Zum zweiten Tag in Folge brach der Iran seinen Tagesrekord bei Corona-Todesfällen und Neuinfektionen. Am Montag wurden 272 Todesfälle bei mehr als 4.200 neuen Fällen bestätigt.
Amir Vahdat, Associated Press
Wie in vielen anderen Ländern spiegelt der sprunghaft ansteigende Ausbruch auch im Iran die widersprüchlichen Reaktionen der Regierung auf das Virus wider. Als im Laufe des Oktober die täglich registrierte Zahl der Todesopfer dreistellige Zahlen erreichte, kündigten die Behörden strengere Beschränkungen für die schwer getroffene Hauptstadt Teheran an. Kürzlich wiedereröffnete Universitäten und Schulen sowie Bibliotheken, Moscheen, Kinos, Museen und Schönheitssalons wurden geschlossen.
Am Samstag ordnete die Regierung an, dass alle Einwohner Teherans im Freien und auf öffentlichen Plätzen Gesichtsmasken tragen müssen, Verstöße gegen die Warnung würden mit einer Geldstrafe geahndet. Kabinettssprecher Ali Rabiei versprach, dass diejenigen, die positiv getestet wurden, einer strengen Kontrolle unterliegen würden. Und doch bleiben die Durchsetzung dieser Kontrolle und die Ermittlung von Kontaktpersonen in dem 80 Millionen Einwohner zählenden Land eine Herausforderung.
Diejenigen, die nicht gehorchen, müssen mit Strafen von nur 500.000 Rial oder 1,60 Dollar rechnen, was ungefähr dem Preis für einen Burger in der Innenstadt entspricht. (…) Da sich die Bevölkerung den Vorsichtsmaßnahmen widersetzt und die Regierung sich wegen der angeschlagenen Wirtschaft gegen einen Lockdown sträubt, schießt die Zahl der Fälle im Iran in die Höhe.
Irans Gesundheitsminister Saeed Namaki rief am Sonntag zu härteren Strafen auf. Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA würden die geringen Geldstrafen für Maskenverweigerung nicht dazu beitragen, die Wachsamkeit zu erhöhen. Er beklagte, dass die 7.000 Inspektoren des Gesundheitsministeriums viel zu wenig für eine Stadt mit über 10 Millionen Einwohnern wären, weswegen er die Polizei und die Basij – einen paramilitärischen Flügel der Revolutionsgarde, der für die innere Sicherheit eingesetzt wird – ermächtige, bei der Durchsetzung der Pandemievorschriften zu helfen. In den kommenden Wochen, fügte Namaki hinzu, planen die Behörden, die Maskenpflicht auf andere Großstädte auszudehnen.
Der Iran war zu Beginn der Pandemie ein globales Epizentrum und hat seither mit mehr als 500.000 bestätigten Fällen und 28.800 Toten den schlimmsten Ausbruch im Nahen Osten erlebt. Führende Politiker spielten die Risiken zunächst des Virus herunter, und internationale Experten vermuteten, dass der Iran die wahre Zahl der Infektionen und Todesfälle verschweigt. Inzwischen haben die Behörden zugegeben, dass der Ausbruch schwerwiegender ist als ursprünglich angegeben, wobei ein kürzlich veröffentlichter parlamentarischer Bericht die Zahl der tatsächlichen Infektionen auf das „acht- bis zehnfache“ der offiziellen Zahlen beziffert.
(Aus dem Artikel „Iran shatters its single-day record for virus deaths, cases“, der bei Associated Press erschienen ist. Übersetzung von Alexander Gruber.)