Die neue Generalsekretärin von Amnesty International, Agnès Callamard, hat sich in der Vergangenheit mehrfach durch die Dämonisierung Israels hervorgetan. In einem Tweet schreibt sie sogar wahrheitswidrig, Staatspräsident Shimon Peres habe zugegeben, dass der palästinensische Präsident Yassir Arafat ermordet wurde. Diese Falschbehauptung findet sich bis heute auf Callamards Twitter-Account, hat ihrer Karriere als Menschenrechtlerin jedoch nicht geschadet. Mit ihren antiisraelischen Positionen passt sie allerdings auch gut zu Amnesty.
Seit Ende März hat Amnesty International eine neue internationale Generalsekretärin: Agnès Callamard, eine 57-jährige Französin, übernahm diesen Posten von Julie Verhaar. Sie ist damit die wichtigste Sprecherin der Organisation, die Ernennung gilt zunächst für die kommenden vier Jahre.
Schon einmal hat Callamard für Amnesty gearbeitet, nämlich von 1995 bis 2001, unter anderem als Stabschefin des seinerzeitigen Generalsekretärs Pierre Sané. Sie blicke „auf eine hochkarätige Laufbahn in den Bereichen Menschenrechte und humanitäre Hilfe mit Stationen bei NGOs, in der Wissenschaft und bei den Vereinten Nationen“, erklärte die Vereinigung, die nach eigenen Angaben über mehr als zehn Millionen Unterstützer weltweit verfügt und Büros in rund 70 Ländern unterhält.
Callamard war Direktorin des Global Freedom of Expression Project an der Columbia University, geschäftsführende Direktorin der britischen Menschenrechtsorganisation Article 19 (benannt nach dem Artikel zur Meinungsfreiheit in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte) sowie Gründerin und geschäftsführende Direktorin der Organisation Humanitarian Accountability Partnership (HAP).
UN-Sonderberichterstatterin gegen Israel
Einen Namen machte sie sich aber vor allem als Sonderberichterstatterin des UN-Menschenrechtsrates für außergerichtliche, standrechtliche und willkürliche Hinrichtungen. In dieser Funktion, die sie zwischen 2017 und 2020 ausübte, leitete Callamard beispielsweise die Ermittlungen zur Ermordung des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi, wofür sie eine Morddrohung vonseiten eines hochrangigen Vertreters Saudi-Arabiens erhielt.
Doch Agnès Callamard zeichnet sich, um es etwas sarkastisch zu formulieren, noch durch etwas anderes aus, das sie für eine Führungsposition bei Amnesty International qualifiziert – nämlich ihre antiisraelische Haltung. Die Organisation dämonisiert in ihren Stellungnahmen, Berichten und Dossiers immer wieder den jüdischen Staat, kooperiert mit israelfeindlichen NGOs und stellt sich schützend vor BDS-Gruppen oder teilt gar deren Forderungen.
Die neue Generalsekretärin hat in der Vergangenheit mehrfach unter Beweis gestellt, dass sie ähnlich denkt und handelt. So etwa im April 2018, als sie zu jenen UN-Sonderberichterstattern gehörte, die der israelischen Armee den wahllosen Beschuss von Zivilisten im Gazastreifen vorwarfen und die von der Hamas angezettelten gewaltsamen Ausschreitungen im Zuge des „March of Return“ entlang der Grenze zwischen Israel und Gaza als „friedliche Demonstrationen“ verharmloste.
Was Callamard verstanden haben will …
Auf Callamards Twitter-Account finden sich zahlreiche Tweets zum jüdischen Staat, kein einziger davon rückt ihn in ein positives Licht oder wägt auch nur ab.
So wies Callamard etwa darauf hin, dass der bekannte britische Physiker Stephen Hawking zum Boykott Israels an den Hochschulen aufgerufen habe – und im Kontext ihrer sonstigen Äußerungen ist dieser Hinweis nur als Unterstützung zu bewerten. Im Gazakrieg des Jahres 2014 thematisierte sie ausschließlich vermeintliche israelische Kriegsverbrechen, während sie zum Raketenterror der Hamas schwieg. Zu den Medien, auf deren Texte sie in zustimmender Absicht verlinkt, gehört unter anderem die radikal antizionistische Website Mondoweiss.
