Von Stefan Frank
Zum 31. Januar 2019 haben die Vereinigten Staaten ihre Unterstützung der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) völlig eingestellt; das gilt auch für die Unterstützung der Polizeikräfte der PA und Leistungen im Rahmen des amerikanischen Nahrungs- und Entwicklungshilfeprogramms USAID. Damit kommen die USA einer Forderung der Palästinensischen Autonomiebehörde nach, die im Januar angekündigt hatte, ab diesem Stichtag kein Geld aus Washington mehr zu akzeptieren.
Über Jahre hatte die Palästinensische Autonomiebehörde zu den größten Empfängern staatlicher Beihilfen der USA gezählt, von 1994 bis 2018 erhielt sie mehr als fünf Milliarden US-Dollar an bilateralen Zahlungen – die amerikanischen Zahlungen an das Palästinenserhilfswerk UNRWA, die sich allein im Jahr 2017 auf 364 Millionen Dollar beliefen, nicht mitgerechnet.
Die Folgen des Zahlungsstopps sind offenbar in einigen Teilen der Palästinensischen Autonomiegebiete schwerwiegend. Daniel Estrin, der Jerusalem-Korrespondent des öffentlichen amerikanischen Radionetzwerks NPR, berichtet, dass ein Abwasserkanalnetz in Jericho, das bislang bereits „Millionen“ von Dollar gekostet habe, nun in unfertigem Zustand zugeschüttet werde. In Bethlehem werde ein Schulbau, für den 1,4 Millionen Dollar vorgesehen waren, unfertig zurückgelassen. Dave Harden, ein ehemaliger USAID-Missionsdirektor für die West Bank und Gaza, äußerte sich gegenüber der Jerusalem Post empört: „Wer leidet darunter, wenn USAID Schulen und Wassernetze unvollendet lässt? Palästinenser, natürlich, aber auch Israelis und Amerikaner. Die [US-]Regierung hat der Hamas soeben mehr Bewegungsfreiheit gegeben.“ Nabil Abu Rudeineh, ein Sprecher von PA-Präsident Mahmud Abbas, sagte: „Das Aussetzen der Hilfe für unser Volk, wozu auch kritische Sektoren wie Gesundheit und Bildung gehörten, wird einen negativen Einfluss auf uns alle haben, eine negative Atmosphäre schaffen und die Instabilität vergrößern.“
Saeb Erekat, Chefunterhändler bei früheren diplomatischen Verhandlungen mit der israelischen Regierung, klagte in einer Pressemitteilung: „Als Folge der von den USA getroffenen Entscheidung, alle USAID-Projekte in Palästina zu beenden, werden Hunderte von Palästinensern ihre Jobs verlieren.“ Dies sei „ein weiterer Schritt in einer Serie von strafenden und unethischen Maßnahmen, die die Regierung Trump gegen das Volk von Palästina ausführt, um Druck auf dessen Führung auszuüben, unser unveräußerliches Recht auf Selbstbestimmung aufzugeben.“
Damit ist offenbar das Recht gemeint, israelische Zivilisten zu ermorden und die Mörder oder deren Familien mit lebenslangen Renten zu belohnen. Denn das ist der Kern des schwelenden Konflikts zwischen den USA und der Palästinensischen Autonomiebehörde. Seit dem Amtsantritt von US-Präsident Trump geht Washington gegen die Terrorismusfinanzierung mit amerikanischen Geldern vor. Im März 2018 verabschiedete der amerikanische Kongress den Taylor Force Act – benannt nach dem US-Bürger, der im März 2016, als er sich als Tourist in Tel Aviv aufhielt, von einem arabisch-palästinensischen Terroristen ermordet wurde. Taylor Force, ein Veteran der US Army, wurde nur 21 Jahre alt. Der Taylor Force Act verbietet der US-Regierung Finanzhilfen an die Palästinensische Autonomiebehörde (PA), solange diese monatliche Renten an Terroristen oder deren Familien zahlt.
