Geht es nach dem Abgeordneten der linksradikalen Partei La France Insoumise Thomas Portes, sind israelische Sportler bei den Olympischen Spielen in Paris nicht willkommen.
Die israelische Fluggesellschaft El Al hat einen bewegenden Werbespot anlässlich der Olympischen Spiele in Paris produziert: Beginnend mit einer Ansicht von hinten auf ein Passagierflugzeug in der Luft, der Davidstern auf dem Höhenruder gut sichtbar, schwenkt der Blick in die Kabine, in der ein junger, kahlrasierter Mann aus dem Fenster blickt und in die Sonne blinzelt. Aus dem Off ertönt die Durchsage des Piloten: »Liebe Passagiere, in Kürze werden wir auf dem Charles-de-Gaulles-Flughafen landen.«
Jetzt sind die anderen Passagiere zu sehen, junge Männer und Frauen in weißen Trainingsanzügen mit dem Emblem des israelischen Staates und Ausweisen an Bändern um den Hals: die israelische Olympiamannschaft. Viele tragen Anstecknadeln mit der gelben Schleife am Revers – (nicht nur) in Israel ein Zeichen der Solidarität, das die Forderung nach der sofortigen Rückkehr der Geiseln des 7. Oktober zum Ausdruck bringt.
Ein Steward und eine Stewardess gehen durch den Gang. Die Durchsage des Piloten geht weiter: »Wir möchten den israelischen Athleten viel Glück wünschen.« Der glatzköpfige Mann bedankt sich mit einem Kopfnicken beim Bordpersonal, dann blickt er wieder aus dem Fenster. Diesmal ist eine Kamera außerhalb des Flugzeugs auf sein Gesicht gerichtet.
Schnitt: Der Place de l’Etoile mit dem Triumphbogen von oben. Paris. Es beginnt ein von einer Männerstimme gesungenes hebräisches Lied, das sich bis zum Ende des Spots fortsetzt. Schnitt. Ein blauer Bus fährt um den Triumphbogen herum. Die nächste Szene zeigt ein zweigeteiltes Bild: Links ein Polizeiauto mit Blaulicht und ein französischer Polizist, erkennbar an der typischen Dienstmütze. Links im Hintergrund die israelische Flagge, die inmitten jener der anderen Nationen gut sichtbar an einem Fahnenmast weht.
Auf der rechten Seite aufgebrachte Demonstranten hinter einem Sperrgitter, das von Polizisten bewacht wird. Sie halten Schilder mit dem Peace-Zeichen und den Aufrufen »No!«, »Stop« oder »Lives matter« in die Höhe. Ein Mann mit einem schwarzen T-Shirt, auf dem das Symbol der anarchistischen Faust abgebildet ist, brüllt in ein Megafon; andere schreien in Richtung des Busses und recken wütend die Fäuste in die Luft.
Der glatzköpfige Mann blickt aus dem Fenster des Busses auf die Demonstranten. Die rote Schrift »No!« spiegelt sich im Fenster des Busses. Das spiegelverkehrte »N« ist genau über seinem Gesicht, so, als hätte es jemand durchgestrichen. Während der hebräische Gesang weiterhin erklingt, hört man unverständliches Gebrüll der Demonstranten.
Großaufnahme auf das Gesicht einer jungen Athletin im Bus, die sich bewusst vom Fenster abwendet, dann ein Rückblick in die Heimat: Schnitt auf das Bild einer israelischen Nachrichtensendung, welche die Szene mit den Demonstranten und den Polizisten zeigt. Ein Fernsehsprecher aus dem Off kommentiert: »Es gibt Proteste gegen Israels Beteiligung an den Spielen.«
Schnitt auf drei junge, bärtige Männer, die gerade um einen Tisch sitzen und sich unterhalten, nun aber auf den Fernseher starren. Ein Journalist auf einer Pressekonferenz sagt: »Aber Sie repräsentieren Ihr Land!« Der Glatzköpfige im Trainingsanzug des israelischen Teams – mit gelber Schleife – antwortet: »Ja, das tue ich.«
Das gleiche Bild ist nun, versehen mit der hebräischen Schrift eines israelischen Nachrichtensenders, im Display eines Smartphones zu sehen. Es wird von einem der bärtigen Männer aus der vorhergehenden Szene gehalten. Sie sitzen in einem israelischen Taxi. Am Telefon spricht der israelische Athlet weiter: »Und ich kann es nicht erwarten, mit einer Medaille nach Hause zu kommen. Nächste Frage bitte.«
Schnitt. Man sieht das Taxi von außen, das am Flughafen hält. Schnitt. Das Tennisstadion Roland Garros in Paris. Nun ist der Ascheplatz zu sehen. Der Stadionsprecher verkündet die Namen der Kontrahenten. Der glatzköpfige Mann – er spielt also Tennis – wird vorgestellt: »Guy Sasson aus Israel.« Das Publikum bricht in laute Buhrufe und Pfiffe aus.
