Wird Saudi-Arabien Frieden mit Israel schließen?

Unter König Salman wird es keine offizielle Normalisierung der Beziehungen von Saudi-Arabien und Israel geben. (© imago images/suedraumfoto)
Unter König Salman wird es keine offizielle Normalisierung der Beziehungen von Saudi-Arabien und Israel geben. (© imago images/suedraumfoto)

Auch Saudi-Arabien verbessert seine Beziehungen zu Israel. Eine offizielle Normalisierung wird es unter König Salman aber nicht geben.

Unter den arabischen Golfstaaten, die im Rahmen der sogenannten Abraham-Abkommen ihre Beziehungen zu Israel normalisierten, stechen vor allem die Vereinigten Arabischen Emirate hervor: Dubai oder Abu Dhabi sind Wirtschaftszentren von globaler Bedeutung, und Abu Dhabis Kronprinz Muhammad bin Zayed gilt als einer der wichtigsten Männer der arabischen Welt. Kein Wunder also, dass der offizielle Staatsbesuch von Israels Präsident Jitzchak Herzog in den Emiraten, für den in Abu Dhabi feierlich die israelische Nationalhymne gespielt wurde, viel Aufmerksamkeit erregt hat.

Im Vergleich dazu mag der Staatsbesuch von Premier Naftali Bennett in Bahrain dieser Tage wie ein weniger bedeutendes Ereignis erscheinen. Der Reise Bennetts könnte allerdings aus einem Grund besondere Signifikanz zukommen, der nicht auf den ersten Blick zu erkennen sein mag: dem engen Verhältnis von Bahrain und Saudi-Arabien.

Wie Simon Henderson vom Washington Institute for Near East Policy betont, ist der kleine Inselstaat Bahrain, dessen einzige Festlandverbindung der 25 Kilometer lange King Fahd Causeway nach Saudi-Arabien ist, politisch wie wirtschaftlich sehr eng mit dem großen Bruderstaat verbunden. Im Jahr 2011 hatte das bahrainische Königshaus seinen Verbleib an der Macht wohl nur der militärischen Intervention des Golfkooperationsrats unter saudischer Führung zu verdanken, die einen Aufstand von Teilen der schiitischen Mehrheitsbevölkerung niederschlug.

Es ist nur schwer vorstellbar, dass die öffentliche Inszenierung der neuen Freundschaft von Bahrain und Israel ohne das Einverständnis, wenn nicht gar mit Ermutigung durch Saudi-Arabien über die Bühne gehen konnte. Immer wieder wird ja darüber spekuliert, ob nicht auch in den Beziehungen des jüdischen Staates zu Saudi-Arabien alsbald ein Durchbruch bevorstehen könnte.

Der Kronprinz …

Dass der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman, der die wirkliche Macht im Land in Händen hält, für eine Annäherung an Israel eintritt, ist ein offenes Geheimnis. Berühmt geworden ist sein Klagen gegenüber jüdischen Organisationen in New York darüber, dass die Palästinenser seit Jahrzehnten jede Chance auf Frieden ausgelassen und jedes Friedensangebot abgelehnt hätten. Daran schloss er die Forderung, die Palästinenser sollten endlich an den Verhandlungstisch zurückkehren – oder aber »das Maul halten und aufhören, sich zu beschweren«.

Selbstverständlich ist die gemeinsame Gegnerschaft zum iranischen Regime für MbS, wie der Kronprinz oft genannt wird, ein wichtiges Motiv für bessere Beziehungen zu Israel. Aber er geht darüber hinaus, etwa, als er öffentlich dafür eintrat, dass Israelis das Recht hätten, friedlich in ihrem eigenen Land zu leben. Im November 2020 soll es gar ein Treffen zwischen MbS und dem damaligen israelischen Premier Benjamin Netanjahu gegeben haben, der dazu eigens geheim nach Saudi-Arabien geflogen sein soll.

… und der König

Einer Normalisierung der saudisch-israelischen Beziehungen steht aktuell allerdings der formell noch immer herrschende König Salman ibn Abd al-Aziz Al Saud entgegen, der sich Zeit seines Lebens als Unterstützer der Palästinenser in Szene gesetzt hat und ein entschiedener Befürworter des jahrzehntelangen Boykotts Israels durch die Arabische Liga war. Bevor die Corona-Pandemie Reisen unmöglich machte, finanzierte König Salman beispielsweise jahrelang die Mekka-Pilgerreisen von Familien palästinensischer »Märtyrer«, also Terroristen, die im Kampf gegen Israel getötet worden waren. Über die Jahrzehnte hinweg hat er den Palästinensern auf verschiedenen Wegen Milliarden an Dollar zukommen lassen.

Von der Unterzeichnung der Abraham-Abkommen zur Normalisierung der Beziehungen zwischen den VAE bzw. Bahrain und Israel soll der König Medienberichten zufolge völlig überrascht worden sein. MbS hatte seinen Vater offenbar nicht im Vorhinein darüber informiert, weil er befürchtet hatte, König Salman könne die Abkommen zu verhindern versuchen, da die Palästinenser nicht berücksichtigt wurden.

Solange König Salman noch das saudische Staatsoberhaupt ist, wird es, da sind sich die Beobachter weitgehend einig, keine Normalisierung des Verhältnisses zu Israel geben.

Die Frage ist aber, wie lange das noch der Fall sein wird: König Salman ist 86 Jahre alt und ein kranker Mann. Sollte er abtreten müssen oder sterben und sein Sohn MbS, der sich in den vergangenen Jahren im Land im Zuge der Konsolidierung seiner Macht viele Feinde gemacht hat – nicht zuletzt beim wahhabitischen Klerus und unter beiseitegeschobenen Mitgliedern der königlichen Familie –, wirklich den Thron besteigen, könnten auch in der offiziellen Haltung Saudi-Arabiens gegenüber Israel neue Seiten aufgeschlagen werden.

Ob dabei am Ende ein formeller Friedensvertrag herauskommen wird oder nicht, ist in den Augen mancher Beobachter eine reichlich überschätzte Frage. Es komme, meint etwa der israelische Sicherheitspolitikexperte Dan Schueftan, nicht darauf an, dass Israel ein von einem saudischen Herrscher unterzeichnetes Papier in der Hand hat – wenn es einen Vertrag gebe – schön; aber wenn nicht, dann eben nicht. Entscheidend sei vielmehr eine funktionierende Kooperation in Fragen, die für beide Länder wichtig seien – und die geht vermutlich schon heute sehr viel weiter, als viele es sich vorstellen können.

Bleiben Sie informiert!
Mit unserem wöchentlichen Newsletter erhalten Sie alle aktuellen Analysen und Kommentare unserer Experten und Autoren sowie ein Editorial des Herausgebers.

Zeigen Sie bitte Ihre Wertschätzung. Spenden Sie jetzt mit Bank oder Kreditkarte oder direkt über Ihren PayPal Account. 

Mehr zu den Themen

Das könnte Sie auch interessieren

Wir sprechen Tachles!

Abonnieren Sie unseren Newsletter und erhalten Sie einen unabhängigen Blickzu den Geschehnissen im Nahen Osten.
Bonus: Wöchentliches Editorial unseres Herausgebers!

Nur einmal wöchentlich. Versprochen!