Die Wandgemälde des italienischen Popart-Künstlers aleXsandro Palombo sind dem Kampf gegen den Antisemitismus gewidmet und werden deshalb immer wieder beschädigt.
Vermeintliche »Palästina-Solidarität» zeigt sich immer wieder als Hass auf alles Jüdische, die Opfer des Holocaust inbegriffen. Ein Popartwandbild am Mailänder Bahnhof, das mit den Figuren der Zeichentrickserie Simpsons an den Holocaust erinnern soll, ist von Unbekannten weitgehend zerstört worden. Am Tatort wurde der Schriftzug »Free PAL« gesprüht, um die Tat in Verbindung mit der Kampagne zur Delegitimierung Israels zu stellen. Das Wandbild zeigte die Cartoon-Familie mit gelben Sternen hinter Stacheldraht: eine Warnung vor dem Vergessen der Gräuel des Holocausts.
Drei der fünf Figuren wurden völlig entfernt: Marge, Maggie und Lisa. Bei Bart wurde der gelbe Stern mit blutroter Farbe übermalt, bei Homer der gelbe Stern entfernt. Der Schöpfer des Wandbilds aleXsandro Palombo sprach in einer Reaktion von einer »visuellen Darstellung der antisemitischen Wut, die sich in unseren Städten ausbreitet«.
Im Gespräch mit der Jerusalem Post bestätigte der Künstler die mittlerweile sechste Beschädigung des Werks innerhalb von zwei Jahren. »Vom ursprünglichen Kunstwerk ist nur noch wenig übrig. Es wurde von einer Hommage an die Erinnerung in einen Ausdruck des Hasses verwandelt«, sagte er und fügte hinzu, dass das Wandbild mit seinem popkulturell bekannten Simpsons-Stil ein wichtiges pädagogisches Instrument sei. Durch die Verwendung des unverwechselbaren Stils könne es jüngere Generationen direkt ansprechen.
Visuelle Stolpersteine
Der für seine farbenfrohen Werke, die sich mit Themen wie Ethik und Menschenrechten befassen, bekannte Popartkünstler hatte das Wandbild kurz vor dem Holocaustgedenktag am 27. Januar 2023 angefertigt. Es befand sich an einer Wand des Hauptbahnhof Milano Centrale in unmittelbarer Nähe des Holocaustmahnmals auf Gleis 21.
Von diesem Bahnsteig aus wurden ab 1943 Juden in Vernichtungslager deportiert. Der erste Zug fuhr am 6. Dezember 1943 ab; von den 169 Deportierten überlebten nur fünf. Am 30. Januar 1944 verließ der zweite Zug den Hauptbahnhof in Richtung Auschwitz-Birkenau; von den 605 Abtransportierten überlebten nur zweiundzwanzig Menschen. Eine von ihnen war die damals dreizehnjährige Liliana Segre, die im Gegensatz zu ihrem Vater Auschwitz überlebte. Die Mailänder Gedenkstätte ist eine der wenigen, die selbst Orte von Deportationen waren.
»Diese Werke sind ein visueller Stolperstein, der uns sehen lässt, was wir nicht mehr sehen«, so aleXsandro Palombo am 27. Januar 2023. »Die schrecklichsten Dinge können Wirklichkeit werden und die Kunst hat die Pflicht, daran zu erinnern, denn sie ist ein wirksames Gegenmittel gegen das Vergessen. Der Schrecken des Völkermords an den Juden muss ungefiltert an die neuen Generationen weitergegeben werden, um die Menschheit vor weiteren Schrecken wie der Shoah zu schützen.«
Im Laufe der Jahre hat Palombo zahlreiche Werke im Kampf gegen den Antisemitismus geschaffen. Zu den bekanntesten gehören:
- Anne Frank weint: Das jüdische Mädchen ist weinend in einer KZ-Uniform dargestellt und hält eine israelische Flagge in der Hand; neben ihr ist ein palästinensisches Mädchen im Begriff, die Hamas-Flagge anzuzünden.