Schnitt. Der bärtige Mann, nun mit einer sichtbaren Kippa, steigt aus einem Flugzeug von EL Al und verabschiedet sich vom Bordpersonal. In Großaufnahmen wird nun gezeigt, wie der Tennisspieler Guy Sasson sich eine blaue Schirmmütze aufsetzt und die Saiten des Schlägers prüft. Dann sieht man den unteren Teil eines Rollstuhls, der über den braunen Ascheplatz rollt, dazu einen orangefarbenen Tennisschläger.
Im Rollstuhl sitzt, wie man nun erkennt, jener Guy Sasson. In einer raschen Abfolge von Schnitten wird gezeigt, wie er den Ball auf dem Boden aufprallen lässt. Dann sein konzentriertes Gesicht in Richtung Gegner. Im Moment seines Aufschlags ruft der bärtige Mann aus dem Publikum: »Guy, wir lieben dich!« Er trägt ein blaues T-Shirt wie alle anderen, manche auch blaue Schirmmützen wie Sasson.
Die Zuschauer mit den blauen Shirts springen nun auf und skandieren »Israel, Israel«, schwenken israelische Flaggen. Sasson nickt und zeigt mit dem Schläger auf das israelische Emblem auf seinem Trikot. Dann macht er seinen Aufschlag und fegt mit dem Rollstuhl über den Platz, während er alle Bälle des Gegners pariert. Am Ende macht er den Punkt und die Menge bricht in Jubel aus.
Der bärtige Mann sagt in die Kamera: »Mit uns seid ihr niemals allein.« Eine Frauenstimme aus dem Off ergänzt: »EL Al, die offizielle Airline des israelischen Paralympics-Team, bildet das Team Spirit, um zu jubeln und dafür zu sorgen, dass sich die Athleten in Paris wie zu Hause fühlen.«
Israelische Sportler nicht willkommen
Der Spot wurde sicherlich schon vor vielen Monaten geplant und gibt, was die feindseligen Demonstranten betrifft, doch die aktuelle Situation wieder. »Nein, die israelische Delegation ist in Paris nicht willkommen. Die israelischen Sportler sind bei den Olympischen Spielen in Paris nicht willkommen«, sagte Thomas Portes, Abgeordneter der linksradikalen Partei La France Insoumise (LFI), letzten Samstag bei einer Anti-Israel-Kundgebung in Paris, wenige Tage vor der Eröffnung der Olympischen Spiele am 26. Juli und dem Fußballspiel von Israels U-23-Mannschaft gegen Mali am 24. Juli im Pariser Parc des Princes.
Der Abgeordnete aus Seine-Saint-Denis rief dazu auf, »den Termin« der Spiele und »alle Hebel«, die den Demonstranten zur Verfügung stehen, »zu nutzen, um Mobilisierungen zu schaffen« – und das zweiundfünfzig Jahre nachdem palästinensische Terroristen bei den Olympischen Spielen in München elf israelische Athleten und einen deutschen Polizisten ermordet hatten.
Nach einer Welle der Empörung, die Portes ausgelöst hatte, nahm der Abgeordnete seine Äußerungen am Sonntag gegenüber der Zeitung Le Parisien teilweise zurück und erklärte, er verteidige eine »klare und konstante« Position der LFI: »Ich bin der Meinung, dass die französische Diplomatie Druck auf das [Internationale Olympische Komitee] ausüben muss, damit die israelische Flagge und Hymne während dieser Olympischen Spiele nicht zugelassen werden, wie es bei Russland der Fall ist.« Es müsse »Schluss sein mit doppelten Standards«.
