Die von der renommierten Zeitung New York Times untersuchten Aufzeichnungen bieten den bisher detailliertesten Beweis für das Ausmaß der Verwicklung von UNRWA-Mitarbeitern in den Hamas-Terror.
Das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA), die UN-Agentur, die hauptsächlich für Bildung und soziale Dienste im Gazastreifen zuständig ist, beschäftigte eine Reihe von Hamas-Mitglieder, wie die New York Times (NYT) am Samstag bestätigte, fast ein Jahr nachdem dies erstmals von Israel aufgedeckt worden war.
Offenes Geheimnis
Für ihren Bericht forderte die US-Zeitung von Israel speziell auf UNRWA-Schulmitarbeiter bezogene Dokumente an, nachdem Israel eine Liste von hundert Mitarbeitern der Agentur verteilt hatte, die als Terroristen tätig waren. Durch die Analyse dieser Dokumente, die Israel während seines Militäreinsatzes im Gazastreifen konfisziert hatte, sowie durch Interviews mit aktuellen und ehemaligen UNRWA-Mitarbeitern, Bewohnern und ehemaligen Schülern konnte die New York Times eruieren, dass »mindestens 24 bei der UNRWA beschäftigte Personen – in 24 verschiedenen Schulen« der Hamas oder dem Palästinensischen Islamischen Dschihad (PIJ) angehört hatten.
Die Mehrheit davon »waren leitende Verwaltungsangestellte an den Schulen – Schulleiter oder stellvertretende Schulleiter, der Rest waren Schulberater und Lehrer, wie aus den Dokumenten hervorgeht. Fast alle der mit der Hamas verbundenen Pädagogen waren laut den Unterlagen Kämpfer in den Qassam-Brigaden«, den militärischen Verbänden der Hamas, berichtete die Zeitung.
»Die beschlagnahmten Aufzeichnungen – in Verbindung mit Interviews mit derzeitigen und ehemaligen UNRWA-Mitarbeitern, Bewohnern und ehemaligen Schülern in Gaza – bieten den bisher detailliertesten Beweis für das Ausmaß der Präsenz der Hamas in UNRWA-Schulen. In mehreren Fällen blieben Pädagogen beim Hilfswerk beschäftigt, selbst nachdem Israel schriftlich davor gewarnt hatte, dass sie Kämpfer seien«, hält die NYT fest.
In den Interviews mit Einwohnern des Gazastreifens habe sich bestätigt, »dass es ein offenes Geheimnis gewesen sei, dass die Hamas Agenten in UNRWA-Schulen hatte. Ein Lehrer auf Israels hundert Personen zählenden Liste wurde regelmäßig nach Feierabend in Hamas-Kampfanzügen mit einer Kalaschnikow gesehen«, gibt die NYT die von ihr geführten Interviews wieder.
Einer der in der NYT-Reportage porträtierten Personen ist der stellvertretende Schulleiter an einer von der UNRWA geführten Grundschule in Gaza, Ahmad al-Khatib, der zugleich Hamas-Funktionär in Khan Yunis war und Truppenkommandeur mit »mindestens einem Dutzend Waffen, darunter eine Kalaschnikow und Handgranaten«, wie aus detaillierten Hamas-Dokumenten hervorgeht. Die Aufzeichnungen zeigen, dass die Hamas Schulen und andere zivile Einrichtungen als »die besten Hindernisse zum Schutz des Widerstands« in seinem Terrorkrieg gegen Israel ansah, wie die renommierte New Yorker Zeitung schreibt.
