Die Eskalation palästinensischer Raketenangriffe aus dem Gazastreifen und Israels Reaktion, die Operation „Säule der Verteidigung“, sind heute das dominierende außenpolitische Thema österreichischer Medien. Ein erster Überblick.
Kronen Zeitung: „Raketen-Duell“
In der heutigen Kronen Zeitung fragt Kurt Seinitz: „Wer ist schuld an dem neuen Blutvergießen?“ und bietet gleiche mehrere Antworten zur Auswahl an: „Die Palästinenser, weil sie mit Raketenfeuer Israel provoziert hatten?“ In Antwort Nummer eins wird der hundertfache Versuch, Israelis zu ermorden, zur „Provokation“ herabgestuft. „Ist es Israel mit seiner endlosen Besatzungspolitik?“ Antwort zwei ist der Blankoscheck für Gewalt, den palästinensische Terroristen und ihre internationalen Unterstützer stets bemühen, denn mit der „endlosen Besatzungspolitik“ lässt sich zu jedem beliebigen Zeitpunkt jeder noch so barbarische Akt legitimieren. Dass es der Hamas überhaupt nicht um die „besetzten“ Gebiete geht, sondern prinzipiell um die Existenz des jüdischen Staates in welchen Grenzen auch immer, sei nur am Rande erwähnt. „Sind die Araber schuld, weil sie 1947 unter Missachtung des UN-Teilungsbeschlusses Israel den Krieg erklärt hatten?“ Näher dran, aber auch daneben: Schuld an der aktuellen Gewalt ist, dass viele Araber – und mit Sicherheit antisemitische Mörderbanden wie Hamas und der Islamische Dschihad – bis heute nicht bereit sind, den vor Jahrzehnten begonnenen Krieg gegen Israel zu beenden.
„Dafür, dass er [der Krieg] nie völlig einschlief“, kommentiert dagegen Ernst Trost, „haben die radikalen Hamas- und Dschihad-Kämpfer gesorgt – durch den ständigen Beschuss israelischer Siedlungen mit Raketen und Mörsern.“ Warum Trost in diesem Zusammenhang den allgemein negativ konnotierten Begriff „israelische Siedlungen“ verwendet, ist unklar. Fakt ist aber, dass etwa Be’er Scheva, das seit geraumer Zeit immer wieder mit palästinensischen Raketen attackiert wird, eine der größten israelischen Städte mit über 200.000 Einwohnern ist. Ob auch Tel Aviv, Israels größte Stadt mit über 400.000 Einwohnern, in der gestern zum ersten Mal seit dem Golfkrieg 1991 Raketen einschlugen, für Trost als „Siedlung“ zu bezeichnen ist?
Wenigstens schreibt Trost im Zusammenhang mit den palästinensischen Muslimbrüdern der Hamas von „einer Bedrängnis, die sie selber heraufbeschworen haben“, und nimmt damit nicht jene angeblich äquidistante Haltung zum israelisch-palästinensischen Konflikt ein, die unter Journalisten und Politikern so beliebt ist und in aller Regel darauf hinausläuft, Israel das Recht abzustreiten, sich gegen ständigen Raketenbeschuss zur Wehr zu setzen.
Ein typisches Beispiel der Gleichsetzung von palästinensischem Terror und israelischer Verteidigung bietet die Kronen Zeitung mit diesen beiden Bildern:
Sie scheinen den Titel des betreffenden Artikels („Raketen-Duell Israel-Gaza“) schön zu illustrieren: Links eine Rakete aus Gaza, rechts eine aus Israel. Was in der Krone jedoch fehlt, ist der entscheidende Unterschied: Auf dem linken Bild ist ein Rakete zu sehen, die von palästinensischen Terroristen mit dem Ziel abgefeuert wurde, möglichst viele Israelis zu töten. Dass sie damit leider manchmal Erfolg haben, zeigte ein Angriff auf Kirjat Malachi, wo drei Israelis beim Einschlag einer Rakete getötet wurden. Was dagegen auf dem rechten Bild zu sehen ist, ist eine israelische Abwehrrakete – sie wurde mit der Absicht abgefeuert, eindringende palästinensische Raketen noch in der Luft abzufangen und damit Leben zu retten.
