Israel bietet über die Vermittlung der USA Friedensgespräche mit der neuen syrischen Führung an, die letzlich auf eine Beziehungsnormalisierung zielen.
Wie die Nachrichtenplattform Axios unter Berufung auf hochrangige israelische Beamte berichtete, hat Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in einer bemerkenswerten diplomatischen Kehrtwende dem US-Sonderbeauftragten für Syrien Thomas Barrack vergangene Woche mitgeteilt, Israel sei bereit, unter Vermittlung der USA Verhandlungen mit der neuen Führung Syriens aufzunehmen.
Der Vorschlag signalisiert die ersten möglichen Friedensgespräche zwischen Israel und Syrien seit Langem und erfolgt inmitten tiefgreifender Veränderungen im regionalen Machtgefüge nach dem Zusammenbruch des Regimes von Baschar al-Assad und dem Aufstieg von Ahmad al-Sharaa, dem islamistischen Politiker, der nun die Übergangsregierung anführt.
Israelischen Quellen zufolge ist es Netanjahus Ziel, eine Reihe neuer Vereinbarungen zu initiieren, beginnend mit einem aktualisierten Sicherheitsabkommen auf der Grundlage des Abkommens von 1974 über den Rückzug der beiden Nationen. Das Endziel wäre ein umfassender Friedensvertrag – ein Ergebnis, das noch vor wenigen Monaten undenkbar schien: »Dies ist ein seltener diplomatischer Moment. Premierminister Netanjahu glaubt, dass Präsident Trumps jüngste Kontakte zu al-Sharaa eine Tür geöffnet haben, die wir nicht ignorieren dürfen.«
Al-Sharaa, der einst von Israel mit tiefem Misstrauen betrachtet wurde, wird nun in einem neuen Licht gesehen: »Er nimmt seine Befehle nicht aus Ankara entgegen und seine Annäherung an die USA und Saudi-Arabien ist eine strategische Wende, die wir begrüßen. Unser Ziel ist eine möglichst rasche Normalisierung der Beziehungen zu Syrien.«
Strategische Vorschläge
Der Weg zu dieser Initiative wurde durch monatelange indirekte Kommunikation über Dritte geebnet und gipfelte schließlich in direkten, geheimen Treffen zwischen israelischen und syrischen Vertretern in neutralen Ländern, wie Quellen bestätigten.
Die Wende gewann an Dynamik, nachdem Thomas Barrack vor Kurzem nacheinander Damaskus und Tel Aviv besucht hatte. In Syrien traf er mit Präsident al-Sharaa zusammen und eröffnete symbolisch die Residenz des US-Botschafters wieder. Während seines Besuchs in Israel besichtigte er strategisch wichtige Gebiete in der Nähe der Golanhöhen, darunter die syrische Seite des Hermon, die derzeit unter der Kontrolle der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) steht. Barrack soll den Konflikt zwischen Syrien und Israel als »lösbares Problem« bezeichnet und betont haben, dass zunächst ein »Nichtangriffsabkommen« geschlossen werden müsse.
Israel begrüßt zwar die Aussicht auf diplomatische Verhandlungen, hat laut Axios aber klare rote Linien gezogen. Dazu zählen die vollständige Entmilitarisierung des südlichen Syriens, die Verhinderung türkischer Militärstützpunkte und ein fortgesetztes Verbot der Präsenz des Irans oder der Hisbollah. Israel bekundete auch Interesse daran, amerikanische Streitkräfte in jede künftige internationale Überwachungstruppe an der syrisch-israelischen Grenze einzubeziehen.
Die IDF würden bis zum Abschluss eines umfassenden Abkommens zur Gewährleistung der regionalen Sicherheit und zur Eindämmung eines Wiederauflebens feindlicher Milizen auf syrischem Gebiet stationiert bleiben, so ein israelischer Regierungsbeamter.
Nach seiner Reise in die Region kehrte Barrack nach Washington zurück, wo er Präsident Donald Trump und Außenminister Marco Rubio informierte. »Ich kann Ihnen versichern, dass die Vision des Präsidenten, die vom Außenminister umgesetzt wird, nicht nur hoffnungsvoll, sondern auch realisierbar ist«, schrieb Barrack später in den sozialen Medien.
Die Aufhebung aller US-Sanktionen gegen Syrien durch die Trump-Regierung nach dem Treffen zwischen Trump und al-Sharaa am 14. Mai in Riad markierte eine dramatische Abkehr von jahrelanger diplomatischer Isolation und hat parallele Veränderungen in der israelischen Politik ausgelöst. »Wenn sie erfolgreich ist, könnte Netanjahus Initiative eine neue Ära der Diplomatie im Nahen Osten einläuten – eine Ära, die nicht von Stellvertreterkonflikten und Machtdemonstrationen geprägt ist, sondern von pragmatischem Engagement und einem gemeinsamen Interesse an regionaler Stabilität«, schrieb Ahora Qadi auf Kurdistan24.