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Wie unterschiedlich man auf die Ausschaltung eines Terrorführers reagieren kann

Kampf gegen Terror ist Eskalation: Deutschlands Außenministerin Baerbock bei einer Konferenz in Israel
Kampf gegen Terror ist Eskalation: Deutschlands Außenministerin Baerbock bei einer Konferenz in Israel (© Imago Images / photothek)

Während der amerikanische Präsident die Eliminierung von Hassan Nasrallah als Akt der Gerechtigkeit bezeichnet, maßregelt die deutsche Außenministerin Israel für seinen Antiterror-Einsatz.

Nicht nur deutsche Medien sehen in Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah einen »gemäßigten Anführer« (FAZ), dessen Tötung durch einen israelischen Luftschlag das »Worst Case Szenario für den gesamten Nahen Osten« (Tagesschau) bedeute. Auch die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock befürchtet nun eine Destabilisierung der Region und belehrt Israel zugleich, dass noch immer sie es sei, die am besten wissen, was gut für den jüdischen Staat ist.

Deutsche Floskeln

In der ARD-Sendung Bericht aus Berlin vom 29. September erklärte Baerbock im Interview:

»Die Lage ist brandgefährlich. Es droht, dass diese ganze Region in die absolute Gewaltspirale weiter reinrutscht. Deswegen haben wir in New York Donnerstagnacht – gemeinsam mit den Amerikanern, Franzosen, aber auch etlichen arabischen Ländern – dazu aufgerufen, dass es eine 21-tägige Waffenpause gibt, dass es keine weitere Eskalation gibt.

Das Gegenteil ist jetzt passiert. Und jetzt mit den jüngsten Meldungen muss man deutlich sagen: die Militärlogik, das ist die eine – mit Blick auf die Zerstörung von Hisbollah-Terroristen. Aber die Sicherheitslogik ist eine andere. Und es droht – und deswegen hatten wir ja zu einer Feuerpause aufgerufen – es droht eine Destabilisierung des gesamten Libanons. Und das ist in keinster Weise im Interesse der Sicherheit Israels.«

Als sei die Floskel von der »Gewaltspirale« nicht schon absurd genug für die Beschreibung einer Situation, in der eine islamistische Terrororganisation am 8. Oktober 2023 einen Abnutzungskrieg gegen Israel gestartet hat, soll es nun einer »absoluten Gewaltspirale« und »Eskalation« gleichkommen, wenn Israel beschließt, dem Terror ein Ende zu setzen und im Zuge dessen auch den Organisator des seit fast einem Jahr täglich auf sein Territorium niedergehenden Raketenhagels auszuschalten.

Obendrein erklärt Baerbock dem jüdischen Staat, die Eliminierung eines respektablen Teils des Raketenarsenals sowie fast der gesamten militärischen Führung der Hisbollah bringe ihm keine Sicherheit und sei deswegen nicht in seinem Interesse. Was ist für sie denn im Interesse Israels, möchte man im Gegenzug fragen: Die Hisbollah und ihre Infrastruktur instand zu lassen, damit sie nach einer einundzwanzigtägigen Feuerpause, an die sie sich aller Wahrscheinlichkeit ohnehin nicht gehalten hätte, damit fortfahren könnte, den Norden Israels durch Raketenterror unbewohnbar zu halten?

Amerikanische Klarheit

Dass die amerikanische Regierung, auf die Baerbock sich bei ihrer an Israel adressierten Nachhilfestunde in Sachen nationaler Sicherheit berief, die Tötung Hassan Nasrallahs völlig anders einschätzt als die deutsche Außenministerin, zeigt ein Blick auf die Homepage des Weißen Hauses.

