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Sanktionen gegen Tanker: USA wollen Irans Benzinhandel mit Venezuela eindämmen

Venezuelas Außenminister Jorge Arreaza auf Staatsbesuch im Iran
Venezuelas Außenminister Jorge Arreaza auf Staatsbesuch im Iran (© Imago Images / ZUMA Press)

Das iranische Regime betrachtet seine jüngst aufgenommen Treibstofflieferungen an Venezuela als „strategische“ Politik und will sie auf jeden Fall fortsetzen – die USA versuchen, sie mit weiteren Sanktionen zu unterbinden.

Im Zuge langjähriger Misswirtschaft hat das OPEC-Gründungsmitglied Venezuela seine Raffinerien zerstört und kann sich nicht mehr selbst mit Benzin versorgen. Aufgrund von Treibstoffmangel verrottet die Ernte auf den Feldern, statt den Hunger der venezolanischen Bevölkerung zu stillen.

Der Iran hingegen hat wegen der Covid-19-Pandemie und dem damit einhergehenden Rückgang des Autoverkehrs einen Überschuss an Benzin und Probleme, es zu lagern. Es wird angenommen, dass Venezuela die Lieferungen mit den wenigen Goldreserven bezahlt, die es noch hat.

Frenetisch bejubelt

Ende Mai waren fünf iranische Tankschiffe mit Benzin in Venezuela eingetroffen und von Machthaber Nicolas Maduro frenetisch gefeiert worden, als „Zeichen der Solidarität des islamischen iranischen Volkes mit Venezuela“ und der „Brüderlichkeit der freien Völker“.

Die USA hatten keine Versuche unternommen, die Schiffe zu stoppen, und das Maduro-Regime machte aus der Benzinlieferung einen Staatsakt: Venezolanische F-16-Kampfjets überflogen eines der iranischen Schiffe bei dessen Ankunft in venezolanischen Hoheitsgewässern.

Das Automatische Identifikationssystem (AIS) der iranischen Schiffe war nicht ausgeschaltet; man konnte ihre aktuelle Position im Internet verfolgen, anders als sonst: Häufig schalten iranische Tanker das AIS bei ihren Fahrten aus, um zu verschleiern, welche Häfen sie anlaufen und wo sie ihre Ladung löschen. So hoffen sie offenbar, die Durchsetzung der amerikanischen Sanktionen gegen iranische Ölexporte zu erschweren.

Der Iran habe „seinen Willen erzwungen“, sagte der iranische Generalmajor Hossein Salami laut dem katarischen Medienkonzern Al-Jazeera.

Salami ist der Kommandant der Islamischen Revolutionären Garden (IRGC) und bekannt als Einpeitscher. Ungeachtet der amerikanischen Sanktionen sei der Iran in der Lage gewesen, seinen „Verbündeten“ mit dringend benötigtem Treibstoff zu versorgen, so Salami. Die Islamische Republik „bricht den Feinden den Rücken”, sagte er.

„Durch Gottes Gnade erleben wir heute den frühen und raschen Niedergang unserer Erzfeinde, insbesondere der USA.“

Die USA könnten das Coronavirus „nicht eindämmen und befinden sich heute in der schlechtesten wirtschaftlichen Lage“, so Salami weiter.

Neue Sanktionen

Unterdessen haben die USA neue Sanktionen verhängt, um den Handel zwischen dem Iran und Venezuela zum Erliegen zu bringen. Sie betreffen Tankschiffe, die Venezuela angelaufen haben.

Am 2. Juni benannte das Office of Foreign Assets Control (OFAC, deutsch „Amt zur Kontrolle von Auslandsvermögen“), die Kontrollbehörde des US-Finanzministeriums zur Durchsetzung von Sanktionen, vier Reedereien, deren US-Vermögen eingefroren und vier Schiffe, die fortan „blockierte Vermögenswerte“ seien.

