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»Operation Luxor«: Eine Journalistin kann’s nicht lassen

Bei der »Operation Luxor« kamen auch schwerbewaffnete Polizeieinheiten zum Einsatz, ähnlich diesen hier bei einer internationalen Antiterrorübung. (© imago images/CHROMORANGE)
Bei der »Operation Luxor« kamen auch schwerbewaffnete Polizeieinheiten zum Einsatz, ähnlich diesen hier bei einer internationalen Antiterrorübung. (© imago images/CHROMORANGE)

Im profil will Anna Thalhammer die Hintergründe der »Operation Luxor« aufdecken. Das Ergebnis sind zusammenhanglose Geschichten und vage Andeutungen.

Das »Drehbuch eines Skandals« will Anna Thalhammer in ihrer dieswöchigen Titelgeschichte im Wochenmagazin profil enthüllen. Es ist nicht das erste Mal, dass sich die neue profil-Chefredakteurin mit der sogenannten »Operation Luxor« beschäftigt, dem Ermittlungsverfahren gegen Dutzende mutmaßliche Mitglieder der islamistischen Muslimbruderschaft wegen des Verdachts der Zugehörigkeit zu einer terroristischen Vereinigung und der Terrorfinanzierung. Schon in ihrer Zeit bei der Presse und bei Auftritten in anderen Medien hat sie sich immer wieder zu dem Verfahren geäußert.

Unbestreitbar ist, dass die Bilanz der Ermittlungen bislang mager ist: Mehrere der im November 2020 durchgeführten Hausdurchsuchungen wurden im Nachhinein für rechtswidrig erklärt, die Vorgehensweise der Polizei bei den Durchsuchungen ist wohl zu Recht in Kritik geraten, die Verfahren gegen einige der Verdächtigen wurden eingestellt, weil sich keine Beweise für die gegen sie erhobenen Vorwürfe finden ließen, und bislang wurde keine einzige Anklage erhoben. So weit, so mager.

Zusammenhang? Fehlanzeige

Thalhammer macht sich in ihrem ausführlichen Artikel gar nicht erst die Mühe, sich ernsthaft mit den Ermittlungen und der Frage nach möglichen Fehlern zu beschäftigen, weil sie den Blick aufs große Ganze richtet: Den Anschein erweckend, dass es in Wahrheit nie etwas zu ermitteln gegeben habe, will sie vielmehr belegen, »dass sich Österreich als williger Spielball fremder Mächte missbrauchen ließ«.

Zu diesem Zweck schreibt sie über eine europaweite Bürgerinitiative, die sich 2017 dem Kampf gegen Extremismus verschrieben hatte, der Thalhammer aber vorwirft, im Dienst der Vereinigten Arabischen Emirate (»Die Spur führt in die Emirate«) und Saudi-Arabiens lobbyiert zu haben. Zu diesem Zweck wärmt sie jahrealte Vorwürfe auf und lässt alles beiseite, was nicht in ihre Erzählung passt. Und obwohl sie eigenem Bekunden nach »nur ein Hobby habe: mit Menschen zu reden«, hat sie es nicht der Mühe wert befunden, mit der Person zu sprechen, die sie in diesem Zusammenhang hauptsächlich ins Visier nimmt, dem ehemaligen Grünen-Politiker Efgani Dönmez.

Was das alles mit der »Operation Luxor« zu tun haben soll? Keine Ahnung, Thalhammer verrät es nicht. Auch den Thinktank Hedayah mit Sitz in Abu Dhabi rückt sie in die Nähe anrüchigen Lobbyismus’ für die Emirate. Dass an Hedayah unter anderem auch die USA, die EU, die Türkei und etliche andere Staaten beteiligt sind, unterschlägt sie. Zusammenhang mit den Ermittlungen in Österreich? Null.

Diskreditierung von Experten

Und in dieser Tonart geht es weiter, wobei sie – wieder einmal – vor allem darum bemüht ist, die Wissenschaftler zu diskreditieren, die an dem Verfahren als Sachverständige beteiligt waren.

