Die antisemitische Meldung muss als Teil der türkischen Stimmungsmache gegen den neuen US-Präsidenten gesehen werden, im Zuge derer ein AKP-Politiker die Behauptung aufgestellt hatte, Joe Biden sei „kurdisch“.
Seth J. Frantzman, Jerusalem Post
Eine türkische Social-Media-Seite, die normalerweise über bewaffnete Konflikte berichtet, griff das Biden-Kabinett an, weil in ihm Juden „überrepräsentiert“ seien. Der Artikel muss als Teil des stetig wachsendem Antisemitismus und der immer stärkeren Stimmungsmache gegen Biden in der türkischen Medienberichterstattung betrachtet werden.
Die türkische Regierungspartei AKP und ihr Präsident Recep Tayyip Erdogan standen Trump nahe, und regierungsnahe Medien unterhielten Beziehungen zu Amerikas Rechtsextremen, einschließlich der Proud Boys und verbreiteten immer wieder Verschwörungstheorien über die Antifa und den „tiefen Staat“ in den USA.
Die neueste Behauptung folgt einer Verschwörungstheorie, die von einem hochrangigen AKP-Politiker verbreitet wurde, und die besagt, dass US-Präsident Joe Biden „kurdisch“ sei.
Populistische und rassistische Rhetorik gegen Kurden, Armenier, Juden, Griechen und andere Minderheiten sind in der Türkei weit verbreitet und haben eine lange Tradition. Die Social-Media-Seite Clash Report stellte am 22. Januar eine Grafik online, aus der hervorgehen soll, dass „Juden im Kabinett Biden stark überrepräsentiert sind. Ein Prozent der US-Bevölkerung stellt mehr als fünfzig Prozent des Kabinetts.“
Dies ist die Art von Sprache, die von antisemitischen Regimen verwendet wird, um die Diskriminierung von Juden zu rechtfertigen. (…)
Es scheint, dass sich der Bericht auf einen Artikel der Jewish Telegraph Agency (JTA) stützte, der die Überschrift trug: „Juden, die Joe Biden für Rollen in seiner Regierung vorgesehen hat“. Der Bericht von Clash Report, der diese Information neu aufbereitete, um zu behaupten, Juden seien überrepräsentiert, machte aus allen bei JTA genannten Namen fälschlicherweise „Kabinetts“-Mitglieder. Damit stützte er sich zwar auf die US-Medienberichterstattung, ließ den verhandelten Tatbestand aber in einem negativen Licht erscheinen.
Die Behauptung jüdischer Überrepräsentation folgt auf einen anderen antisemitischen Artikel in der regierungsnahen türkischen Zeitung Yeni Safak, der Anfang Januar behauptete, der „große Präsident“ Donald Trump sei von „jüdischen Herren“ abgesetzt worden, womit die „globale jüdische Macht in Amerika Trump einen weiteren Schlag versetzt hat.“ Der haarsträubende Artikel behauptete, dass Juden Amerika kontrollieren würden und für Pearl Harbor und mittels Verschwörungen für Ereignisse wie 9/11 verantwortlich seien.
Antisemitische Artikel dieser Art werden von der türkischen Regierungspartei nie verurteilt und viele der rechtsextremen Webseiten werden von türkischen Regierungsvertretern gelesen. Alle kritischen Medien in der Türkei wurden zum Schweigen gebracht und viele Journalisten, die Erdogan kritisch gegenüberstehen, sind im Gefängnis oder im Exil.
(Aus dem Artikel „Turkey pro-government media: ‘Jews overrepresented in Biden Cabinet’“, der in der Jerusalem Post erschienen ist. Übersetzung von Alexander Gruber.)