Was die Saudis in Afrika erreichen wollen

Der saudische Kronprinz bin Salman empfängt den Präsidenten von Südafrika Cyril Ramaphosa in Riad
Der saudische Kronprinz bin Salman empfängt den Präsidenten von Südafrika Cyril Ramaphosa in Riad (© Imago Images / APAimages)

Aus wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Gründen setzt Saudi-Arabien darauf, alte Beziehungen zu afrikanischen Staaten zu stärken und neue zu etablieren.

Mit den Aufständen im Nahen Osten im Jahr 2011 hat sich für Saudi-Arabien die Welt verändert. Verbündete Staatschefs wie Hosni Mubarak in Ägypten oder Zine El Abidine Ben Ali in Tunesien wurden gestürzt, alte Feinde wie die Muslimbrüder und der Iran gewannen an Macht. Auch das Verhältnis zwischen den USA und Saudi-Arabien ist längst nicht mehr so stabil, wie es einmal war.

Als Reaktion darauf änderte sich die Außenpolitik Saudi-Arabiens. Die Strategie des Nicht-Einmischens schien an ihre Grenze zu stoßen. Das Königreich begann, gezielt verbündete Regime oder Oppositionelle zu stützen und ließ sich auf Militäreinsätze wie dem Krieg im Jemen ein. Gleichzeitig begann Riad, neue Verbündete zu suchen und richtete dabei seinen Blick auf Afrika.

Zwischen 2010 und 2017 haben Golfstaaten, allen voran Saudi-Arabien, insgesamt 13 Mrd. Dollar in die Region am Horn von Afrika investiert. Saudi-Arabiens Bemühen um Annäherung an den Kontinent hat seitdem nicht abgenommen. Mitte Oktober besuchte der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa die Monarchie, um über bilaterale Handelsabkommen und Investitionen saudischer Firmen in Südafrika (die drittgrößte Ökonomie des Kontinents) zu sprechen.

Zur selben Zeit unterzeichnete der Saudische Entwicklungsfonds ein Abkommen mit der Zentralafrikanischen Republik. Mithilfe von Petrodollars sollen künftig Straßenlampen in der Hauptstadt Bangui mit Solarenergie betrieben werden.

Bereits im Juni dieses Jahres betonte Riad bei einem Treffen mit Vertretern des »Gemeinsamen Marktes für das östliche und südliche Afrika« (COMESA), dass Saudi-Arabien Mittel für die Entwicklung Afrikas in Bildung und Gesundheit, aber auch für die Bekämpfung von Hunger, Armut, Epidemien und Pandemien bereitgestellt habe.

Afrikas Böden für saudische Lebensmittel

Mithilfe dieser Entwicklungsgelder und Handelsabkommen will Saudi-Arabien seinen Einfluss in der Region sichern. Denn der Kontinent hat der Golfmonarchie einiges zu bieten. Neben sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Kooperationen sind es vor allem die fruchtbaren Böden Afrikas, die Saudi-Arabiens Versorgung mit Lebensmitteln künftig sichern sollen.

Die Golfmonarchie verfügt bei einer ständig wachsenden Bevölkerung – laut Statistiken wird sie von derzeit 34 Mio. auf 46 Mio. im Jahr 2050 anwachsen – über nur sehr wenig Fruchtland: Gerade 1,5 Prozent der gesamten Landfläche Saudi-Arabiens sind als Ackerland klassifiziert. Das Königreich ist daher nicht in der Lage, eine ausreichende Menge an landwirtschaftlichen Lebensmitteln zu produzieren, um die Nachfrage des lokalen Marktes zu befriedigen. Mehr als achtzig Prozent seines Lebensmittelbedarfs bezieht die Monarchie daher aus Importen.

Um die Nahrungssicherheit zu gewährleisten, verlagert Riad die Produktion landwirtschaftlicher Güter ins Ausland: Saudische Firmen bauen Reis auf den Philippinen an, betreiben Rinderfarmen in Kalifornien und Weizenfelder in der Ukraine – eine Versorgungsquelle, die durch den russischen Krieg in der Ukraine unter Druck geraten ist.

Und auch in Afrika fördert die Regierung seit Jahren saudische Unternehmen, die sich am Kontinent engagieren. So werden von Südafrika über Senegal bis Äthiopien mit saudischem Geld Bewässerungsanlagen errichtet, Erntemaschinen angeschafft, Düngemittel, Straßen und Kühlhäuser finanziert, um Lebensmittel für Saudi-Arabien zu produzieren.