Den Muslimbruderschaft-Experten Lorenzo Vidino versucht sie als Auftragsempfänger des emiratischen Geheimdienstes anzuschwärzen, weil er für eine Firma mit angeblich entsprechenden Kontakten Dossiers und Memos über die Bruderschaft erstellt hat. Fachlich hat sie gegen seine Arbeit, zu der einige der besten Studien über die Muslimbruderschaft gehören, nichts vorzubringen, außer dass die Personen, die in seinen Studien zum Netzwerk der Muslimbruderschaft in Europa sich »verleumdet« fühlen und von »Rufmord« sprechen. Fakt ist: Keine dieser Personen ist je gegen Vidino auf juristischem Wege vorgegangen, wie es natürlich möglich gewesen wäre, wenn er sie denn wirklich verleumdet hätte.

Und auch die vom Landesgericht Graz zu Gutachtern im »Luxor«-Verfahren bestellten Wissenschaftler Nina Scholz und Heiko Heinisch versucht Thalhammer erneut in ein schlechtes Licht zu rücken. Dieses Mal findet sie es offenbar skandalös, dass Heinisch einen Sitz im wissenschaftlichen Beirat der Dokumentationsstelle Politischer Islam einnimmt, obwohl er und Scholz im »Luxor«-Verfahren letztlich als Gutachter abberufen wurden.

Den Grund dafür nennt Thalhammer nicht: Heinisch hatte sich Jahre vor dem Verfahren in einer Fernsehdiskussion über einen der späteren Beschuldigten geäußert – eine der wenigen Personen in Europa, die sich offen zu ihrer Mitgliedschaft in der Bruderschaft bekannten. Nichts an Heinischs Aussagen war falsch oder auch nur annähernd skandalös, auch wenn das Gericht Jahre später deswegen einen »Anschein von Befangenheit« nicht ausschließen konnte und Heinisch/Scholz deshalb abberufen musste.

Warum das Heinisch als Beiratsmitglied der Dokumentationsstelle Politischer Islam unmöglich machen soll? Wir wissen es nicht, und Thalhammer unternimmt nicht einmal den Versuch einer Begründung. Fest steht: Dass Gerichtsgutachter abberufen werden, kommt immer wieder vor. Das ist beispielsweise auch Bernhard Weidinger, einem Rechtsextremismus-Experten des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands, geschehen. Ist Thalhammer etwa der Meinung, er sei dadurch als Experte diskreditiert, so wie sie das bei Heinisch offenbar glaubt?

Es war einmal … das profil

Pikant ist, was Thalhammer den profil-Lesern verschweigt: Wegen der Falschbehauptungen, die sie selbst in der Vergangenheit über Heinisch und Scholz verbreitet hat, haben die beiden die Presse wegen übler Nachrede verklagt. Das Verfahren endete mit einem Bauchfleck für Thalhammer: Die Presse hst einen Vergleich angenommen, bei dem sie alle Kosten des Verfahrens übernimmt und den beiden Wissenschaftlern eine Entschädigung zahlt.

Thalhammers angebliches »Drehbuch eines Skandals« ist kaum mehr als eine Aneinanderreihung von Geschichten, die vielfach mit der »Operation Luxor« in keinem nachvollziehbaren Zusammenhang stehen, von Diskreditierungs- und Skandalisierungsversuchen sowie bedeutungsschweren Andeutungen, deren Folgen oder erhoffte Konsequenzen aber unausgesprochen bleiben. Statt zu belegen, legt Thalhammer nahe, das dafür aber reichlich vage. Dass jemand, der so arbeitet, sich über die Qualität der Ermittlungen zur »Operation Luxor« echauffiert, ist fast schon unfreiwillig komisch.

Das profil war einmal berühmt für seine faktengesättigten Aufdeckergeschichten, die manchmal die Republik erschüttert haben. Was Thalhammer diese Woche vorgelegt hat, hat damit nichts zu tun. Sollte dies das neue Niveau des profil sein, ist es um die Zukunft des Magazins schlecht bestellt.

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