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Palästinenser kein Hindernis für Beziehung zwischen Saudis und Israel 

Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman
Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman (Imago Images / APAimages)

Im Gegensatz zur palästinensischen Führung stellt der saudische Kronprinz bei der Erwägung eines Friedens mit Israel die Zukunft seiner eigenen Bevölkerung über arabisch-nationalistische Fantasien.

Joseph Epstein 

Unabhängig davon, wie oft sie widerlegt werden, sterben einige alte Vorstellungen nicht aus. So zum Beispiel jene, Israel könne keine normale Beziehungen zu arabischen Staaten aufbauen, bevor der Konflikt mit den Palästinensern nicht gelöst sei. Diese Idee war bis zur Unterzeichnung der von den USA vermittelten Abraham-Abkommen im September 2020, als vier arabische Staaten sich bereit erklärten, ihre Beziehungen zu Israel zu normalisieren, in der amerikanischen Außenpolitik verankert.

Bis dahin war die Aussicht auf herzliche arabisch-israelische Beziehungen im Gegensatz zum kalten Frieden mit Ägypten und Jordanien ohne eine Zwei-Staaten-Lösung für viele undenkbar. Im Jahr 2016 bemerkte der damalige US-Außenminister John Kerry, ohne Frieden mit den Palästinensern werde es »keinen separaten Frieden zwischen Israel und der arabischen Welt« geben. Die Abraham-Abkommen haben diese Auffassung auf den Kopf gestellt.

Doch während ein saudisch-israelisches Normalisierungsabkommen näher denn je ist, obwohl es aktuell keinen Pfad zu einer palästinensischen Eigenstaatlichkeit gibt, sind auch jetzt dieselben Behauptungen aufgetaucht. Noch im vergangenen Jahr erklärte das saudische Außenministerium, dass eine Zwei-Staaten-Lösung die Voraussetzung für eine Normalisierung sei. Die meisten Beobachter des Nahen Ostens wissen jedoch, dass offizielle Erklärungen häufig nicht mit der tatsächlichen Politik übereinstimmen.

Stabilität wichtiger als Palästinenser 

Vor dem Massaker vom 7. Oktober 2023 hatten die Demokraten im amerikanischen Senat die damalige Biden-Regierung dazu gedrängt, Israel stärker als die Saudis unter Druck zu setzen, um Zugeständnisse für die palästinensische Eigenstaatlichkeit zu erreichen. Wie die Nachrichtenplattform Axios damals berichtete, behauptete der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman, er brauche »eine palästinensische Komponente«, um im eigenen Land als auch in der arabischen Welt Unterstützung für ein Abkommen mit dem jüdischen Staat zu erhalten. Was er anstrebte, waren demnach keine echten Zugeständnisse an die Palästinenser, sondern nur deren Anschein.

Der Krieg im Gazastreifen hat an dieser Gleichung nichts geändert. Im September 2024 erklärte Kronprinz bin SalmanBerichten zufolge gegenüber dem damaligen US-Außenminister Antony Blinken, dass er im Rahmen eines Normalisierungsabkommens sechs Monate bis ein Jahr Ruhe im Gazastreifen benötige. Laut Quellen sagte er gegenüber Blinken auch, die palästinensische Sache sei ihm persönlich »egal«.

Für gemäßigte arabische Autokratien wie die Golfstaaten ist die Palästinenserfrage ein Problem. Sie ist das wirksamste Mittel zur Radikalisierung und Mobilisierung in der gesamten arabischen Welt und steht im Mittelpunkt linksnationalistischer und islamistischer revolutionärer Bewegungen in der Region. Gescheiterte Kriege, die Ermordung von Staatsoberhäuptern, Aufstände in Jordanien und im Libanon sowie Huthi-Angriffe auf internationale Schifffahrtswege wurden alle im Namen der palästinensischen Sache durchgeführt.

Für Riad sind jedoch Sicherheitsgarantien und Unterstützung beim geplanten Atomprogramm viel wertvoller als Zugeständnisse an die Palästinenser. Seit Mohammed bin Salman 2017 de facto an die Macht kam, verfolgt er eine »Saudi-first«-Agenda, die darauf abzielt, sein Land zu einem Technologie- und Investitionszentrum zu machen. Er strebt danach, die Abhängigkeit von Ölverkäufen zu verringern und einen von der Religion losgelösten Nationalismus zu fördern, und zwar im Rahmen eines Programms, das als »Vision 2030« bekannt ist. 