Inzwischen ist Saudi-Arabien der Top-Investor in die afrikanische Landwirtschaft. 2009 erwarb die Golfmonarchie 500.000 Hektar Land in Tansania. 2016 unterzeichneten Khartum und Riad einen Pachtvertrag, der Saudi-Arabien für die nächsten 99 Jahre erlaubt, über 400.000 Hektar Ackerland im Sudan zu nutzen. Im Wettlauf um Ackerland ist Saudi-Arabien nur einer von vielen Playern, mit weitreichenden Folgen für Afrikas eigene Nahrungsmittelsicherheit.

Exportgut Wahhabismus

Zwischen Saudi-Arabien und Afrika gibt es enge kulturelle und sprachliche Verbindungen, die auf historischen Handels- und Migrationsbeziehungen beruhen. Seit Jahrzehnten predigen saudische Missionare den wahhabitischen Islam in afrikanischen Koranschulen und Moscheen. Um die wahhabitische Lesart des Islam zu exportieren, stiften die Saudis islamische Lehreinrichtungen und Moscheen und vergeben Stipendien für theologische Studien an Saudi-Arabiens Universitäten. Auf diese Weise hat die Golfmonarchie in den vergangenen dreißig Jahren weltweit schätzungsweise 67 Mrd. Dollar in die Verbreitung des ultra-konservativen Wahhabismus investiert.

Viele afrikanische Gesellschaften sind besorgt über den sektiererischen Extremismus, den Saudi-Arabien exportiert. Die Verbreitung des Wahhabismus mit seiner salafistischen Ideologie führt nicht selten zu Spannungen, wie etwa in der Sahelzone, wo der ultra-konservative Wahhabismus den geistigen Nährboden für militante Gruppen wie al-Qaida und den Islamischen Staat bildet.

Strategisches Hinterland

Aus militärischer Perspektive ist für Saudi-Arabien die Region um das Horn von Afrika besonders bedeutend. Begrenzt von der Arabischen Halbinsel und der afrikanischen Ostküste, führt hier eine der wichtigsten Schiffsrouten vom Indischen Ozean durch den Suezkanal ins Mittelmeer. Beim sogenannten Bab al-Mandab verengt sich die Durchfahrt zwischen Jemen und Dschibuti auf knapp dreißig Kilometer.

2018 sollen geschätzte 6,2 Mio. Barrel Rohöl pro Tag durch die Meerenge geschifft worden sein. Entsprechend sensibel reagiert die internationale Gemeinschaft auf sicherheitspolitische Fragen, die die Meerenge betreffen. In Dschibuti sind mittlerweile acht Militärbasen ausländischer Staaten stationiert. Neben China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan und den USA hat auch Saudi-Arabien bereist 2016 die Zusage von Dschibuti erhalten, einen Stützpunkt im Hafen-Staat errichten zu dürfen.

Seit Beginn der saudischen Offensive im Jemen 2015 betrachtet Riad die Region als strategisches Hinterland dieses Konflikts. Der Sudan unterstützt die Golfmonarchie im Jemenkrieg mit Bodentruppen. In Kooperation mit den Vereinigten Arabischen Emiraten hat Saudi-Arabien 2015 ein Abkommen mit Eritrea geschlossen, das ihnen für dreißig Jahre die Nutzung des Tiefwasserhafens Assab und eines militärischen Flugfelds erlaubt. Von diesem Flugfeld, aber auch von Dschibuti und Somalia aus, fliegt die saudische Luftwaffe Angriffe gegen den Jemen.

Wettlauf um Afrika

Saudi-Arabien ist nur einer von vielen Playern, die auf die Rohstoffe, Absatzmärkte und fruchtbaren Böden Afrikas zugreifen, um die Zukunft ihrer eigenen Staaten zu sichern. Daneben geht es für das Königreich auch um Rivalitäten, etwa mit dem Iran oder anderen Golfstaaten, die es am afrikanischen Kontinent ausficht. So gelang es Saudi-Arabien, Irans militärische Kooperation mit dem Sudan entscheidend zu schwächen, um seinerseits den eigenen Einfluss im Land zu erhöhen.

Gleichzeitig sieht Riad Afrika als potenziellen Destabilisierungsherd: Konflikte in der Sahel-Zone und in Ostafrika wie auch irreguläre Migration über den Jemen ins Königreich sorgen für wachsende Sicherheitsbedenken. All das wird Saudi-Arabien auch in Zukunft veranlassen, sein Engagement am Nachbarkontinent zu verstärken.

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