- Das Kind des Warschauer Ghettos: Umgedeutet als Geisel von Hamas-Terroristen, einem vermummten erwachsenen Mann und einem halbwüchsigen Jungen.
- 7. Oktober, Flucht: Gewidmet Vlada Patapov, einer jungen Frau, die den palästinensischen Terrorangriff auf das Nova-Festival in Israel am 7. Oktober 2023 überlebte. Das in Mailand entstandene Wandbild zeigt Patapov auf der Flucht zwischen enthaupteten Teddybären. Kurz nach seiner Entstehung wurde das Werk zerstört: Die Täter entfernten den Kopf der Figur und ein Bein.
In einer Erklärung meinte der Künstler, wer immer das Bild »enthauptet« habe, kämpfe nicht für die Befreiung Palästinas. »Diese extremistischen Bewegungen, die unsere Gesellschaft zunehmend radikalisieren, verfolgen ausschließlich das Ziel, in unserer westlichen Demokratie den terroristischen Glauben zu verteidigen.« Die Bilder des Hamas-Massakers seien »zu früh aus dem kollektiven Gedächtnis gelöscht worden und müssten stattdessen weiterverbreitet werden, bis sie sich eingeprägt haben und zu einer Warnung vor der Bedrohung durch islamistischen Terrorismus und religiösen Fundamentalismus werden«.
Freiheit in Gefahr
Auch Palombos Wandgemälde der drei italienischen Holocaustüberlebenden Liliana Segre, Sami Modiano und Edith Bruck wurden beschädigt, ihre Gesichter zerkratzt und die Davidsterne unkenntlich gemacht.
Im Werk Arbeit macht frei, das die ungarisch-italienische Schriftstellerin und Filmregisseurin Edith Bruck porträtiert, wurde der große blaue Davidstern von der israelischen Flagge entfernt, welche ihre Schultern bedeckt, während in Halt! Stoj!, in dem Papst Franziskus und Bruck, Segre und Modiano in der Simpson-Version im typischen Pop-Stil des Künstlers erscheinen, alle gelben Davidsterne unkenntlich gemacht wurden. Dazu wurden die Parole »Israelani Nazi« und ein Davidstern neben einem Gleichheitszeichen und einem Hakenkreuz gesprüht und das Gesicht des Papstes mit schwarzer Farbe übermalt.
Nach der Zerstörung ihres Porträts erklärte die Senatorin auf Lebenszeit Liliana Segre: »Sie haben mir mein Gesicht und meine Identität genommen, sie haben den gelben Stern entfernt, aber die auf meinen Arm tätowierte Nummer gelassen.«
Auf dem Schild, das Papst Franziskus trägt, blieben die Worte »Antisemitismus ist überall erhalten«. (Hier ist alles zu sehen.) Palombo fertigte das Werk schließlich noch einmal an, das nun Teil der Dauerausstellung des Römischen Holocaustmuseums ist. »Kunst ist der höchste Ausdruck von Freiheit und die wiederholten Angriffe auf ein Werk, das zwei Überlebende von Auschwitz darstellt, verdeutlichen, wie sehr der Wert der Demokratie und all unsere Freiheiten in Gefahr sind«, sagte der Künstler.
Das kann man auch an einem anderen Skandal ablesen, als die Vorführung des Films Liliana über Liliana Segre in einem Mailänder Kino im November 2024 kurzfristig abgesagt wurde: »Ich habe nichts gegen Juden«, rechtfertigte sich damals der Betreiber, »aber versetzen Sie sich in meine Lage. Das politische Klima ist angespannt. Ich habe keine Lust, ein Risiko einzugehen.« Jede Woche gebe es Anti-Israel-Proteste in Mailand. Die Vorstellung des Films in seinem Kino würde bei den Demonstranten nicht unbemerkt bleiben. »Wenn sie kommen und alles zertrümmern, wer erstattet mir dann den Schaden?«