Ohne Konsequenzen
Aus den israelischen Dokumenten gehe zwar nicht hervor, ob alle 24 Pädagogen an aktiven Kampfhandlungen teilgenommen haben, aber die Aufzeichnungen deuten darauf hin, dass mindestens ein Drittel von ihnen die Mittel dazu erhalten hat. »Nehmen wir zum Beispiel Mustafa al-Farra und Ayman al-Alami, die als UNRWA-Lehrer in Jabalia und Khan Yunis aufgeführt sind. In mehreren von Israel beschlagnahmten Personaldokumenten der Qassam-Brigaden werden sie separat als Kämpfer aufgeführt. Darüber hinaus geht aus Unterlagen mit dem Briefkopf des militärischen Hamas-Flügels hervor, dass al-Farra eine AK-47 erhalten hat, während al-Alami 2023 an einem Hamas-Schulungskurs zum Abschuss von Raketen teilgenommen hat.«
Der in der UNRWA-Datenbank als Schulleiter der Khuza’a Prep Boys School aufgeführte Naji Abu Aziz wird in den vom israelischen Militär zur Verfügung gestellten Unterlagen als Mitglied der Chemieeinheit der militärischen Produktionsabteilung der Hamas aufgeführt. In Aziz’ Fall hatte Israel die UNRWA schon im Jahr 2011 darüber informiert, dass ihr Pädagoge Hamas-Aktivist sei. Die UNRWA leitete zwar eine Untersuchung ein, erklärte jedoch in einem Schreiben an Israels Außenministerium, ohne weitere Beweise nichts unternehmen zu können.
In anderen Fällen entließ das Hilfswerk die von ihr beschäftigten Hamas-Aktivisten auch dann nicht, wenn Tunnel unter oder neben ihren Schulen entdeckt wurden. Im Jahr 2017 etwa fand das UN-Hilfswerk einen unter der Maghazi Prep B Boys School im Zentrum von Gaza verlaufenden Tunnel. Die Behörde gab damals an, dass sie bei der Hamas wegen des Tunnels protestiert und die Eingänge versiegelt habe.
Aus den nun von der NYT analysierten Unterlagen geht hervor, dass der Schulleiter der Schule, Khaled al-Masri, Hamas-Mitglied ist, dem ein Sturmgewehr und eine Handfeuerwaffe ausgehändigt wurden, und der auf seinem Facebook-Profil vor einem Hamas-Banner posiert. Al-Masri ist nach wie vor bei der UNRWA beschäftigt, auch wenn eine Untersuchung gegen ihn läuft – wegen Fehlverhaltens in den sozialen Medien.
Nicht nur ein paar faule Äpfel
Die Hamas nutzte UNRWA-Schulen nicht nur innerhalb der Grenzen des Gazastreifens. So berichtete die NYT, dass die Terrorgruppe im September den Tod ihres Führers im Libanon bekannt gab. Fatih al-Sharif wurde am 30. September bei einem Luftangriff in der Region Tyre im Süden des Landes getötet. Die NGO UN Watch gab damals bekannt, dass al-Sharif zugleich Direktor der von der UNRWA betriebenen Deir Yassin Secondary School in El-Buss war und die UNRWA-Lehrergewerkschaft im Libanon leitete, die 39.000 Schüler in 65 Schulen betreute.
Im Laufe des vergangenen Jahres hat Israel aufgedeckt, dass die UNRWA Hunderte von Terroristen beschäftigt. Im Juli veröffentlichte das israelische Außenministerium eine laut eigenen Angaben unvollständige Liste mit den Namen und Personalnummern von 108 UNRWA-Mitarbeitern, die für die Hamas arbeiteten. Die umfassendere Liste konnte aus Sicherheitsgründen nicht veröffentlicht werden, so das Ministerium. »Wir haben zahlreiche Beweise dafür vorgelegt, dass die UNRWA Hand in Hand mit der Hamas arbeitet«, sagte David Mencer, der Sprecher des Büros des israelischen Premierministers, und bezog sich dabei auf die Serverfarm der Hamas, die unter dem UNRWA-Hauptquartier in Gaza-Stadt entdeckt worden war sowie auf die Tunnel der Hamas unter UNRWA-Schulen im Gazastreifen.
Im Oktober stimmte die Knesset für ein Verbot der UNRWA-Tätigkeiten in Israel, wobei das Außenministerium die Flüchtlingsorganisation als »verrottet« bezeichnete. »Es handelt sich nicht nur um ein paar faule Äpfel, wie UN-Generalsekretär [António] Guterres zu behaupten versucht. Die UNRWA in Gaza ist ein verrotteter Baum, der vollständig mit terroristischen Aktivisten infiziert ist«, so das Ministerium.