München 1972 nicht vergessen
Der ehemalige sozialistische Abgeordnete Julien Dray schrieb auf X: »Thomas Portes ist ein Brandstifter. Er will nur Hass und Gewalt schüren. Für ihn ist jeder Israeli, jeder Jude ein Gegner, den es zu bekämpfen gilt!«
Der ehemalige Abgeordnete der Republikaner Meyer Habib, der bei den Parlamentswahlen seinen Sitz verlor, kommentierte: »LFI ist eine antisemitische Partei! Der Abgeordnete Thomas Portes ist ein antisemitischer Schurke! Er hat den Hass auf Israel und die Juden in sich! 52 Jahre nach der Ermordung von elf israelischen Sportlern in München durch seine Gurus des Schwarzen Septembers! Er drängt auf eine Wiederholung bei uns in Paris im Jahr 2024! Die Volksfront, haben Sie mir gesagt? Das ist die antisemitische Front!«
»Die israelischen Sportler sind natürlich in Paris willkommen, wie alle Sportler der Welt. Nicht für das, was sie sind, sondern für das, was sie tun«, schrieb der sozialistische Abgeordnete Jérôme Guedj. Yonathan Arfi, Präsident des Repräsentativen Rats der jüdischen Institutionen Frankreichs (CRIF), kommentierte: »Unanständigkeit von Thomas Portes! 1972: Bei den Olympischen Spielen in München werden elf israelische Sportler von palästinensischen Terroristen ermordet. 2024: LFI fordert den Ausschluss israelischer Athleten von den Olympischen Spielen in Paris. Seit dem 7. Oktober legitimiert Thomas Portes die Hamas. Er platziert nun eine Zielscheibe auf dem Rücken israelischer Athleten, die ohnehin schon die am stärksten gefährdeten bei den Olympischen Spielen sind. Unverantwortlich.«
»Niemand hat München 1972 vergessen. Wenige Tage vor der Eröffnung der Olympischen Spiele tragen die hasserfüllten Äußerungen von Thomas Portes dazu bei, die Sicherheit der israelischen Delegation und von Paris 2024 zu gefährden«, schrieb die Präsidentin der Region Okzitanien, Carole Delga (Parti Socialiste, PS) auf X. »Wieder einmal unverantwortlich und unwürdig.«
In einer Fernsehdiskussion des privaten Nachrichtensenders BFM TV verteidigte der LFI-Abgeordnete Aurélien Coq aus Nordfrankreich, ein junger Mann mit Pferdeschwanz, Nickelbrille und Trotzki-Bart, Portes’ Äußerungen, indem er Parallelen zu Russland und Südafrika unter der Apartheid zog und behauptete, Israel habe im Gazastreifen 40.000 Menschen getötet, weswegen es ein Waffenembargo geben müsse und die israelische Flagge in Paris nicht gezeigt werden dürfe. Die israelischen Sportler könnten ja unter der Olympiaflagge antreten.
Am Ende seiner Auslassungen warf ihm der Moderator vor, eine »Obsession« mit Israel zu haben; die »verprügelten iranischen Frauen« interessierten ihn hingegen nicht. Worauf Le Coq lediglich zu antworten wusste, »absolut kein Freund des iranischen Regimes« zu sein.
Arabischer Schwimmer für Israel
Währenddessen bereitet sich der Schwimmer Adam Mara’ana auf seine Teilnahme in der Disziplin »100 Meter Rücken« vor. Er ist Araber, Israeli und Jude. Seine Mutter ist Jüdin aus Russland, sein Vater Israeli aus einem arabischen Dorf bei Haifa. Adam Mara’ana ist laut dem Fernsehsender France Info der erste Araber seit 1976, der im Namen Israels zbeiu Olympischen Spielen antritt. »Ich spreche Russisch, ich verstehe es sogar sehr gut. Ich verstehe auch Arabisch, aber mein Arabisch ist nicht so toll, weil ich es in letzter Zeit nicht oft gesprochen habe. Was die Religion angeht, habe ich alles getan, um Jude zu sein, die Bar Mitzva und solche Sachen, aber das spielt für mich keine Rolle.«
Seine plötzliche Bekanntheit will Mara’ana nutzen, um eine Botschaft zu verbreiten: »Araber sind Mitglieder der israelischen Gesellschaft und die Menschen müssen wissen, dass sie das Land nach außen hin repräsentieren können.« Als arabischer Athlet in Israel habe man nicht dieselben Möglichkeiten wie andere, erklärt der Profi: »In den Dörfern gibt es kein Bewusstsein dafür, zum Beispiel ein Schwimmbad oder ein Leichtathletik- oder Basketballstadion zu bauen. Es ist nicht etwas, das man sich als möglich vorstellt.«
Adam Mara’anas jüngere Schwester träumt von einer Teilnahme an den Olympischen Spielen, wie sie gegenüber France Info erzählt. Die 16-jährige Ella bereitet sich bereits auf die Sportschießen-Wettbewerbe für die Spiele 2028 in Los Angeles vor. »Ich versuche es. Ich glaube, dass auch ich eines Tages an den Olympischen Spielen teilnehmen könnte. Alles ist möglich, wenn du nur hart genug arbeitest.« Und zu ihrem Bruder gewandt: »Vielleicht machen wir es sogar zusammen.« Ella und Adam wären dann, wie France Info schreibt, »das erste arabische Geschwisterpaar, das Israel bei den Olympischen Spielen vertreten würde«.
Only Israel. No other country faces such immense, relentless threat of terror! https://t.co/Cvik2E0hgM
— Arsen Ostrovsky 🎗️ (@Ostrov_A) July 24, 2024