In der saudischen Politik hat diese »Vision 2030« oberste Priorität, und um sie zu erreichen, braucht das Land Stabilität. Daher wird das Zentrum der saudi-arabischen Forderungen darin bestehen, Hilfe bei der Abschreckung des Irans zu suchen, der das Königreich seit Jahrzehnten durch Stellvertreterangriffe etwa der Huthi, durch Drogenhandelund die Ausnutzung sektiererischer Fehden innerhalb der schiitischen Gemeinschaft in der östlichen Provinz Saudi-Arabiens direkt bedroht.

Anschein ist wichtig

Traditionell dreht sich die Beziehung zwischen den USA und Saudi-Arabien um einen einfachen Austausch: Die Saudis fördern Öl und verkaufen dieses in Dollar, und Washington sagt im Gegenzug Sicherheitsgarantien zu. Dieses Verständnis änderte sich jedoch, nachdem Barack Obama im Jahr 2008 US-Präsident wurde. Seine Nahostpolitik konzentrierte sich darauf, die Vereinigten Staaten aus der Region herauszuziehen und Saudi-Arabien und den Iran »lernen zu lassen, wie man sich die Region teilt«.

Obamas Nachfolger Joe Biden setzte dessen Außenpolitik fort. Er verärgerte – noch bevor er Präsident wurde – das Königreich zusätzlich, indem er im Jahr 2018 erklärte, Kronprinz bin Salman für die Ermordung des Dissidenten und Washington Post– Kolumnisten Jamal Khashoggi »zum Paria zu machen«. Während Präsident Donald Trump ein viel besseres Verhältnis zu den Saudis hat, bestehen weiterhin Bedenken, dass eine nachfolgende Regierung zur Politik der Obama-Ära zurückkehren könnte.

In künftigen Gesprächen wird Riad wahrscheinlich ernsthafte Sicherheitsgarantien der USA anstreben. In den vergangenen Gesprächen ging es um einen Verteidigungspakt mit der formellen Zusage der USA, das Königreich zu verteidigen, sowie um den Zugang zu fortschrittlicheren US-Waffen. Die Saudis müssen die Gewissheit haben, dass nachfolgende amerikanische Präsidenten ein solches Verteidigungsabkommen nicht kündigen können.

Saudi-Arabien hat in früheren Verhandlungen auf die Unterstützung seitens der USA für ein ziviles Atomprogramm im Golfkönigreich bestanden. Während Riad behauptet, ein solches Programm würde nicht für militärische Zwecke genutzt, erklärte bin Salman, Saudi-Arabien würde »so schnell wie möglich nachziehen«, sollte der Iran eine Atomwaffe erlangen.

Der saudische Kronprinz mag sich zwar nicht für die palästinensische Sache interessieren, weiß aber, dass sie die Massen mobilisieren kann. Daher ist der Anschein echter Zugeständnisse zugunsten der Palästinenser so bedeutsam. Bin Salman ist beliebt und möchte das Vertrauen seiner Bürger nicht verlieren. Die Mehrheit der saudischen Bevölkerung ist jung – mit einem Durchschnittsalter von 29 Jahren –, und viele wurden erst durch den aktuellen Konflikt mit der palästinensischen Sache bekannt und haben Mitgefühl für das Leid der Zivilbevölkerung. Um diese Gruppe für sich zu gewinnen, muss bin Salman vorweisen können, dass er dem palästinensischen Volk geholfen habe.

Zugleich erkennt der saudische de-facto-Herrscher die palästinensische Sache jedoch als das, was sie ist: eine selbstzerstörerische, revolutionäre Ideologie, die dem Traum von der Zerstörung Israels nachjagt. Er hat gesehen, wie sehr sie dem palästinensischen Volk geschadet hat, indem sie es in Armut und mit einer düsteren Zukunft zurückgelassen hat. Im Gegensatz zur palästinensischen Führung wird der saudische Führer bei der Erwägung eines Friedens mit Israel die Zukunft seines Volkes über arabisch-nationalistische Fantasien stellen.

Joseph Epstein ist Forschungsdirektor bei der Stiftung Endowment for Middle East Truth (EMET). Der Text erschien auf Englisch zuerst beim Jewish News Syndicate. Übersetzung von Alexander Gruber.)

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