Neuwahl in Israel: Lieberman gegen die Ultraorthodoxen

Neuwahl in Israel: Lieberman gegen die Ultraorthodoxen
Avigdor Lieberman: Konflikt mit Haredim als erfolgreiche Strategie?

„Seit vielen Jahren ist die Linke der übliche Boxsack für rechte Politiker, die ihre Basis mobilisieren wollten. Tatsächlich werden Linke, die im Hebräischen als ‚Smolanim‘ bekannt sind, vom Großteil der israelischen Öffentlichkeit nicht gemocht. Sie werden mit einem gescheiterten Friedensprozess, mit schwacher Sicherheitspolitik und mit Naivität in Verbindung gebracht. In der israelischen Politik ist ‚Smolani‘ oft gleichbedeutend mit unzuverlässig und unpatriotisch.

Das Manöver wird langsam langweilig. Die israelische Linke ist geschlagen und marginalisiert. Die Öffentlichkeit hat sich vor langer Zeit nach rechts bewegt. Die jüngste Wahl war überwiegend eine Auseinandersetzung zwischen dem Likud und einer aufstrebenden Mitte-Rechts-Partei namens Blau und Weiß. Die alten Parteien der Linken konnten insgesamt nur 10 Sitze erringen. Ja, ‚Smolani‘ wird immer noch als Beleidigung potenziellen Konkurrenten an den Kopf geschleudert, aber mit zunehmend weniger Leidenschaft. Die Rechte mag keine Linken – aber von denen sind kaum mehr welche übriggeblieben.

Vielleicht ist das der Grund dafür, dass Herr Lieberman beschlossen hat, auf ein anderes Thema zu setzen und die ultra-orthodoxen Parteien ins Visier zu nehmen.

Tatsächlich sind Haredim noch unbeliebter als Linke: Laut Umfragen des Jewish People Policy Institute, an dem ich beschäftigt bin, sagen nur 20 Prozent der jüdischen Israelis, dass Haredim einen ‚sehr positiven Beitrag‘ zu Israel leisten, während fast die Hälfte sagt, dass ihr Beitrag zu Israel ‚negativ‘ ist.

Haredim sind nicht nur deshalb unbeliebt, weil sie nicht im Militär dienen und weil ihre Politiker die Regierungskoalition als Geisel halten, sondern auch, weil ihre Beteiligung am Arbeitsmarkt gering ist und sie weniger Steuern zahlen als andere Gemeinschaften. Und natürlich, weil sie anders sind. Sie tragen schwarze Hüte, leben in abgegrenzten Stadtvierteln und wirken radikal, veraltet und manchmal einfach nur verrückt. (…)

Indem er die Rechts-Haredi-Koalition sabotiert und eine Neuwahl verursacht, stellt Herr Lieberman den Wählern auf der rechten Seite eine Frage: Wen mögen sie weniger: die Smolanim oder die Haredim? Herr Netanyahu setzt auf den alten Kampf gegen die Linken, Herr Lieberman entschied sich, auf den politischen Kampf gegen die Ultra-Orthodoxen zu setzen.

Es könnte sein, dass er damit einen Punkt getroffen hat. Es gibt für Israelis kaum mehr einen Grund, sich vor den Linken zu fürchten. Aber es gibt guten Grund zur Sorge, wie die Ultra-Orthodoxen ihre Macht missbrauchen können. Es ist an der Zeit, dass jemand mit politischem Einfluss diesen Punkt anspricht und versucht, den ultra-orthodoxen Einfluss auf das öffentliche Leben und die Politik Israels einzudämmen. Es bleibt abzuwarten, ob es sich dabei um eine erfolgreiche politische Strategie handelt.“ (Shmuel Rosner: „Netanyahu Won the Election. Why Is Israel Doing It Over?“)

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