Kronprinz Mohammed bin Salmans Liberalisierungen ziehen weiteren Proteste nach sich, die die Fähigkeit der Monarchie zur Reform überstiegen könnten.
„Eine aufsässige saudische Frau verursachte Kopfschütteln und Nach-Luft-Schnappen, als sie, mit auf den Marmorfliesen klappernden High Heels, durch ein Einkaufszentrum in Riad stolzierte – ohne eine Abaya, die ihren Körper verhüllt. Das wogende Übergewand, in der Regel ganz in Schwarz gehalten, ist im ultra-konservativen islamischen Königreich, wo es weithin als Symbol der Frömmigkeit gilt, die übliche öffentliche Kleidung für Frauen. Letztes Jahr wies Kronprinz Mohammed bin Salman während eines Interviews mit CBS darauf hin, dass die Kleiderordnung gelockert werden könne und sagte, dass das Gewand im Islam nicht vorgeschrieben sei. Trotz Bin Salmans umfassender Liberalisierung wurde die Praxis fortgesetzt, da kein förmlicher Beschluss erlassen wurde. (…)
Einige Frauen protestierten daraufhin über Social Media gegen die Einschränkung und posteten Bilder von sich selbst, die zeigten, wie sie die das figurverdeckende Kleidungsstück verkehrt herum trugen. Trotz der Gefahr, die Erzkonservativen zu provozieren, lassen viele andere ihre Mäntel vorne offen oder tragen sie in leuchtenden Farben. Mashael al-Jaloud ist in ihrem kulturellen Aufstand noch einen Schritt weiter gegangen – sie hat überhaupt aufgehört, das Gewand zu tragen. (…)
Jaloud ist eine von nur wenigen Frauen, die in den letzten Monaten die Abaya abgelegt haben. Der Trend unterstreicht jedoch den Druck der jungen Saudis in Bezug auf ihre sozialen Freiheiten, der die Fähigkeit der Monarchie zur Veränderung übersteigen könnte. (…) Die Abaya, die seit Tausenden von Jahren existiert, aber erst in den letzten Jahrzehnten obligatorisch wurde, ist auch für nichtmuslimische Frauen im Königreich verpflichtend. Die Kleiderordnung wurde einst von der inzwischen in ihren Befugnissen zurückgestuften Religionspolizei durchgesetzt und unverhüllte Frauen werden in dem konservativen Staat, in dem Kleidung häufig mit Keuschheit in Verbindung gebracht wird, immer noch willkürlich belästigt.
‚Es gibt keine klaren Gesetze, keinen Schutz. Ich könnte Gefahr laufen, von religiösen Fanatikern angegriffen zu werden, weil ich keine Abaya trage’, sagte Jaloud. Im Juli veröffentlichte sie ein Video auf Twitter, in dem sie öffentlich machte, dass ein Einkaufszentrum in Riad sie daran gehindert hatte, es ohne Abaya zu betreten. Sie sagte, sie habe erfolglos versucht, die Wachen zu überzeugen, indem sie Prinz Mohammeds Fernsehinterview abspielte, in dem er sagte, dass von Frauen nur erwartet werden würde, dass sie ‚anständige, respektvolle Kleidung‘ tragen – aber nicht unbedingt eine Abaya. Als Antwort auf ihren Beitrag twitterte das Einkaufszentrum, dass es ‚Personen, die gegen die guten Sitten verstoßen‘, keinen Eintritt gewähre.
Auch ein Mitglied der saudischen Königsfamilie verurteilte Jaloud auf Twitter, nannte sie eine nach Öffentlichkeit heischende Frau und forderte, dass sie für ihre ‚provokative‘ Tat bestraft werden sollte. (…) In einer Verordnung, die willkürlich durchgesetzt zu werden scheint, heißt es auf der Website des saudischen Arbeitsministeriums, dass berufstätige Frauen ‚bescheiden und gut verhüllt’ sein und nichts ‚Transparentes‘ tragen sollten.“ (Anuj Chopra, Times of Israel: „‚Rebel‘ Saudi women shun obligatory abaya robe“)