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Das Regime belohnt die Iraner mit einer virtuellen Hölle

Virtuelle Hölle: Das Projekt »Himmelszeit« der Revolutionsgarde im Iran
Virtuelle Hölle: Das Projekt »Himmelszeit« der Revolutionsgarde im Iran (Quelle: Screenshot Youtube)

Die Islamische Revolutionsgarde baut eine virtuelle Hölle und preist sie als kulturelles Ereignis, während die Iraner aufgrund der Regimepolitik in einer realen Hölle leben müssen.

Der heutige Iran ist ein Land voller absurder Widersprüche, in dem die Politik des Regimes die Bevölkerung aus einem lebenswerten Dasein in eine reale Hölle getrieben hat: eine Hölle ohne soziale und politische Freiheiten, ohne eine funktionierende Wirtschaft und ohne auch nur den geringsten Wohlstand. Stattdessen herrschen eine Inflationsrate von über fünfzig Prozent, weit verbreitete Armut, grassierende Arbeitslosigkeit und tägliche Entbehrungen, die das Leben zu einem Albtraum machen. Und inmitten dieser realen Hölle, welche die Bevölkerung durchleidet, verkünden Kommandeure der Revolutionsgarde, dass sie eine virtuelle Hölle für das Volk bauen. 

Ein Projekt namens »Himmelszeit« soll die »Überquerung der Sirāt-Brücke« und die »Begegnung mit den Engeln Nakir und Munkar« simulieren, komplett mit echtem Feuer. As-Sirāt ist jene Brücke in der islamischen Eschatologie, die von Verstorbenen überquert werden muss, um in die Dschanna (Paradies) zu gelangen. Sie wird als »so dünn wie ein Haar und so scharf wie das schärfste Schwert« beschrieben. Unter ihr soll sich der Abgrund zum Dschahannam (Hölle) befinden. Wer kein Vertrauen in Allah habe, werde demnach zögern und wanken und daraufhin von der Brücke fallen, heißt es in der Hadith-Sammlung Sahīh al-Buchārī, in der angebliche Aussprüche Mohammeds gesammelt sind.

Virtuelle Hölle gar nicht nötig

Wäre das Leben der iranischen Bevölkerung eine Aufführung, wäre es bereits die vollständigste Hell O’Clock, die je produziert wurde. All diese Kosten und dieses Spektakel mit Feuer und Folter sind also völlig überflüssig.

Die Menschen benötigen gar kein Höllenfeuer, ersticken sie doch bereits unter der galoppierenden Inflation. Soziale Freiheiten? Politische Rechte? Diese Worte klingen wie Relikte aus den Geschichtsbüchern, nicht wie die Realität von heute. Die Menschen leben in einer echten Hölle, nicht in Geschichten über das Jenseits, die von virtuellem Feuer und Folter erfüllt sind.

Doch anstatt einen Schritt zurückzutreten und die Probleme des realen Lebens anzugehen, hat die Revolutionsgarde beschlossen, die Hölle zu simulieren. Die üppigen Wälder von Gilan in der nördlichen Provinz am Kaspischen Meer, die eigentlich friedliche Naturreservate sein sollten, werden in Schauplätze »postmortaler Qualen« verwandelt, in denen Besucher durch echte Flammen erleben sollen, wie das Leben nach dem Tod ist, erweist man sich nicht als frommer Gläubiger.

Würden die Verantwortlichen nur einen Teil der Ressourcen, die für dieses Spektakel aufgewendet werden, für Wirtschaft, Bildung, Gesundheitswesen und Arbeitsplätze verwenden, könnten die Menschen vielleicht etwas Frieden in der realen Welt finden.

Das alles ist kein Scherz: Es ist völlig absurd, dass Iraner in einer von Menschen geschaffenen Hölle gefangen sind, wo sie um eine einfache Mahlzeit kämpfen müssen, während die Machthaber (Höllen-)Feuershows als »kulturelles Ereignis« veranstalten. Das ist, als würde man zusehen, wie das eigene Haus brennt, und, statt das Feuer zu löschen, die Flammen dekorieren, um die Leute einzuladen, die »Feuershow« zu bewundern.

Bittere Satire

Und was noch surrealer ist: Neben dieser Höllenausstellung gibt es einen Stand mit militärischer Ausrüstung. Was für eine bizarre Kombination. Vielleicht wäre es sinnvoller gewesen, eine Ausstellung über ein echtes Paradies mit strömenden Weinflüssen und zweiundsiebzig Huris zu installieren, dann könnten die Menschen wenigstens ein wenig entspannen, lachen und einmal Freude empfinden. Aber im heutigen Iran scheinen die einzigen erlaubten Themen Angst und Bestrafung zu sein, was das Gefühl verstärkt, dass das Leben selbst die Hölle ist, die ständig mit neuen Flammen angefacht wird.

Die Wahrheit ist, dass fehlgeleitete Politik, Korruption und die Nachlässigkeit der Beamten das Leben im Iran bereits zu einer täglichen Höllenerfahrung gemacht haben, sodass die Iraner keine Nachbildungen und Simulationen benötigen. Wie ein Nutzer sozialer Medien es ausdrückte: »Die Islamische Republik hat den Menschen in den letzten Jahrzehnten genug von der Hölle gezeigt; vielleicht ist es jetzt an der Zeit, eine Tür zum Himmel zu öffnen.« Aber was nützt das, wenn die Politik doch nur darauf ausgerichtet ist, die Macht durch Angst und mentale Kontrolle zu erhalten? 

Die ganze Angelegenheit ist weniger ein Kulturprogramm als vielmehr eine bittere Satire; ein grausamer Witz in einer Zeit künstlicher Intelligenz und fortschrittlicher Technologie, in der Machthaber immer noch versuchen, die Menschen mit Höllenfeuer und uralten Horrorgeschichten zu kontrollieren. 

Während die Iraner mit realen Problemen zu kämpfen haben, sind der Bau furchterregender Ausstellungen und die Verschwendung öffentlicher Gelder nichts anderes als ein Zeichen für die wahnhafte und unverantwortliche Führung des Regimes. Eine Führung, die keinen Himmel baut und niemanden vor der Hölle rettet, sondern diese nur größer, heißer und realer macht. Das ist die Geschichte des heutigen Irans: »Himmelszeit« mit echten Flammen, während die Menschen ihre eigene Hölle Tag für Tag erleben müssen.

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