Rojava: Streit um Schönheitswettbewerb im kurdischen Nordsyrien

Rojava: Streit um Schönheitswettbewerb im kurdischen Nordsyrien
Adla Hassan (Photo: Rewan Egid)

„Der Schönheitswettbewerb, der am Sonntag erstmals in der nordostsyrischen Stadt Qamischli stattfand, ist bei Vertretern der örtlichen kurdischen Behörden auf Kritik gestoßen. Vor dem Hintergrund des verheerenden Kriegs in Syrien organisierte eine feministische Gruppe in der Stadt den Schönheitswettbewerb. Zehn Teilnehmerinnen bewarben sich um den Titel, der schließlich an Adla Hassan ging. ‚Dieser sogenannte Schönheitswettbewerb stellt eine gravierende Beleidigung unserer Gesellschaft und Revolution, eine Beleidigung für Frauen und einen Versuch dar, sie zu Objekten zu machen‘, erklärte der syrisch-kurdische Spitzenpolitiker Aldar Xelil in den sozialen Medien.

Xelil ist der außenpolitische Sprecher der Bewegung für eine Demokratische Gesellschaft (TEV-DEM), der obersten Behörde in der Rojava (Syrisch-Kurdistan). Er rief die Menschen im Norden Syriens dazu auf, sich stattdessen mit der Tätigkeit der kurdischen Kämpferinnen zu befassen und deren Leistungen zu feiern. ‚Verglichen mit der Schönheit der Opfer, die unsere Töchter bringen, ist diese Veranstaltung hässlich und vollkommen unsittlich‘, so Xelil. Auch Ilham Ahmad, eine der Vorsitzenden des Syrischen Demokratischen Rats (SDC), der die von Kurden kontrollierten Gebiete verwaltet und als politischer Flügel der von den USA unterstützten Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) gilt, kritisierte die Veranstaltung derartiger Schönheitswettbewerbe in Nordsyrien scharf. ‚Der Märtyrertod der Kämpferinnen ist auch schön und keine von ihnen würde sich je um etwas anderes als die Liebe zur Heimat bemühen. Sie verteidigen die Freiheit und den politischen Willen der Frauen‘, erklärte sie in den sozialen Medien.

Kurdische Aktivisten und etliche Autoren und Journalisten begrüßten dagegen die Veranstaltung des Schönheitswettbewerbs und kritisierten prompt die negative Haltung der Behörden. Viele von ihnen verwiesen darauf, dass die Behörden Kinder für die örtlichen Streitkräfte rekrutieren würden. ‚In ihren Reden und Erklärungen behaupten sie, dass sie Frauen unterstützen, doch zeigt ihre jüngste Äußerung, dass es sich bei ihren Parolen nur um Lippenbekenntnisse handelt‘, schrieb der Blogger und Webentwickler Hevger Ibrahim. ‚Sie wollen alle Frauen als Kämpferinnen in ihrem Krieg einsetzen‘, fügte er hinzu. Ein 30jährige Frau aus Qamischli, die anonym bleiben wollte, erklärte im Gespräch mit Kurdistan 24, dass die ‚kurdischen Behörden in Nordsyrien die Frauen in ihrem fieberhaften und endlosen Krieg ausbeuten wollen‘. ‚Wir sind erschöpft und wollen wieder ein geordnetes Leben führen‘, meinte sie weiter.

Sirwan Kajjo, ein in Washington ansässiger syrisch kurdischer Beobachter, der am Middle East Center for Reporting and Analysis (MECRA) tätig ist, äußerte sich ebenfalls in den sozialen Medien. ‚Wenn ein kleiner Schönheitswettbewerb, den eine Gruppe junger Frauen organisiert hat, die das Leben jenseits des Kriegs genießen wollen, Frauen zu Objekten macht, worum handelt es sich dann, wenn man ausländische Journalisten ankarrt, um Geschichten über kurdische Kämpferinnen zu schreiben?‘“ (Helbast Sehkhani: „Beauty contest in northern Syria harshly criticized by Kurdish authorities“)

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