bei der Entstehung dieser Wahrnehmung. Aus politikwissenschaftlicher Sicht gilt ein solches Chaos als Riesenchance für jede Oppositionsbewegung.

Doch der Oppositionsblock unter der Führung der Republikanischen Volkspartei (CHP) hat es versäumt, diese Chance zu nutzen. Anstatt sich um charismatische Führer wie Imamoglu oder dem Bürgermeister von Ankara, Mansur Yavas, zu scharen, kehrte die CHP zu ihrer langjährigen Unscheinbarkeit zurück und nominierte den ehemaligen Parteivorsitzenden Kemal Kilicdaroglu als Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen 2023 – einen Kandidaten, der wiederholt gegen Erdogan verloren hatte und es nicht schaffte, die Öffentlichkeit zu begeistern. Es ist jedoch bemerkenswert, dass Imamoglu Kilicdaroglu nicht herausforderte, obwohl dieser innerhalb der Partei daran arbeitete, dessen Handlungsspielraum einzuschränken und ihn aus der Partei zu drängen.

Zugleich haben die Konservativen unter den Wählern trotz der Wirtschaftskrise und des verheerenden Erdbebens, die scheinbar die Opposition stärkten, keine Bereitschaft gezeigt, Erdogan, den Bannerträger des sunnitischen Islams, abzusetzen und durch Kilicdaroglu, einen Politiker alevitischer Herkunft, zu ersetzen. Dieses Zögern ermöglichte es Erdogan, sich mit 52 Prozent der Stimmen die Wiederwahl zu sichern.

Nach dem Scheitern Kilicdaroglus wurde er als Parteivorsitzender durch Özgür Özel ersetzt, während Imamoglu und Yavas eigentlich als die natürlichen Präsidentschaftskandidaten des Oppositionslagers galten. Zu diesem Zeitpunkt entschied sich Imamoglu erneut für die Parteiräson und dafür, die Kandidatur selbst nicht anzustreben, sondern bei den bevorstehenden Kommunalwahlen am 31. März 2024 für eine Wiederwahl als Bürgermeister von Istanbul zu kandidieren.

Imamoglus Strategie war klar: Er wollte die Stadtverwaltung von Istanbul bis zum letzten Moment als Sprungbrett für seine angestrebte Präsidentschaft nutzen. Tatsächlich wurde er erneut als Bürgermeister bestätigt, indem er Erdogans Kandidaten Murat Kurum besiegte. Mit anderen Worten: Erdogan war erneut besiegt worden.

Kaltstellung eines Rivalen

Dieser Erfolg führte dazu, dass Imamoglu als Erdogans am stärksten ernstzunehmender Rivale bezeichnet wurde. In Folge wurde er zur Zielscheibe unerbittlicher täglicher Angriffe von dem Präsidenten nahestehenden Zeitungen und Fernsehsendern. Doch zweifellos trugen diese Angriffe nur dazu bei, Imamoglus Position innerhalb des Oppositionslagers weiter zu stärken.

Die verbalen Angriffe gingen über die Kritik an der Gemeindeverwaltung hinaus und richteten sich häufig gegen Imamoglus Positionen zu umfassenderen geopolitischen Fragen. Ein entscheidender Moment kam am 28. April 2024, als er den Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober 2023 auf Israel unmissverständlich verurteilte und die Gruppe ausdrücklich als terroristische Organisation bezeichnete. Diese Aussage löste eine heftige Reaktion von Erdogan aus, der die Hamas im krassen Gegensatz dazu auf der innenpolitischen Bühne als Freiheitskämpfer darstellte. Angesichts der zunehmenden Gegenreaktion navigierte Imamoglu strategisch geschickt durch das politische Minenfeld, indem er zugleich Erklärungen abgab, in denen er Israel kritisierte, um ein politisch tragfähigeres Gleichgewicht zu erreichen.

Am 19. März schaltete Erdogan Imamoglu aus der politischen Arena aus, nur drei Jahre vor den für 2028 geplanten Wahlen beziehungsweise zwei Jahre vor den wahrscheinlichen vorgezogenen Wahlen im Jahr 2027. Damit will der Präsident den Eindruck erwecken, die Verhaftung habe nichts mit den Wahlen zu tun. Erdogans Strategie, Imamoglu kaltzustellen, geht also auf.