Nur Tage, nachdem der amerikanische Kongress das Gesetz verabschiedet hatte, veröffentlichte die Palästinensische Autonomiebehörde ihren Etat für das nächste Haushaltsjahr und machte darin keine Abstriche bei der Terrorunterstützung. Im Gegenteil rückte sie diese noch stärker in den Blickpunkt: Neu an dem Haushalt war nämlich, dass die Palästinensische Autonomiebehörde zum ersten Mal seit 2014 wieder direkt Geld an die für die Auszahlung der Terroristenrenten zuständige Gefangenenkommission überwies. „Das ist sehr bedeutsam“, sagte Itamar Marcus, der Direktor der Medienbeobachtungsstelle Palestinian Media Watch (PMW). „Zum ersten Mal seit 2014 versucht die PA nicht mehr zu verbergen, dass sie allen inhaftierten Terroristen Gehälter zahlt.“ Weil die Palästinensische Autonomiebehörde (PA), wie sie in den folgenden Monaten unermüdlich betonte, niemals aufhören wird, üppige Renten an in Israel inhaftierte Terroristen und die Familien von getöteten Terroristen („Märtyrern“) zu zahlen, wurde das Gesetz dann schrittweise implementiert.
Die USAID-Hilfen aber wurden nur gekürzt, nicht völlig gestrichen. Dass diese nun ebenfalls ganz wegfallen, hat folgenden Hintergrund: In der zweiten Hälfte von 2018 verabschiedete der US-Kongress einstimmig ein weiteres Gesetz gegen die Belohnung von Morden durch die PA: den Anti-Terrorism Clarification Act (ATCA). Das Gesetz, das am 1. Februar 2019 in Kraft getreten ist, sieht vor, dass ausländische Regierungsmitarbeiter, die amerikanische Staatsgelder jedweder Art annehmen, sich persönlich der US-Rechtssprechung unterwerfen. Das bedeutet, dass auch Beamte der Palästinensischen Autonomiebehörde von Familien amerikanischer Opfer des Terrorismus vor US-Gerichten auf Schadenersatz verklagt werden könnten.
Dieses Risiko wollte die PA nicht eingehen. Rami Hamdallah, der Ministerpräsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, schrieb im Januar an US-Außenminister Mike Pompeo: „Im Lichte dieser Entwicklung informiert die Regierung von Palästina die Regierung der Vereinigten Staaten respektvoll, dass sie ab dem 31. Januar 2019 keine der in ATCA genannten Formen der Unterstützung mehr annehmen möchte.“ Eine Kopie des Briefes wurde dem NPR-Korrespondenten Daniel Estrin zugespielt und von diesem auf Twitter veröffentlicht.
„Wir wollen ihr Geld nicht, wir wollen nichts mit Amerika zu tun haben“, sagt Nabil Shaath, ein Berater von PA-Präsident Mahmud Abbas, als Reaktion auf das Auslaufen von USAID. „Wenn [der amerikanische Präsident Donald Trump] denkt, dass er mit seinem Geld Druck auf uns ausüben kann, dann wird das nicht funktionieren.“ Mit anderen Worten: Weiter die Mörder von Juden zu unterstützen, ist der Palästinensischen Autonomiebehörde wichtiger als der Bau von Schulen und Kläranlagen oder die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln.
„Selbst wenn ich anderenfalls mein Amt aufgeben müsste, würde ich niemals einen Kompromiss eingehen, was das Gehalt eines Märtyrers (Shahid) oder eines Gefangenen betrifft“, hatte Abbas schon 2017 erklärt; er sei „der Präsident des gesamten palästinensischen Volks, darunter die Gefangenen, die Märtyrer, die Vertriebenen und die Entwurzelten“. Im Oktober 2018 erklärte er im offiziellen Fernsehen der PA: „Ich sage das allen – die Gehälter unserer Märtyrer, Gefangenen und Verwundeten sind eine rote Linie. … Seit 1965 ist uns diese Angelegenheit heilig. Die Märtyrer und ihre Familien sind heilig, und so auch die Verwundeten und die Gefangenen. Wir müssen sie alle bezahlen. Solange wir in unseren Händen auch nur einen einzigen Penny haben, ist er für sie bestimmt.“