Damit nicht genug: Im Januar 2013 verbreitete Callamard in einem Tweet den Link zu einem Beitrag der New York Times, in dem sich der damalige israelische Staatspräsident Shimon Peres unter anderem über Barack Obama, den Iran und Wege zum Frieden äußerte. „NYT Interview of Shimon Perres [sic!] where he admits that Yasser Arafat was murdered“ („New-York-Times-Interview mit Shimon Peres, in dem er zugibt, dass Jassir Arafat ermordet wurde“), schrieb Agnès Callamard dazu.
… und was Peres wirklich gesagt hat
Richtig gelesen: Die neue Amnesty-Generalsekretärin behauptete vor acht Jahren, das israelische Staatsoberhaupt habe eingeräumt, dass der langjährige PLO-Vorsitzende und palästinensische Präsident eines gewaltsamen Todes gestorben sei.
Arafat starb im November 2004 in einem Pariser Militärkrankenhaus an multiplem Organversagen; schnell machten Terrororganisationen wie der Islamische Jihad und die Al-Aqsa-Märtyrerbrigaden, aber auch palästinensische Politiker Israel für seinen Tod verantwortlich. Ohne jeden Beleg behaupteten sie, Arafat sei vergiftet worden. Ermittlungen ergaben jedoch keinerlei Hinweise auf einen Mord.
Auch Shimon Peres hat gegenüber der New York Times nichts anderes gesagt. Im Gegenteil heißt es im Beitrag, er habe sich in mehreren Fällen gegen gezielte Tötungen ausgesprochen und Arafat vor entsprechenden Plänen geschützt. Auf die Feststellung „Sie waren nicht der Meinung, dass Arafat ermordet werden sollte“ entgegnete Peres der Zeitung: „Nein. Ich dachte, es wäre möglich, mit ihm Geschäfte zu machen. Ohne ihn war es viel komplizierter.“
UN-Watch: „Beispielhaft für den Modus Operandi von Amnesty“
Callamard, die sich schwerpunktmäßig mit extralegalen Tötungen befasst, hat also eine eklatante Falschbehauptung aufgestellt. Und man tritt ihr wohl nicht zu nahe, wenn man aus ihrem Tweet den Schluss zieht, dass auch sie glaubt, die Israelis hätten Arafat umgebracht. Peres hätte ihr in diesem Sinne als Kronzeuge gedient.
Hillel Neuer, der Geschäftsführer der Organisation UN-Watch, die auf den Tweet gestoßen war, kritisierte Callamard scharf. Sie habe „Israel instinktiv des Mordes beschuldigt, ohne sich jemals die Mühe zu machen, die Fakten zu überprüfen“, sagte er der Times of Israel.
Derlei sei „beispielhaft für den Modus Operandi von Amnesty, wenn es um Israel geht“, so Neuer. „Die Organisation, die sie jetzt leitet und für die sie schon viele Jahre lang gearbeitet hat, beeilte sich 2019 bekanntlich, Israel für die Bombardierung eines Menschenrechtsbüros in Gaza zu verurteilen, obwohl die Rakete in Wirklichkeit von einer palästinensischen Terrorgruppe abgefeuert wurde.“
Callamards Tweet zu Peres sei kein Einzelfall: „Ihr Twitter-Account ist voll mit Dutzenden von grundlosen, feindseligen und einseitigen Angriffen auf Israel, während sie die Hamas nicht ein einziges Mal erwähnt hat. Sie sollte alle ihre falschen Verleumdungen löschen und um Entschuldigung bitten.“
Callamards Tweet, aber „nicht ihre Meinung“?
Das aber ist bislang nicht geschehen; zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Textes war der betreffende Tweet noch online, und die neue Amnesty-Generalsekretärin hatte sich nicht dazu geäußert. Amnesty International wiederum erklärte: „Der Tweet wurde in Eile geschrieben und ist falsch. Er spiegelt nicht die Position von Amnesty International oder Agnès Callamard wider.“
Eine merkwürdige Einschätzung, wenn man bedenkt, dass Callamard inzwischen acht Jahre Zeit hatte, eine Äußerung, die sie zwar selbst getätigt hat, aber angeblich nicht ihre Meinung wiedergibt, zu löschen oder zu korrigieren. Mag sie es auch eilig gehabt haben, den jüdischen Staat der Ermordung von Arafat zu bezichtigen, so drängt sie der Widerruf nun ganz offensichtlich nicht. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.