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Rückkehr nach Dschenin: Wiederholt sich die Geschichte?

Auch ein Militäreinsatz in Jenin im Jahr 2002 wurde für anti-israelische Propaganda missbraucht
Auch ein Einsatz in Dschenin im Jahr 2002 wurde für anti-israelische Propaganda missbraucht (Quelle: IDF Spokesperson's Unit, CC BY-SA 3.0)

Dschenin war im April 2002 die Quelle eines der tückischsten Mythen über das militärische Vorgehen Israels, der in offenen Antisemitismus ausartete. Leider scheinen keine Lehren daraus gezogen worden zu sein.

Ben Cohen

»Die Geschichte spielt hier eine Rolle«, bemerkte der Jerusalem-Korrespondent der BBC, Tom Bateman, in einem Bericht über die Operation der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) in der Stadt Dschenin im Westjordanland in der vergangenen Woche, bei der neun Palästinenser getötet wurden – acht von ihnen Männer, die mit Terrorgruppen in Verbindung standen, und eine Zivilistin.

In den Annalen der antizionistischen Dämonisierung Israels nimmt Dschenin einen besonderen Platz ein. Die Stadt war im April 2002 der Ursprungsort eines der tückischsten Mythen über das militärische Vorgehen des jüdischen Staates, der in offenen Antisemitismus ausartete.

Bateman fasste es wie folgt zusammen: »Damals startete Israel einen groß angelegten Angriff, bekannt als die Schlacht von Dschenin, bei dem mindestens 52 militante Palästinenser und Zivilisten sowie 23 israelische Soldaten getötet wurden. Vorausgegangen war eine Kampagne palästinensischer Selbstmordattentate in Israel, an denen in vielen Fällen Täter aus der Stadt beteiligt waren.« Diese Formulierung ist technisch korrekt und stellt eine erhebliche Verbesserung gegenüber der ursprünglichen BBC-Berichterstattung über die ›Schlacht von Dschenin‹ im Jahr 2002 dar, die der Sender damals als ein von den Israelis verübtes ›Massaker‹ bezeichnete.

In Wirklichkeit erlitten die IDF im Kampf gegen bewaffnete Palästinenser schwere Verluste, weil sie aus Rücksicht auf die Zivilbevölkerung der Stadt nicht bereit waren, drastischere Maßnahmen wie etwa Luftangriffe zu ergreifen, um Dschenin zu befrieden – Maßnahmen, die Russland, Iran oder China ohne mit der Wimper zu zucken ergreifen würden. 

Doch innerhalb von 24 Stunden nach dem Militäreinsatz fabrizierte der mittlerweile verstorbene Hauptunterhändler der Palästinensischen Autonomiebehörde mit Israel, Sa’eb Erakat, reißerische Geschichten über die IDF-Operation. »Sie wollen ihre Verbrechen verstecken, die Leichen der kleinen Kinder und Frauen«, sagte Erakat gegenüber The Guardian, ohne auch nur den Hauch eines Beweises für diese ungeheuerliche Behauptung zu haben.

Vorsätzliche Lügen …

Andere Palästinenser in verantwortlichen Positionen erzählten ähnliche Lügen. Der Direktor des Hauptkrankenhauses in Dschenin behauptete, die Israelis hätten den Westflügel des Krankenhauses – den es nie gegeben hatte – sowie die Wasser- und Stromversorgung absichtlich zerstört. 

»IDF-Soldaten achteten darauf, das Gelände nicht zu betreten, obwohl wir wussten, dass es mehreren gesuchten Flüchtlingen als Unterschlupf diente«, schrieb der ehemaliger IDF-Offizier David Zangen ein Jahr später im November 2003. »Wir bewachten während der gesamten Kampfhandlungen die Wasser-, Strom- und Sauerstoffversorgung des Krankenhauses und halfen bei der Einrichtung eines Notstromaggregats, nachdem das Stromnetz der Stadt beschädigt worden war.«

Dennoch hielt sich der Mythos eines Massakers hartnäckig, nicht nur in den arabischen Medien, sondern auch in westlichen. Das Massaker, das kein Massaker war, wurde zu einer Blutverleumdung des 21. Jahrhunderts, gegen die sich jüdische Gruppen nur mit großer Mühe wehren konnten. Dabei sahen sich die jüdischen Gemeinden erneut mit einer Form des Judenhass konfrontiert, der falsche Behauptungen als unbestrittene Tatsachen ausgibt, die wiederum in einer antisemitischen Denkweise wurzelten, die den schlimmsten Vorstellungen über Juden Vorschub leistete.