Düstere Aussichten

Als Reaktion darauf begannen viele Anhänger von Imamoglu, die wirklich daran glaubten, Erdogan könnte an der Wahlurne besiegt werden, die Plätze in der ganzen Türkei zu füllen. Imamoglus Verhaftung war zwar der unmittelbare Auslöser für diese Proteste, doch die eigentliche Motivation geht weit tiefer und die Demonstranten konzentrieren sich nun im Wesentlichen auf die Verteidigung des Kernprinzips der Demokratie, nämlich der freien und fairen Machtübertragung durch Wahlen.

Vor diesem Hintergrund sind landesweit Hunderttausende Menschen auf die Straße gegangen, um ihrer tiefen Unzufriedenheit mit dem, was sie als Angriff auf die Demokratie empfinden, Ausdruck zu verleihen. Anhänger von Imamoglus CHP lieferten sich an mehreren Orten Auseinandersetzungen mit der Polizei. Infolgedessen wurden viele Demonstranten und auch Journalisten in Gewahrsam genommen.

Die tektonischen Verschiebungen des politischen Dissenses verändern die türkische politische Landschaft. Proteste, die früher auf Metropolen wie Istanbul, Ankara und Izmir oder auf Küstenprovinzen beschränkt waren, haben nun die bislang nicht zu erschütternde Schwarzmeerregion erreicht, die traditionell als Erdogans unangreifbare politische Festung galt. Im Zentrum dieser seismischen Verschiebung steht Imamoglus tiefe Verbindung zu Trabzon, wo seine familiären Wurzeln und seine persönliche Geschichte ein beispielloses politisches Erwachen ausgelöst haben.

Da alle Machtzentren – Legislative, Exekutive, Judikative, Presse, Armee und Polizei – von Erdogan kontrolliert werden, sind die Aussichten für die Demonstranten düster. Darüber hinaus hindert Erdogans durch Polizeidruck verursachte Einschüchterung wichtiger Wirtschaftskreise, insbesondere des TÜSIAD (Türkisch-Islamische Vereinigung für Industrie und Handel), die Demonstranten effektiv daran, einen Generalstreik zu initiieren, der die Wirtschaft lahmlegen oder sogar Flughäfen schließen könnte.

Geopolitische Vorteile

Gleichzeitig stärkt die aktuelle internationale geopolitische Lage paradoxerweise Erdogans innenpolitische Position. Sowohl die Europäische Union als auch die Vereinigten Staaten haben sich in Bezug auf die innenpolitische Dynamik der Türkei diplomatisch zurückgehalten. Die komplexen Auswirkungen der Spannungen zwischen US-Präsident Donald Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj haben die Fragilität der NATO offenbart und den Zusammenhalt des Bündnisses angesichts der anhaltenden russischen Aggression infrage gestellt.

Diese strategische Verwundbarkeit hat die geopolitische Bedeutung der Türkei dramatisch erhöht und die Europäische Union dazu gezwungen, eine beispiellose Haltung des strategischen Schweigens einzunehmen.

Im Gegensatz zu früheren diplomatischen Ansätzen geben die europäischen Mächte nun geopolitischem Pragmatismus den Vorzug vor lautstarker Kritik und tolerieren stillschweigend Erdogans zunehmend autoritären Kurs, um das empfindliche regionale Sicherheitsgleichgewicht zu wahren. Diese politische Wende ist nicht auf die Europäische Union allein beschränkt. Die Trump-Regierung hat die US-Außenpolitik grundlegend neu ausgerichtet und sich damit dramatisch vom demokratischen Idealismus ihrer Vorgängerin entfernt.

Pragmatische nationale Interessen haben nun Vorrang vor diplomatischen und moralischen Grundsätzen. Im Rahmen dieser strategischen Neuausrichtung ist die Türkei zu einem entscheidenden Schwerpunkt geworden. Washington strebt aktiv eine Annäherung an Ankara an, geht methodisch gegen bilaterale Spannungen vor und sucht nach Wegen zur Normalisierung der Beziehungen. Zu diesen Bemühungen gehört die mögliche Lösung strittiger Fragen wie den Sanktionen wegen des Kaufs russischer S-400-Raketen durch Ankara und dem darauffolgenden Aussetzen der F-35-Kampfjet-Verkäufe: Entwicklungen, welche die Bereitschaft der USA signalisieren, sich dem Erdogan-Regime anzupassen.

Diese kalkulierte diplomatische Strategie hat jede sinnvolle amerikanische Reaktion auf Imamoglus politische Zwangslage effektiv neutralisiert. Das Schweigen Washingtons wurde schließlich durch einen halbherzigen Kommentar von Außenminister Marco Rubio gebrochen, der nach einem Treffen mit dem türkischen Außenminister Hakan Fidan in Washington seine Besorgnis über die Entwicklungen zum Ausdruck brachte.

