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Peter Pilz‘ Vorschlag zur Flüchtlingskrise: Ressentiments und Inkompetenz

Der langjährige Grüne-Abgeordnete Peter Pilz
Der langjährige Grüne-Abgeordnete Peter Pilz (© Imago Images / IPON)

Die Welt der sogenannten sozialen Medien gibt jedem die Möglichkeit, sich ohne großen Aufwand öffentlich zu blamieren. Diese Gelegenheit hat in den vergangenen Tagen auch ein österreichischer Politiker ergriffen. Nein, gemeint ist nicht die FPÖ-Abgeordnete Susanne Winter, deren Applaus für einen antisemitischen Kommentar auf Facebook sogar bei den Freiheitlichen zu einem Rausschmiss führen dürfte. Die Rede ist vielmehr vom langjährigen Grüne-Abgeordneten Peter Pilz, der am vergangenen Freitag auf seiner Facebook-Seite einen Fünf-Punkte-Plan zur Beendigung des „Asyl-Chaos der Regierung“ veröffentlichte, der so abwegig ist, dass sein Verfasser jeden Anspruch verwirkt haben sollte, noch ernstgenommen zu werden.

Die USA zur Aufnahme von Flüchtlingen zwingen?

Dabei geht es nicht um den pathologischen Amerika-Hass, für den Pilz bekannt ist und dem er vor einigen Jahren in Buchlänge freien Lauf ließ, der ihn jetzt die USA zu „eine(m) der Haupttäter in Syrien“ erklären ließ. Wild entschlossen, das Brett vorm Kopf zur Waffe zu machen, ließ Pilz eine Wirklichkeit links liegen, die sich mit seinen Ressentiments nicht verträgt. Anstatt den Umstand zu Kenntnis zu nehmen, dass die Obama-Administration weit davon entfernt war, in Syrien eingreifen zu wollen, sondern vielmehr alles unternahm, um sich aus dem Krieg herauszuhalten, erklärte Pilz, Ankläger und Richter in einer Person, die USA zu einem der Hauptschuldigen für die Katastrophe.

Deshalb sei es „eine Provokation für Europa“, dass die Vereinigten Staaten vergleichsweise wenige Syrien-Flüchtlinge aufzunehmen bereit seien. „Es geht nicht mehr dass Washington bombt und Brüssel zahlt“, wetterte Pilz, dem neben seiner Urteilskraft offenbar auch die Interpunktion abhandengekommen war. „Die EU muss 100.000 Syrien Flüchtlinge für die USA fordern – und auch durchsetzen.“ Wie die EU, die es nicht einmal schafft, einige der eigenen Mitgliedsstaaten zur Aufnahme von Kriegsflüchtlingen zu bewegen, die USA dazu zwingen soll, führte Pilz nicht aus, aber wenn die Hauptantriebskraft politischer Forderungen aus Ressentiments besteht, spielen Fragen der Praktikabilität nur selten eine Rolle.

Zusammenarbeit mit dem Diktator

Auch geht es nicht an sich um die von Pilz erhobene Forderung: „DEN KRIEG BEENDEN – MIT ASSAD“. Während er die USA zu einem der „Haupttäter“ des Krieges erklärte, forderte Pilz eine Zusammenarbeit mit dem zu einem Schatten seiner selbst geschrumpften Diktator, der seit viereinhalb Jahren große Teile der syrischen Bevölkerung mit allen erdenklichen Mitteln – chemische Waffen inklusive – massakriert und hinlänglich unter Beweis gestellt hat, dass er zu einer Beendigung des Mordens weder willens noch in der Lage ist. Dass damit sprichwörtlich der Bock zum Gärtner gemacht würde, stört Pilz genauso wenig wie all die anderen Befürworter einer Zusammenarbeit mit dem Massenmörder.

„Nur noch zwei Kriegsparteien“

Was das Elaborat vollkommen realitätsfern machte, waren weder der übliche Anti-Amerikanismus von Pilz, noch seine Forderung nach einer Einbindung von Assad, sondern vielmehr, wie er diese begründete: „Es gibt nur noch zwei Kriegsparteien: den Islamischen Staat und das Assad-Regime.“

Diese Behauptung ist so falsch, dass es einem fast die Sprache verschlägt. Kann Pilz wirklich verborgen geblieben sein, dass das Assad-Regime schon längst nicht mehr Herr im eigenen Hause ist und sich nur mehr dank der Kriegsbeteiligung der Hisbollah, der iranischen Revolutionsgarden und neuerdings auch Russlands an der Macht halten kann? Ist ihm in den vergangenen Jahren noch nie aufgefallen, dass auf der Seite der Gegner des Assad-Regimes abgesehen vom IS noch eine Unmenge anderer bewaffneter Gruppierungen kämpft, vom örtlichen al-Qaida-Ableger bis zu moderaten, nicht-islamistischen Verbänden? Und selbst wenn ihm all das völlig unbekannt wäre, selbst wenn er den Konflikt auf die einfache, aber unzutreffende Formel „Assad versus Opposition“ herunterbräche, hätte er nicht wenigstens bemerken müssen, dass es mit den Kurden zumindest noch eine dritte Kriegspartei gibt?

Peter Pilz‘ Vorschlag zur Flüchtlingskrise: Ressentiments und Inkompetenz

In Beirut weiß man, dass allein auf der Seite des Assad-Regimes mehr als eine Kriegspartei kämpft, und bejubelt die Führer.

Unfassbare Inkompetenz

Ob der Hass auf die USA die Wahrnehmung von Pilz so beeinträchtigt hat, dass er große Teile der Realität wirklich nicht zur Kenntnis nimmt, oder ob er vom Krieg in Syrien einfach nicht den Funken einer Ahnung hat, ist letztlich irrelevant. Die Behauptung, dort gebe es nur mehr das Assad-Regime und den IS, zeugt von einer so unfassbaren Inkompetenz, dass Pilz sich als ernstzunehmender Teilnehmer der öffentlichen Debatte disqualifiziert hat. Wer so offenkundig von einem Thema nichts versteht, sollte es wenigstens unterlassen, anderen Ratschläge zu erteilen.

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