In seinem Statement zum Tod Hassan Nasrallahs verwies Präsident Joe Biden darauf, dass der israelische Angriff auf den Hisbollah-Anführer im Kontext des Konflikts seit dem Hamas-Massaker am 7. Oktober 2023 zu sehen ist. Einen Tag später, so Biden, habe Nasrallah die verhängnisvolle Entscheidung getroffen, sich mit der Hamas zusammenzuschließen und eine »Nordfront« gegen Israel zu eröffnen:

»Hassan Nasrallah und die von ihm angeführte Terrorgruppe Hisbollah waren während ihrer vier Jahrzehnte andauernden Schreckensherrschaft für den Tod Hunderter Amerikaner verantwortlich. Sein Tod durch einen israelischen Luftangriff ist ein Akt der Gerechtigkeit für seine vielen Opfer, darunter Tausende von Amerikanern, Israelis und libanesischen Zivilisten. …

Die Vereinigten Staaten unterstützen uneingeschränkt das Recht Israels, sich gegen die Hisbollah, die Hamas, die Huthi und alle anderen vom Iran unterstützten Terrorgruppen zu verteidigen. Erst gestern habe ich meinen Verteidigungsminister angewiesen, die Verteidigungsbereitschaft der US-Streitkräfte im Nahen Osten weiter zu erhöhen, um Aggressoren abzuschrecken und das Risiko eines größeren regionalen Krieges zu verringern.«

Vize-Präsidentin und Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris stimmte Joe Biden in ihrem Statement zu den Ereignissen im Libanon zu:

»Hassan Nasrallah war ein Terrorist, an dessen Händen amerikanisches Blut klebt. Über Jahrzehnte hinweg hat seine Führung der Hisbollah den Nahen Osten destabilisiert und zur Ermordung unzähliger unschuldiger Menschen im Libanon, in Israel, Syrien und auf der ganzen Welt geführt. Heute haben die Opfer der Hisbollah einen Akt der Gerechtigkeit erfahren. Ich setze mich unerschütterlich für die Sicherheit Israels ein. Ich werde immer das Recht Israels unterstützen, sich gegen den Iran und vom Iran unterstützte Terrorgruppen wie die Hisbollah, die Hamas und die Huthi zu verteidigen.«

Gerechter Tötungsakt

Auch wenn Biden und Harris in ihren Statements bekräftigten, weiter an einer diplomatischen Lösung des Konflikts zu arbeiten, so fehlte in ihren Erklärungen doch die in Deutschland so beliebte Phrase von der »Gewaltspirale«, die letztlich gegen Israel gewendet ist, weil sie sich weigert auszusprechen, dass die Hisbollah der Täter ist, der den Krieg begonnen hat, und Israel das Opfer, das sich selbst verteidigt, indem es den Aggressor bekämpft. Vielmehr benannten die beiden klar Ursache und Wirkung und bezeichneten die Tötung Nasrallahs als gerechten Akt für dessen Terror, der unzählige Menschen das Leben gekostet hat.

Biden und Harris warfen Israel im Gegensatz zu Baerbock auch nicht vor, mit seinen Angriffen auf Hisbollah-Infrastruktur und Hisbollah-Führer Nasrallah das »Gegenteil« einer Deeskalation betrieben und damit die Stabilität des Libanons gefährdet zu haben. Vielmehr machten sie klar, dass es die Hisbollah war, die seit Jahrzehnten die Destabilisierung des Landes betreibt und im Interesse des Irans seine Nachbarstaaten terrorisiert.

Immer wieder ist seit Angela Merkels berühmt gewordener Knesset-Rede von 2008 über Israels Sicherheit als deutscher Staatsräson die Rede. Außenministerin Baerbock scheint diese Verpflichtung derart zu interpretieren, dass sie Israels Verteidigungsmaßnahmen zur Eskalation erklärt, welche die Stablität des Nahen Ostens unterminierten, weswegen sie den jüdischen Staat dazu auffordert, doch bitte nichts Grundlegendes gegen den Terror zu unternehmen, weil das seinen eigenen Interessen zuwiderlaufe. Die deutsche Verantwortung für Israels Sicherheit besteht dieser Logik zufolge also darin, Israel bei seinem Kampf gegen existenzielle Bedrohungen in den Rücken zu fallen. George Orwells »Krieg ist Frieden! Freiheit ist Sklaverei! Unwissenheit ist Stärke!« lassen grüßen.

Mehr zum Thema: Wie unterschiedlich man über die Ermordung von Geiseln sprechen kann

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