Die verhaltene Reaktion auf die Ereignisse in der Türkei ist einem umfassenderen geopolitischen Kalkül geschuldet, bei dem strategische Partnerschaften Vorrang vor demokratischer Kontrolle haben. Folglich befindet sich Erdogan in einer außerordentlich vorteilhaften Position, abgeschirmt durch ein komplexes Netz internationaler politischer Erwägungen, die sich deutlich zu seinen Gunsten ausrichten.

Diese Dynamik erstreckt sich auch auf Erdogans Position in Syrien. Nach der Unterzeichnung des Abkommens zwischen der neuen syrischen Regierung und den von den Kurden angeführten Syrischen Demokratischen Kräfte fühlt sich Erdogan in Bezug auf Syrien deutlich sicherer und versucht, den Einfluss seines Landes in der Region durch die Einrichtung neuer Militärstützpunkte in Syrien zu vertiefen.

Kritischer Wendepunkt

Erdogans Image als starker Mann in der Außenpolitik beeinflusst eindeutig sein Handeln im Inland. Gestärkt durch seine Position könnte der türkische Präsident beschließen, die Proteste mit eiserner Faust zu unterdrücken. Im Fall einer unerwarteten Eskalation durch die Demonstranten wird Erdogan höchstwahrscheinlich zusätzlich zu den Polizeikräften die relativ neuen Nachbarschaftswache-Einheiten (Bekci), die Polizeisondereinheiten (POH) und sogar seine eigenen »Präsidialen Verstärkungseinheiten« (Takviye Hazır Kuvvetleri) einsetzen.

Die Verhaftung von Ekrem Imamoglu markiert einen kritischen Wendepunkt in der türkischen Demokratiegeschichte und verdeutlicht die zunehmenden Spannungen zwischen politischer Macht und demokratischen Grundsätzen. Was als lokale politische Rivalität begann, hat sich zu einem umfassenderen Konflikt um die Grundrechte der politischen Opposition und die Integrität von Wahlprozessen entwickelt.

Imamoglus Weg vom aufstrebenden Kommunalpolitiker zur potenziellen politischen Bedrohung für Erdogan zeigt die komplexe Dynamik der türkischen Politik, in der regionale Loyalitäten, religiöse Identitäten und die Kluft zwischen Stadt und Land weiterhin eine wichtige Rolle bei der Gestaltung politischer Narrative spielen.

Trotz der aktuellen schwierigen Umstände deuten die weit verbreiteten Proteste nach der Verhaftung Imamoglus darauf hin, dass der demokratische Widerstand in der Türkei weiterhin lebendig ist. Die Bereitschaft von Hunderttausenden von Bürgern, auf die Straße zu gehen und dabei ein Eingreifen der Polizei zu riskieren, deutet auf einen tiefsitzenden Wunsch nach echter demokratischer Vertretung und fairem politischem Wettbewerb hin.

Während Erdogans Kontrolle über die staatlichen Institutionen umfassend zu sein scheint, deuten das Aufkommen von Führungspersönlichkeiten wie Imamoglu und die anhaltende öffentliche Forderung nach einem demokratischen Wandel darauf hin, dass die politische Landschaft in der Türkei weiterhin dynamisch und unvorhersehbar ist und das Potenzial für bedeutende Veränderungen in der Zukunft birgt.

So, wie Erdogan einst in den Augen der Bevölkerung den Status eines Opfers erhielt, als er 1999 vier Monate lang inhaftiert wurde – eine Entwicklung, die ihn letztlich auf der politischen Leiter nach oben brachte –, könnte auch Imamoglu ein ähnliches Comeback erleben. Die politische Geschichte der Türkei deutet darauf hin, dass dies möglich ist. Ob es tatsächlich geschieht, wird nur die Geschichte zeigen.

Sollte es Ekrem Imamoglu jedoch nicht gelingen, vor den nächsten Parlamentswahlen auf die politische Bühne zurückzukehren, wird die Türkei in eine autoritäre Ein-Mann-Ära eintreten wie noch nie dagewesen. Erdogans prophetische Worte aus der Gründungsrede der AKP scheinen sich zu bewahrheiten: »Von nun an wird in der Türkei nichts mehr so sein wie zuvor.«

Der Text erschien auf Englisch zuerst beim Jewish News Syndicate. (Übersetzung von Alexander Gruber.)

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