Die starke Rolle Saudi-Arabiens spiegelt den Wunsch des Königreichs wider, nach dem Niedergang des Irans und dessen Verbündeten, der Hisbollah, seine Präsenz im Libanon zu festigen.
Am 9. Januar wählte das libanesische Parlament den Armeekommandanten Joseph Aoun zum Präsidenten und beendete damit ein mehr als zweijähriges Vakuum im Präsidentenamt. Der für seine Neutralität und Integrität bekannte Aoun genießt die Unterstützung von fünf Ländern, die an der Lösung der libanesischen Präsidentschaftskrise mitgewirkt haben: die USA, Frankreich, Katar, Saudi-Arabien und Ägypten.
Die Nachrichtenagentur AFP zitierte eine französische diplomatische Quelle dahingehend, dass die fünf Staaten bei der Wahl Aouns eine entscheidende Rolle gespielt hätten, wobei »insbesondere die Unterstützung Saudi-Arabiens im letzten Moment ein besonders entscheidender Faktor war«. In den Jahren zuvor hatte die führende Regionalmacht Saudi-Arabien das Interesse am Libanon verloren, während der Einfluss des Irans gewachsen ist. In den Stunden vor der Präsidentenwahl kehrte das Golfkönigreich jedoch auf die libanesische Bühne zurück.
Was bisher geschah
Die Hisbollah und die mit ihr verbündete Amal-Bewegung zögerten, Joseph Aoun zu wählen, weshalb ihre dreißig Abgeordneten im ersten Wahlgang ungültig stimmten, sodass Aoun nicht die Mehrheit erhielt, die ihm den Sieg ermöglicht hätte.
Eine anonym bleibende Quelle aus dem Umfeld beider Parteien bestätigte gegenüber Agence France-Presse, das sogenannte schiitische Duo hätte bei zwei Treffen zwischen ihren Vertretern, Aoun und dem saudischen Gesandten Yazid bin Farhan gewisse Garantien erhalten und dann in der zweiten Runde für Aoun gestimmt. Die Quelle gab an, die beiden Organisationen hätten eine führende Rolle Saudi-Arabiens beim Wiederaufbau der kriegszerstörten Teile des Libanons gefordert und mit Aoun und dem Gesandten aus Riad vereinbart, dass das Finanzministerium in schiitischer Hand verbleibt.
Als Zeichen der wachsenden Rolle der Saudis kündigte der neue Präsident unmittelbar nach seiner Wahl an, dass sein erster Auslandsbesuch ihn in das Golfkönigreich führen werde.
Der Kolumnist der emiratischen Zeitung Al Khaleej und auf Golfangelegenheiten spezialisierte Analyst Salah al-Ghoul führte aus, dass »Saudi-Arabien eine entscheidende Rolle bei der Schaffung der Voraussetzungen und der Überzeugung der libanesischen Parteien spielte, den Armeekommandanten General Joseph Aoun zum Präsidenten des Landes zu wählen«.
Ein Zeichen für die entscheidende Rolle der Saudis sei, dass Aoun im vergangenen Dezember in seiner Funktion als Armeekommandeur Riad besuchte und dort mit dem saudischen Verteidigungsminister Prinz Khalid bin Salman zusammentraf. »Obwohl saudische Analysten jegliche Verbindung zwischen diesem Besuch und den Präsidentschaftswahlen im Libanon abstritten, sind die Umstände und der Zeitpunkt des Besuchs äußerst bedeutsam. Sie können nicht von der Vorbereitung der Wahlen getrennt werden.« Die Rückkehr Saudi-Arabiens in den Libanon sei »nichts anderes als eine Wiederaufnahme der historischen Rolle des Königreichs und eine Verkörperung der besonderen Beziehung zwischen den beiden Ländern«.
Warum jetzt?
Die libanesische Politikwissenschaftlerin Ornella Sukkar ergänzte, dass insbesondere die Rolle Saudi-Arabiens, »das historisch gesehen immer Kräfte unterstützt hat, die den Einfluss der Hisbollah und des Irans im Libanon begrenzen wollen, auch hinter dem Vorstoß zu einem Kompromiss stehen könnte, der dazu führte, dass ein Reformpolitiker wie Nawaf Salam die Rolle des Premierministers übernahm«.
Die nach Jahren der Distanzierung erfolgte Rückkehr des Golfkönigreichs in die libanesische Arena spiegle den Wunsch Riads wider, den Einfluss des Irans und der Hisbollah zu verringern, insbesondere angesichts der regionalen Veränderungen. Laut Sukkar hänge die Entwicklung der saudischen Position im Libanon mit den politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen zusammen, die das Land gerade erlebt, »insbesondere, da Riad sicherstellen muss, dass die aktuellen Veränderungen zu echten Reformen führen und nicht nur zu Vereinbarungen, die das alte politische System reproduzieren«.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Saudi-Arabien den Niedergang der Rolle des Irans und die Schwäche der Hisbollah nach dem Krieg mit Israel ausnutzte, um seinen Einfluss im Libanon wiederherzustellen.