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Neuer Entwurf für tunesische Verfassung

Protest gegen den Verfassungsentwurf des tunesischen Präsidenten Saied
Protest gegen den Verfassungsentwurf des tunesischen Präsidenten Saied (© Imago Images / ZUMA Wire)

Nach heftiger Kritik am Verfassungsentwurf, der vom tunesischen Präsidenten Anfang Juli präsentiert wurde, liegt nun eine revidierte Fassung vor.

Am 8. Juli ließ der tunesische Präsident Kais Saied im staatlichen Amtsblatt einen weiteren Entwurf zu einer neuen Staatsverfassung veröffentlichen, in dem zwei Artikel, die besonders umstritten waren, geändert wurden.

Artikel 5 befasst sich mit dem Islam, der in der früheren Verfassung als Staatsreligion festgelegt war. Saied hatte in dem Anfang Juli vorgelegten Entwurf den Begriff »Staatsreligion« entfernt und ihn ersetzt durch die Formulierung »der Zugehörigkeit des Staates zu einer Umma, deren Religion der Islam ist«. Diese Definition wurde im aktuellen Entwurf ergänzt durch den Zusatz »innerhalb eines demokratischen Systems«.

Artikel 55, der die in der Verfassung garantierten Rechte und Freiheiten beinhaltet, wurde nun dahingehend verändert, als diese Rechte und Freiheiten nur durch ein Gesetz oder eine »von einer demokratischen Ordnung auferlegten Notwendigkeit« eingeschränkt werden dürfen, allerdings nur, »um die Rechte anderer zu schützen« oder wenn es für die »öffentliche Sicherheit, die nationale Verteidigung oder die öffentliche Gesundheit« notwendig ist.

Zug zur Autarkie

Abgesehen von diesen Änderungen hält Saied an der sukzessiven Ausschaltung des demokratischen Systems zugunsten einer autokratischen Regierungsform fest. Am vielleicht deutlichsten wird Saieds Anspruch auf die alleinige Macht im Land in jenem Artikel des Verfassungsentwurfs, der es dem Präsidenten erlaubt, »im Falle einer drohenden Gefahr seine Amtszeit zu verlängern«.

Schon jetzt liegen die politischen Entscheidungen einzig beim Präsidenten, unterstützt von einem Regierungschef, der wiederum vom Präsidenten und nicht vom Parlament ernannt wurde. Das gibt Saied die Möglichkeit, quasi am Parlament vorbei zu regieren, dessen Rechte auch im vorliegenden Entwurf erheblich eingeschränkt werden. Schon in der Vergangenheit hatte Saied per Dekret große Teile der parlamentarischen Aufgabenbereiche außer Kraft gesetzt.

Am 25. Juli wird die tunesische Bevölkerung über die neue Verfassung abstimmen.

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