Nicht nur sind die Hisbollah-Kämpfer im Libanon nun aufgrund ihrer Verletzungen enttarnt, die Terrororganisation ist auch noch ihres Kommunikationsmittels verlustig gegangen und hat erneut mit einer Sicherheitslücke zu kämpfen.
Inzwischen dominiert die erfolgreiche Pager-Attacke Israels auf die Hisbollah alle Schlagzeilen. Auch die Frage, wie dem Mossad dies gelungen ist, scheint beantwortet. Ein israelischer Freund schreibt gerade: »Der Mossad spürte die Lieferung dieser Tausenden von Piepsern auf, konnte jeden einzelnen öffnen und eine dünnen Lage Sprengstoff auf die Batterie legen. Dieses Material explodiert bei einer bestimmten Temperatur. Sie taten dies, ohne entdeckt zu werden. Dann erhöhten sie die Batterietemperatur aller Geräte gleichzeitig.«
Diese Version wird auch vom Clash Report bestätigt; der deutsche Militärblogger U. M. vermutet Ähnliches. Unklar ist, wie viele Hisbollah-Kämpfer bei der Aktion getötet oder verletzt wurden; aktuelle Schätzungen gehen von elf Toten und bis zu viertausend Verletzten aus, davon 200 schwer.
In den letzten Tagen deutete vieles auf eine Eskalation im Libanon hin. Mit der Manipulation ihrer Pager dürften die Gotteskrieger jedoch kaum gerechnet haben. Die Jerusalem Post schreibt:
»Pager so zu manipulieren, dass sie in den Händen von Hunderten Hisbollah-Kämpfern und -Agenten gleichzeitig von Beirut bis Damaskus explodieren, ist offensichtlich etwas, das nicht über Nacht geschieht. Dies zeigt, dass derjenige, der dafür verantwortlich war, das schon lange geplant hatte. Die Botschaft darin ist auch klar: Auch wenn die Hisbollah einen israelischen Angriff erwartet, hat sie kaum eine Vorstellung davon, wie er aussehen wird. (…)
Die Pager-Explosionen vom Dienstag zeigen, dass es auch andere, unkonventionelle Wege gibt, den Feind zu überraschen und sich einen taktischen Vorteil zu verschaffen. Und daraus ergibt sich eine dritte Lehre aus dieser Aktion: Der nächste Krieg wird nie wie der vorherige geführt.«
Längerfristige Auswirkungen
Israel führt also einen asymmetrischen Krieg gegen die Meister der asymmetrischen Kriegsführung. Und so wird die Pager-Attacke Israels auch noch einige längerfristige Auswirkungen haben: Die Hunderten oder gar Tausenden, die in den nächsten Tagen und Wochen mit verbundenen Händen durch den Libanon laufen, sind recht einfach als Hisbollah-Kämpfer identifizierbar.
Damit ist ein Problem der asymmetrischen Kriegsführung, nämlich das Tarnen der gegnerischen Kombattanten durch Zivilkleidung, erst einmal gelöst. Denn so einen Pager besaßen nur militärisch oder politisch in der Hisbollah aktive Personen. Außerdem dürfte es nicht schwierig sein, in Computersysteme libanesischer Krankenhäuser einzudringen und Informationen zu sammeln, wer gestern als Notfall eingeliefert wurde.
Die Attacke ist ein absolutes Desaster für die Hisbollah, der es gerade ohnehin wohl kaum möglich sein dürfte zu kommunizieren, ohne abgehört zu werden. Nun ist die Kommunikation in Teilen vermutlich gar nicht mehr möglich – und ihre besten Kämpfer sitzen auf dem Präsentierteller.
So spricht die Organisation sogar selbst davon, »dass die Explosion der Kommunikationsgeräte im gesamten Libanon die größte Sicherheitslücke darstellt«, die man sich vorstellen kann. Und dies, obwohl die Terrororganisation seit Wochen mit Sicherheitslücken und ihren Auswirkungen konfrontiert und beschäftigt ist.
Der Artikel erschien zuerst bei Jungleblog.
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— Mena-Watch (@MENA_WATCH) September 17, 2024
Die Pflicht zum besonderen Schutz von Diplomaten gemäß Wiener Übereinkommen gilt nur für den Libanon, Israel gegenüber ist er kein Diplomat. Wie auch, wenn der Iran Israel gar nicht anerkennt. Der Libanon hat eventuell seine Schutzpflicht verletzt. https://t.co/ma73AfMbhM
— Ralph Janík (@RalphJanik) September 18, 2024