Kein seriöser Analyst des Nahen Ostens hält heutzutage daran fest, die Kämpfe 2002 in Dschenin als Massaker zu bezeichnen. Aber Israel hat nie eine förmliche Entschuldigung von jenen Nachrichtenorganisationen und internationalen Institutionen erhalten, die die Behauptung über das angebliche ›Massaker‹ aus voller Überzeugung unterstützten, darunter die UNO, die in den Tagen nach den Kämpfen eilig eine Untersuchungskommission einrichtete und sie dann auflöste, als sie feststellen musste, dass die Behauptung schlicht nicht haltbar war.

Leider scheinen die Lehren aus dieser schäbigen Episode vor mehr als zwanzig Jahren nicht gezogen worden zu sein. Es überrascht nicht, dass die Palästinensische Autonomiebehörde, die die Kämpfe vom vergangenen Donnerstag als »Massaker« bezeichnete und die internationale Gemeinschaft beschuldigte, sich bloß wie Schaulustige zu verhalten, der größte Übeltäter in diesem Zusammenhang ist. 

Diese internationale Untätigkeit »ist es, was die Besatzungsregierung ermutigt, vor den Augen der Welt Massaker an unserem Volk zu begehen«, sagte Nabil Abu Rudeineh, ein Sprecher von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, anschließend. Die Palästinensische Autonomiebehörde kündigte außerdem an, die sicherheitspolitische Zusammenarbeit mit Israel auszusetzen – eine Maßnahme, die sie bereits in der Vergangenheit in Anfällen von Wut ergriffen hatte. [Mittlerweile hat Mahmud Abbas die Ankündigung wieder zurückgenommen; Anm. Mena-Watch]

… und deren Fortsetzung

Wie im Jahr 2002 werden die haarsträubenden Behauptungen der Palästinensischen Autonomiebehörde durch die geneigten Stimmen internationaler Besorgnis verstärkt. »Ich bin zutiefst beunruhigt und betrübt über den anhaltenden Kreislauf der Gewalt im besetzten Westjordanland«, sagte Tor Wennesland, UN-Sonderkoordinator für den Nahen Osten. 

Auch arabische und islamische Staaten haben ihre Verurteilung Israels zum Ausdruck gebracht, einschließlich jener, die diplomatische Beziehungen zu Israel unterhalten, darunter die Türkei und Ägypten, sowie Staaten wie Saudi-Arabien, die Gerüchten zufolge einem endgültigen Friedensabkommen mit dem jüdischen Staat gegenüber aufgeschlossen sind.

Es steht wieder einmal einiges auf dem Spiel. In den vergangenen Jahren zeigten sich die Palästinenser über den Verlust ihres Status als »wichtigstes ungelöstes Problem der Welt« verärgert, da sich der internationale Fokus auf die Aktivitäten iranischer und islamistischer Terrorgruppen in der Region sowie auf dringendere Probleme wie Russlands anhaltende Aggression gegen die Ukraine verlagert hat. Nicht einmal ein hässlicher kleiner Krieg im Gazastreifen im Mai 2021, der von antisemitischer Gewalt auf der ganzen Welt begleitet wurde, konnte eine neue, übergreifende Anstrengung bewirken, Israel zu Zugeständnissen an einen Feind zu zwingen, der sich weigert, seine Legitimität anzuerkennen.

Allerdings darf man sich nicht vormachen: Die Palästinenser werden es wieder versuchen, und sie denken, gerade die Gelegenheit dazu zu haben. Die Zahl der Todesopfer vom vergangenen Donnerstag war die höchste seit Beginn der Aufzeichnungen der Vereinten Nationen im Jahr 2005, eine Tatsache, die die Palästinensische Autonomiebehörde und ihre Gefolgsleute bis zum Äußersten ausnutzen werden.

Auch das iranischen Mullahs sind bestrebt, die Darstellung palästinensischen Leids zu verstärken, um sowohl von ihrer anhaltenden Unterdrückung der das Land erschütternden Proteste abzulenken wie auch von ihrem Militärbündnis mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. 

Und da die palästinensische Sache in westlichen Gesellschaften eher als humanitäre Notwendigkeit und weniger als heimtückische politische Kampagne zur Beseitigung der israelischen Souveränität angesehen wird, ist nicht garantiert, dass westliche Regierungen Israel so vornehaltlos verteidigen werden, wie es der jüdische Staat verdient hätte. So werden die Mythen fortbestehen.

Ben Cohen ist ein in New York City lebender Journalist und Autor, der eine wöchentliche Kolumne über jüdische und internationale Angelegenheiten für Jewish News Syndicate schreibt. (Der Artikel erschien auf Englisch beim Jewish News Syndicate. Übersetzung von Alexander Gruber.)

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