In kaum einem Bericht über eine drohende Polio-Epidemie im Gazastreifen wurde erwähnt, was Israels Armee seit Monaten dagegen unternimmt.
Vor Wochen schon warnten die Vereinten Nationen vor einer drohenden Polio-Epidemie im Gazastreifen. In Abwasserproben seien Polio-Viren entdeckt worden, und wegen der aktuellen Lage im Kriegsgebiet und vor allem der schlechten Versorgung der Bevölkerung mit unbedenklichem Trinkwasser bestehe ein hohes Ansteckungsrisiko.
Vor wenigen Tagen machte nun die Meldung über einen ersten Polio-Fall die Runde: »Nach palästinensischen Angaben trat nun ein erster Fall von Kinderlähmung auf«, berichtete die ARD-Tagesschau. »Erkrankt sei ein ungeimpfter, zehn Monate alter Säugling in Deir al-Balah im Zentrum des Gebiets, teilte das Gesundheitsministerium in Ramallah mit.« Polio sei im Gazastreifen eigentlich bereist vor fünfundzwanzig Jahren ausgerottet gewesen, »aber seit Beginn des Krieges vor zehn Monaten wurde kaum noch geimpft«. Es sei unmöglich, »die Impfung in einer aktiven Kriegszone durchzuführen«, erklärte ein Vertreter des UNO-Kinderhilfswerks, »und die Alternative wäre für die Kinder im Gazastreifen und der gesamten Region unvorstellbar«.
Nach den Warnungen vor einer dramatischen Hungersnot, die im Gazastreifen bevorstehe, aber nicht eintrat – die Warnungen beruhten schlicht auf falschen Daten –, dient jetzt das Horrorszenario einer Polio-Epidemie dazu, den Druck auf die Kriegsparteien, das heißt in erster Linie auf Israel, zu erhöhen, um endlich einer Waffenruhe zuzustimmen. Um Polio-Impfungen verabreichen zu können, sei eine Kampfpause »ein Muss«, denn es sei »unmöglich, eine Polio-Impfkampagne durchzuführen, während überall Krieg tobt«, so UN-Generalsekretär António Guterres.
Das Unmögliche tun
Was Guterres und die zahlreichen Medienberichte nicht erwähnten: Die israelische Armee leistet seit Monaten genau das, was jetzt allerorts für unmöglich erklärt wird. Ein Armeesprecher präsentierte auf X einige Fakten. Demnach habe die Armee seit Kriegsbeginn im vergangenen Oktober
»die Einfuhr von 282.126 Ampullen des Polio-Impfstoffs, die für 2.821.260 Dosen ausreichen, nach Gaza koordiniert. Seit der Entdeckung des Virus im Juli wurden im Rahmen der Impfkampagne 9.000 Ampullen über den Grenzübergang Kerem Shalom gebracht, wodurch 90.000 zusätzliche Impfdosen bereitgestellt wurden.
In den kommenden Wochen werden voraussichtlich 43.250 Fläschchen mit Impfstoff, der auf das in Umweltproben gefundene Virus zugeschnitten ist, in Israel eintreffen und in den Gazastreifen gebracht werden. Dies wird ausreichen, um über eine Million Kinder (in zwei Runden) zu impfen – insgesamt 2.162.500 Dosen.«
Die Armee stimme ihr Vorgehen zur Verbesserung der öffentlichen Gesundheit im Gazastreifen mit den lokalen Gesundheitsbehörden, der Weltgesundheitsorganisation, dem Kinderhilfswerk UNICEF und anderen Akteuren ab und
»führt Lagebeurteilungen durch, um die medizinische Situation im Gazastreifen kontinuierlich zu überwachen. Im Rahmen dieser Bemühungen hat der Staat Israel seit Beginn des Kriegs die Einrichtung von vierzehn Feldkrankenhäusern im Gazastreifen sowie die Einfuhr von 2.566 Lastwagen mit 25.955 Tonnen Medikamenten und medizinischer Ausrüstung in den Gazastreifen ermöglicht, die an die Bevölkerung verteilt wurden.«
Wieder einmal haben die Medienberichte und die Aussagen von UNO-Vertretern mit der tatsächlichen Lage im Gazastreifen wenig bis gar nichts zu tun. Dass seit Kriegsbeginn gegen Polio »kaum mehr geimpft« wurde, die wie ARD-Tagesschau behauptet hat, ist schlicht unwahr, wobei unklar ist, ob die verantwortlichen Redakteure einfach keine Ahnung hatten oder die Lage absichtlich und faktenfrei dramatisierten.
Die Tagesschau war freilich mit ihrer Desinformation bei Weitem nicht allein. Sollte es Berichte gegeben haben, in denen auf die umfangreichen Aktivitäten der israelischen Armee zur Verbesserung der Gesundheit der Menschen im Gazastreifen im Allgemeinen und auf die zahlreichen Polio-Impfungen im Besonderen eingegangen worden ist, so handelte es sich dabei um wenige löbliche Ausnahmen in einem anhaltenden medialen Elend.