Letzte Woche hatte ich die Gelegenheit, einer Veranstaltung mit den drei außenpolitischen Sprechern der Regierungsparteien Andreas Minnich (ÖVP), Petra Bayr (SPÖ) und Veit Dengler (Neos) beizuwohnen.
Eine meiner Fragen an die Abgeordneten war, wie Österreich sich in Bezug auf den gegen Israels Premierminister Benjamin Netanjahu gerichteten Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) verhalten solle, den dessen – wegen sexuellen Missbrauchs selbst in den Fokus von Ermittlungen gerückte – Chefankläger Karim Khan beantragt hatte. Deutschlands frühere Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte bekanntlich erklärt, Deutschland müsste ihn befolgen; später hieß es vonseiten des jetzigen Bundeskanzlers Merz, man würde ihn ignorieren.
Ohne auf die juristische Fragwürdigkeit des Haftbefehls einzugehen, gab mir Veit Dengler klar zu verstehen, dass er in jedem Fall auszuführen wäre. Petra Bayr pflichtete ihm bei, während sich Andreas Minnich dazu nicht äußerte.
Auf die Vorwürfe gegen Khan angesprochen, dieser habe seine Ermittlungen gegen Israel aus politischen Motiven und auch deswegen so forsch vorangetrieben, um von seinem eigenen Sexskandal abzulenken, ergänzte der Neos-Abgeordnete, dass es umgekehrt auch die Behauptung gäbe, die Beschuldigungen gegen den IStGH-Ankläger seien erst eine Folge des Haftbefehls gewesen.
Meiner Bemerkung, dass man aus den Stellungnahmen das Interesse Österreichs an einem freiwerdenden Sitz im UN-Sicherheitsrat heraushöre, wurde nicht widersprochen. Österreichs Außenministerin Beate Meinl-Reisinger hatte ja sich bereits vor einiger Zeit diesbezüglich in Stellung gebracht mit ihrer bei vielen UNO-Staaten und -Institutionen bestimmt nicht ungern gehörten Behauptung, auch Israel würde bei seinem Krieg gegen die Hamas das Völkerrecht brechen.
Nur kurze Solidarität
Angesichts dessen musste ich an das Regierungsprogramm, dessen Vorgeschichte und sein letztliches Zustandekommen denken. Anfang dieses Jahres wurden Details aus den später gescheiterten Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ bekannt, wodurch klar wurde, dass unter anderem die Fortsetzung der proisraelischen Außenpolitik, die von der aus Grünen und ÖVP bestehenden Vorgängerregierung betrieben wurde, an einem Veto der FPÖ scheitern würde.
Im Bereich der Außenpolitik lehnte die FPÖ etwa »die Fortführung der Israelpolitik als Staatsräson«, den Satz »Österreich hat besondere, historische Verantwortung« oder das »Bekenntnis zu Israel als jüdischem und demokratischem Staat« ab. Auf rot gestellt und damit als ungelöst gekennzeichnet wurde von der FPÖ auch der Punkt, dass Österreich Resolutionen gegen Israel in internationalen Organisationen wie der UNO nicht mittragen werde. Von beiden Parteien war lediglich die Unterstützung einer »Zwei-Staaten-Lösung Israel/Palästina« auf grün gestellt worden.
Das Regierungsprogramm der nach dem Scheitern der ÖVP-FPÖ-Verhandlungen schließlich gebildeten Koalition aus ÖVP, SPÖ und Neos macht ebenfalls einen gegenüber dem ursprünglichen Entwurf abgeschwächten Eindruck. Von der Bekämpfung des Antisemitismus etwa ist lediglich in einem Atemzug mit dem Schutz anderer Minderheiten die Rede als »Kampf gegen die Verfolgung von Minderheiten, gegen Rassismus, Antisemitismus sowie die Verfolgung von Personen, die der LGBTIQ-Community angehören«.
Zum jüdischen Staat heißt es kurz und knapp: »Klares Bekenntnis Österreichs zu weiterhin engen bilateralen Beziehungen mit Israel und dessen Sicherheit bilateral und in internationalen Foren. Österreich wird sich für eine Friedenslösung im Nahen Osten einsetzen.« Von der »Israelpolitik als Staatsraison« und »Österreichs historischer Verantwortung«, wie Altbundeskanzler Karl Nehammer es in den Verhandlungen mit der FPÖ verankern wollte, ist in der Dreierkoalition unter der Führung des neuen ÖVP-Obmanns Christian Stocker keine Rede mehr.
Die Solidarität der österreichischen Bundesregierung mit Israel am und nach dem 7. Oktober 2023 scheint also nur ein kurzes Aufflammen gewesen zu sein. Insofern waren die Aussagen – und die unterlassenen – der außenpolitischen Sprecher der drei Regierungsparteien nicht weiter überraschend. Ich hätte es wissen müssen, die Luft wird kälter. Warm anziehen oder in den Süden ziehen?






