Hätte Israel sich an die Forderungen aus Europa, den USA und dem Rest der Welt gehalten, wäre wären Hamas, Hisbollah und der Iran nicht geschwächt und Assad wäre immer noch syrischer Präsident.
Manchmal geschehen Dinge, welche die Prioritäten wieder zurechtrücken. Wahrscheinlich wäre es an dieser Stelle um das jüngste Machwerk zur Dämonisierung Israels gegangen, in dem Amnesty International dem jüdischen Staat vorwirft, einen »Genozid« im Gazastreifen zu begehen. Es wäre darum gegangen, wie die ehemals angesehene, mittlerweile aber ohnehin diskreditierte Organisation sich um den letzten Rest an Glaubwürdigkeit bringt, indem sie Zahlen manipuliert und einfach internationales Recht erfinden, um Israel anprangern zu können.
Und es wäre um die Chefin von Amnesty International Österreich, Shoura Zehetner-Hashemi, gegangen, die sich nach ihrem Dienstantritt vor einem Jahr einige Zeit noch wohltuend von der Israel-Obsession der Amnesty-Zentrale unterschied, mittlerweile aber so vollständig auf diesen Kurs eingeschwenkt ist (oder dazu gebracht wurde), dass sie auf ihrem X-Account sogar Karikaturen des berüchtigten brasilianischen Antisemiten Carlos Latuff teilt – wenn man sich der Dämonisierung Israels verschreibt, brechen eben alle Dämme.
Historische Bedeutung
Aber dann haben die sich überschlagenden Ereignisse in Syrien gezeigt, dass es wahrlich Wichtigeres gibt: Binnen weniger Tage wurde das Assad-Regime gestürzt, welches das Land seit mehr als einem halben Jahrhundert mit blutiger Gewalt niedergehalten hat, Giftgas gegen die eigene Bevölkerung inklusive.
Keiner kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit Sicherheit voraussagen, wie die Zukunft des Landes aussehen wird, eine vorläufige Einordnung der Ereignisse bieten zwei Gespräche mit Thomas von der Osten-Sacken, die ich am Freitag vor und am Sonntag nach dem Sturz Assads geführt habe.
Aber die gegenwärtige Unsicherheit sollte nicht die historische Bedeutung der Vorgänge in den Hintergrund rücken: Innerhalb von knapp vierzehn Monaten wurde das Vorhaben einer »Achse des Widerstands« gegen Israel, die USA und die gemäßigten arabischen Staaten, dem sich die Islamische Republik Iran lange Jahre lang mit enormem Aufwand verschrieben hatte, in Scherben zerschlagen.
Die Hamas im Gazastreifen existiert infolge des israelischen Vorgehens nach dem Islamisten-Massaker in Israel am 7. Oktober 2023 als militärische Formation nicht mehr; die Hisbollah, das Kronjuwel der iranischen Achse, wurde in der israelischen Offensive seit Anfang Oktober nachhaltig dezimiert und etlicher Ebenen ihrer Führung beraubt, sodass sie heute in Trümmern liegt, und mit dem Sturz des Assad-Regimes hat die Mullah-Diktatur in Teheran jetzt auch noch ihren mit Abstand wichtigsten arabischen Partnerstaat verloren (inklusive der Landverbindung in den Libanon, ohne die eine Wiederaufrüstung der Hisbollah äußerst schwierig ist).
Von der einst gefürchteten iranischen Achse sind nur mehr die pro-iranischen Milizen im Irak und die Huthi im Jemen übrig. Und das iranische Regime selbst, das im eigenen Land in großem Ausmaß verhasst ist und – einstweilen – noch dank massiver Repression überlebt, ist zwei Mal auf blamable Weise daran gescheitert, Israel direkt anzugreifen, während es umgekehrt nicht in der Lage war, den israelischen Gegenschlägen etwas entgegenzusetzen.
Nicht mehr derselbe Nahe Osten
Dieses Zerbrechen der iranischen Achse ist, neben den Abraham-Abkommen zwischen Israel und einigen arabischen Staaten, eine der folgenschwersten Entwicklungen im Nahen Osten seit Jahrzehnten. Man weiß nicht, wie es in Syrien oder im Gazastreifen weitergehen wird; niemand kann sagen, ob es dem Libanon gelingen wird, sich aus der lähmenden und bisweilen tödlichen Umklammerung der Hisbollah zu befreien; und vor allem ist den Iranern zu wünschen, dass das Mullah-Regime ebenfalls bald das Zeitliche segnen wird. Aber eines ist klar: Der Nahe Osten ist nicht mehr derselbe, der er noch am 6. Oktober 2023 gewesen ist.
Und erlauben Sie mir abschließend noch eine Bemerkung: Hätte Israel sich an die vielen Ratschläge und Forderungen aus Europa, den USA und dem Rest der Welt gehalten, wäre kaum etwas davon geschehen. Sein Vorgehen gegen die Hamas und vor allem die massive Schwächung der Hisbollah haben diese Entwicklungen erst möglich gemacht.