Presse: Ägypter gegen „israelische Aggression“
In der Presse berichtet Karim El-Gawhary über die ägyptischen Reaktionen auf die Eskalation der Gewalt. Ägyptens islamistischer Präsident, der Muslimbruder Mohammed Mursi, erklärte demnach bei einem Auftritt im ägyptischen Staatsfernsehen: „Die Israelis müssen verstehen, dass wir diese Aggression nicht akzeptieren werden“. Muss noch eigens erwähnt werden, dass der ägyptische Präsident seit seinem Amtsantritt zu keiner der zahllosen palästinensischen Raketen auf Israel verurteilende Worte fand und eine „Aggression“ aus seiner Sicht offenbar erst vorliegt, wenn Israel den ständigen Beschuss nicht mehr tatenlos hinnimmt? „Auf Geheiß des Staatschefs soll Ministerpräsident Hischam Kandil am heutigen Freitag ‚angesichts der israelischen Aggression‘ zu einem Solidaritätsbesuch in den Gazastreifen aufbrechen.“ Um Mursis Worte zu verwenden: Die Israelis und der Westen „müssen verstehen“, was hier vor sich geht: Ein amtierender ägyptischer Premierminister stattet dem totalitären Regime einer Terrorgruppe im Gazastreifen einen „Solidaritätsbesuch“ ab, nachdem von dort gerade Raketen auf Tel Aviv abgefeuert wurden.
ORF: Grundproblem Blockade
Nachdem im ORF-Mittagsjournal zuerst einem Sprecher der Hamas im „Ö1-Exklusivinterview“ die Gelegenheit gegeben wurde, seine antiisraelischen Propagandamärchen zum Besten zu geben, wurde auch Karim El-Gawhary zu seiner Einschätzung der aktuellen Eskalation befragt. Das Gespräch kam u. a. auf die „wirtschaftlichen und militärischen Versorgungswege von Ägypten in den Gazastreifen“ und die „Tunnelsysteme“ zu sprechen, über die der Waffenschmuggel der Hamas und anderer Terrororganisationen abgewickelt wird. El-Gawharys Antwort: „Das Grundproblem für die Ägypter, für die arabische Seite ist, dass Gaza eben seit Jahren abgeriegelt ist, die Araber nennen das immer das ‚größte Freiluftgefängnis der Welt‘. Und das ist eigentlich das Grundproblem, das ihrer Meinung nach eben angegangen werden muss, nachdem man vielleicht jetzt einen Waffenstillstand dann doch am Ende zustande bringen wird.“
Der Gazastreifen unterliegt einer – im Übrigen selbst von einer Untersuchungskommission der Vereinten Nationen für völlig legitim erachteten – Blockade, um die ungehinderte Einfuhr von Waffen zu unterbinden. Die größte israelische Sorge galt dabei immer Raketen, die über eine größere Reichweite verfügen, als die bisher üblicherweise von Hamas und Islamischem Dschihad verwendeten. Dass derartige Terrorwaffen dennoch in den Gazastreifen gelangen konnten, zeigte der gestrige Beschuss Tel Avivs. El-Gawharys Darstellung zufolge sieht man auf arabischer Seite das Problem aber nicht etwa darin, dass der Waffenschmuggel an die Hamas nicht völlig unterbunden werden kann, sondern dass überhaupt der Versuch unternommen wird, ihn zu verhindern. Mit anderen Worten: Israel habe gefälligst zuerst zuzulassen, dass seine Todfeinde sich bis an Zähne mit immer gefährlichen Waffen hochrüsten und müsse den Einsatz dieser Waffen über sich ergehen lassen, ohne sich verteidigen zu dürfen.