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Iranischer Sender »Press TV«: Soziale Medien im antisemitischen Griff

Logo des englischsprachigen iranischen Senders Press-TV
Logo des englischsprachigen iranischen Senders Press-TV (© Imago Images / Xinhua)

Press TV vertritt die Verschwörungstheorie, Juden würden das Weltgeschehen beeinflussen, um Einfluss zu nehmen, verbreitet Holocaust-Leugnung und greift LGBTQ- und Frauenrechte an.

Einem in der vergangenen Woche veröffentlichten Bericht zufolge nutzt der Iran einen staatlich kontrollierten Nachrichtensender, um im Internet antisemitische Botschaften an ein englischsprachiges Publikum zu verbreiten. Das englischsprachige Regime-Sprachrohr Press TV nutzt soziale Medien, um Sendeverbote zu umgehen und Propaganda zu verbreiten, so der Bericht der Anti-Defamation League und des Center for Countering Digital Hate, einer in Großbritannien ansässigen gemeinnützigen Organisation.

Press TV wurde 2007 vom Regime gegründet, »um die globale Medienherrschaft westlicher Sender zu brechen«, wie es damals hieß. Der Sender verbreitet die Verschwörungstheorie, ein geheimnisvolles und mächtiges jüdisches Netzwerk agiere hinter den Kulissen, um das Weltgeschehen zu beeinflussen. Dieses von ihm ausgemachte schattenhafte Netzwerk wird von Press TV wahlweise als »zionistische Bewegung«, »zionistisches Regime«, »zionistisches Netzwerk« oder »Israel-Lobby« bezeichnet, die mittels ihres »zionistischen Würgegriffs« die Nachrichtenberichterstattung kontrolliere.

Sprachrohr des Regimes

Eine Videoserie namens Palestine Declassified habe soziale Medien und eine Press TV-Website genutzt, um antisemitische Stereotype, insbesondere gegen britische Juden, zu verbreiten, heißt es in dem Bericht. Das Programm propagiert ebenfalls die antisemitische Verschwörungstheorie, ein Netzwerk »zionistischer« Akteure beeinflusse das Weltgeschehen, bis hin zum Ukraine-Krieg und den Protesten für Frauenrechte und gegen das Regime im Iran.

Weiters wird im Programm von Palestine Declassified behauptet, »Zionisten« würden jüdische und muslimische Kinder dazu »heranziehen«, Israel zu unterstützen. Darüber hinaus hetzten diese »Zionisten« nicht nur die US-Polizeibehörden gegen Muslime auf, sondern hätten auch die Kritik am ehemaligen britischen Labour-Parteivorsitzenden Jeremy Corbyn orchestriert, der wegen seiner Israelkritik als Antisemit verunglimpft worden sei, um ihn mundtot zu machen.

Die Moderatoren von Palestine Declassified sind der ehemalige Labour-Abgeordnete Chris Williamson und David Miller, die ebenfalls beide in der Vergangenheit für ihren Antisemitismus kritisiert wurden. In der Sendung würden die Begriffe jüdisch, zionistisch und pro-israelisch austauschbar verwendet, indem beispielsweise jüdische religiöse Gruppen unabhängig von ihrer Haltung zu Israel als »zionistische Gruppen« bezeichnet werden, heißt es in dem neuen Bericht. Auch greife sie jüdische Wohltätigkeitsorganisationen, Schulen, Akademiker und Journalisten mit dem Vorwurf an, sie würden sich koordinieren, um Einfluss auf das Weltgeschehen zu nehmen und »mit Propaganda hausieren zu gehen«. 

Zusätzlich zu seinen Artikeln und Videoserien betreibt Press TV, das aus mehreren Sendenetzwerken sowie von YouTube ausgeschlossen und dessen frühere Website von den US-Behörden offline genommen wurde, eine 24-Stunden-Live-Sendung und wird auch in französischer Sprache ausgestrahlt. Seine Social-Media-Kanäle hätten über vier Millionen Follower und können durch die Zusammenarbeit mit Partnerkonten bis zu 11,5 Millionen Zuseher pro Folge erreichen.

Die Press-TV-Website werde monatlich rund eine Million Mal besucht, dabei mehr als die Hälfte aus westlichen Ländern, allen voran aus den USA, Großbritannien und Kanada. Das Publikum sei eher links orientiert und die Kommentare auf der Website seien voller Antisemitismus. Neben seiner pro-palästinensischen Berichterstattung vertrete Press TV die Ansichten des iranischen Staats, indem es Juden dämonisiert, sich gegen LGBTQ- und Frauenrechte einsetzt und die Leugnung des Holocausts unterstützt.

Iranische Hasspropaganda

In der Berichterstattung wurde unter anderem behauptet, Juden seien an den Terroranschlägen vom 11. September 2001 und der Verbreitung der COVID-Pandemie beteiligt gewesen, der Holocaust sei »die größte Lüge aller Zeiten«, gleichgeschlechtliche Ehen seien »moralisch verdorben«, und die Iranerin Mahsa Amini, deren Tod in Haft landesweite Proteste auslöste, sei an einer Krankheit und nicht an den Schlägen der Sittenpolizei gestorben. Auch wurden Interviews des (ehemaligen) Ku-Klux-Klan-Führers David Duke veröffentlicht.

Die Berichterstattung stehe im Einklang mit der Ideologie des iranischen Regimes und ziele letztlich darauf ab, ein westliches Publikum dahingehend zu beeinflussen, dass es die Angriffe Teherans gegen Juden und Israel unterstützt, so der Bericht, der argumentiert, die Aktivitäten von Press TV sollten als »Hassoperation eines ausländischen Staates« eingestuft werden, das heißt, als ausländische Einflusskampagne, die darauf abzielt, Antisemitismus zu säen.

Abschließend fordert der Bericht, soziale Medien sollten Standards für Antisemitismus festlegen und durchsetzen und letztlich auch Sendeverbote erwägen, wenn sie die Entscheidung treffen, ob Sender auf Plattformen zugelassen werden sollen. Die Forscher erklärten, die Untätigkeit der Social-Media-Unternehmen sei Teil des Musters, dass Unternehmen kein Problembewusstsein haben, wenn sie Antisemitismus auf ihren Plattformen zulassen.

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