Aus der Meldung war nicht ersichtlich, ob die Schiffe bereits in einem US-Hafen vor Anker liegen und dort beschlagnahmt wurden, oder ob ihnen dieses Schicksal droht, sobald sie im Zugriffsbereich der US-Behörden sind. In jedem Fall gilt von nun an, dass ein Tanker, der in Venezuela war, danach nicht mehr US-Häfen anlaufen kann.

Laut dem OFAC hat eine der betroffenen Reedereien ihren Sitz in Griechenland, die anderen drei auf den Marshall-Inseln. Die betroffenen Schiffe fahren unter den Flaggen der Marshall-Inseln, Panamas, Maltas und der Bahamas. Alle vier Schiffe sollen im Laufe dieses Jahres Venezuela angelaufen und Rohöl von dort verschifft haben.

Venezuela nicht mehr anlaufen

Auf dem Schiffsmarkt werden die amerikanischen Sanktionen nicht auf die leichte Schulter genommen. Die englischsprachige Website Hellenic Shipping News berichtet, dass viele Schiffsmieter aus den USA, Brasilien und sogar auch aus China keine Schiffe wollten, die kürzlich Venezuela angelaufen haben.

„Wir haben in letzter Zeit viele Mieter, die uns bitten, Schiffe zu meiden, die in Venezuela waren”, sagte ein Schiffsmakler. „Sie wollen ein Szenario verhindern, in dem die USA möglicherweise mehr Tanker sanktionieren.“ Für den Fall, dass es dazu kommen sollte, rechnet der Makler mit steigenden Preisen, da es viele Schiffe gebe, die einen Zwischenstopp in Venezuela einlegen.

Laut dem Rohstoffbörsendienst S & P Global Platts hätten mehr als 200 Tanker – von Handysize (ein Schiff, das rund 30.000 Tonnen Fracht befördern kann) bis hin zu VLCCs (rund 260.000 Tonnen) – in den letzten 12 Monaten Venezuela angelaufen.

Wie die Nachrichtenagentur Reuters am 15. Juni meldete, haben mehrere namhafte griechische Reeder angekündigt, Venezuela ab sofort nicht mehr anzulaufen. Am 9. Juni hatte Reuters zudem über mehrere Tanker berichtet, die sich bereits in der Karibik mit Ziel Venezuela befanden und auf hoher See umkehrten.

Iran droht mit Vergeltung

Unterdessen hat das iranische Regime erklärt, dass es mithilfe eines im letzten Monat von Russland ins All geschossenen Spionagesatelliten die Positionen amerikanischer Schiffe im Persischen Golf, im Golf von Oman und im Atlantik verfolge. Sollten die USA iranische Schiffe stoppen, werde es Vergeltung geben.

Im Sommer letzten Jahres waren im Golf von Oman mehrere Tanker mit Raketen und Unterwasserdrohnen angegriffen worden. Der Iran bestritt die Verantwortung für diese Anschläge, droht aber seit Jahren offen mit Angriffen auf Schiffe und damit, die Straße von Hormuz zu schließen, die den Persischen Golf mit dem Ozean verbindet.

„Wenn der Verkauf von iranischem Öl auf irgendeine Weise gestört wird, dann wird die Straße von Hormuz definitiv geschlossen“, sagte Mohammad Kossari, der stellvertretende Vorsitzende des Parlamentskomitees für auswärtige Angelegenheiten und nationale Sicherheit, im Januar 2012. Seither ist diese Drohung unzählige Male wiederholt worden – unter anderem von Präsident Hassan Ruhani. Im Juli 2018 drohte er im Stile eines Mafiabosses:

„Wir haben die Sicherheit dieser Straße immer garantiert. Spielt nicht mit dem Schwanz des Löwen, ihr werdet es bereuen.“

Um solche Drohungen glaubwürdig zu machen, investiert der Iran in U-Boote, Torpedos, Raketen, Drohnen, Schnellboote und anderes Militärgerät, das zum Angriff auf Schiffe geeignet ist.

Bislang gibt es keine Anzeichen dafür, dass die Vereinigten Staaten über Wirtschaftssanktionen hinaus Schritte unternehmen werden, um den Handel zwischen dem Iran und Venezuela zu unterbinden.

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