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Neue Zukunft für Israels Drusen nach Sturz von Assad

Der geistige Führer der Drusen in Israel, Mowafaq Tarif, bei einer Konferenz am Hudson Institute in Washington
Der geistige Führer der Drusen in Israel, Mowafaq Tarif, bei einer Konferenz am Hudson Institute in Washington (Quelle: JNS)

Die Entmachtung des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad und seines Regimes öffnet der drusischen Gemeinschaft auf den israelischen Golanhöhen neue Türen.

Andrew Bernard

Bei einer Veranstaltung des Hudson Institute in Washington erklärte Scheich Mowafaq Tarif, geistlicher Führer der drusischen Gemeinschaft in Israel, die Furcht vor den Assads habe die Handlungsfähigkeit der Drusen in ihren vier Dörfern auf den Golanhöhen eingeschränkt. Unter dem neuen syrischen Anführer Ahmned al-Sharaa (Kampfname: Abu Mohammed al-Jolani) bestehe die Möglichkeit, sich stärker zu engagieren. »Wir dürfen nicht vergessen, dass das vorherige Regime gnadenlos war. Als der Krieg von 1973 begann, waren die Drusen die ersten, die angegriffen wurden. Noch bevor sie die Armee angriffen.«

Israel eroberte die Golanhöhen im Juni 1967 und damit auch vier überwiegend drusische Städte, die enge Beziehungen zur drusischen Gemeinschaft jenseits der Grenze in Syrien pflegen. Im Gegensatz zu den drusischen Gemeinschaften in Galiläa, die bereits 1948 Teil Israels geworden waren und als Bürger und oft auch als freiwillige Soldaten in die israelische Gesellschaft integriert sind, lehnten die meisten Drusen auf den Golanhöhen die israelische Staatsbürgerschaft ab.

Eine Hisbollah-Rakete, die im Juli vom Libanon aus abgefeuert worden war und in Majdal Shams auf einem Fußballfeld einschlug und zwölf drusische Kinder tötete und al-Assads Sturz im Dezember vorigen Jahres haben allerdings die Frage aufgeworfen, ob die Drusen einer neuen Beziehung zum jüdischen Staat offen gegenüberstehen könnten.

»Die Menschen in Majdal Shams hatten wegen des Assad-Regimes Angst davor, ihre Beziehungen zu Israel zu normalisieren oder Bürger des Landes zu werden. Jetzt ist die Situation anders«, sagte Tarif. »Die Barrieren sind durchbrochen, es gibt sie nicht mehr. Mit einigen von ihnen habe ich früher heimlich gesprochen, jetzt reden wir in der Öffentlichkeit. Sie fragen, wann ich sie [auf dem Golan] besuchen komme, was man früher nicht gehört hat. Al-Sharaa hat jetzt die einmalige Gelegenheit, der Welt zu zeigen, dass er Veränderungen bewirken kann.«

Kein Zwang

Die Stellung von Minderheiten, darunter Drusen, Kurden, Christen und Alawiten im neuen Syrien ist eine der dringendsten Fragen. Die etwa 700.000 Drusen machen rund drei Prozent der Bevölkerung aus, wobei die meisten von ihnen in der südöstlichen Provinz Suwayda leben, wo sie die Mehrheit der Bevölkerung stellen, oder in der Umgebung der Hauptstadt Damaskus.

Als ethnisch-religiöse Minderheit, die in der Regel als Anhänger einer eigenständigen und vom Islam getrennten, abrahamitischen Religion beschrieben wird, sind die Drusen seit Langem der Diskriminierung und Unterdrückung ausgesetzt. In den letzten Jahren wurden sie von sunnitisch-islamistischen Gruppen verfolgt – von Zwangskonvertierung bis hin zu Massakern.

Im Jahr 2018 verübte etwa der Islamische Staat in Suwayda eine Reihe von Selbstmordanschlägen und anderen Angriffen, bei denen mehr als 250 Drusen getötet und über dreißig Frauen und Kinder entführt wurden. Drei Jahre zuvor erschossen Mitglieder der al-Nusra-Front, dem syrischen Al-Qaida-Ableger und Vorgänger von al-Sharaas Hayat Tahrir al-Sham-Miliz, zwanzig Drusen in der nordwestlichen Provinz Idlib, nachdem sie diese als Ungläubige beschimpft hatten. Mitglieder der neuen Regierung haben zwar erklärt, die religiösen Rechte aller Syrer garantieren zu wollen, aber viele bleiben skeptisch.

Scheich Mowafaq Tarifs Beobachtung nach wünschen sich die syrischen Drusen eine Gesellschaft, in der die Rechte von Minderheiten respektiert werden und die frei von religiösem Zwang ist. »Der Islam ist anders. Wir Drusen erlauben beispielsweise keine Polygamie, während al-Sharaa sie fordert. Seine Männer gehen herum und befehlen den Frauen, Kopftücher zu tragen, doch nicht alle sind religiös. Das Wichtigste an der drusischen Auslegung ist das Gewaltverbot«, fügte er abschließend hinzu. »Man zwingt niemanden zu einem Glaubensinhalt oder einer Glaubenspraxis.«

Der Text erschien auf Englisch zuerst beim Jewish News Syndicate. (Übersetzung von Alexander Gruber.)

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