Einer neuen Studie zufolge könnte sich der Nahe Osten bis zur nächsten Jahrhundertwende um fünf Grad Celsius erwärmen, was für die dort lebenden Menschen existenzbedrohend wäre.
Eine neue Klimastudie zeigt, dass sich der Nahe Osten sich fast doppelt so schnell erwärmt wie der weltweite Durchschnitt, was sich auf die Bevölkerung und Wirtschaft der Region verheerend auswirken könnte. Ohne rasche Maßnahmen drohen den mehr als 400 Millionen Menschen extreme Hitzewellen, langanhaltende Dürren und ein Anstieg des Meeresspiegels, so der Bericht, der im Vorfeld des UN-Klimagipfels COP27 veröffentlicht wurde, der im kommenden Herbst in Ägypten stattfinden wird. Vertreter aus fast 200 Ländern werden im November im ägyptischen Badeort Sharm el-Sheikh am Roten Meer zusammentreffen, um das Pariser Abkommen von 2015 weiter zu besprechen.
Während der weltweit durchschnittliche Temperaturanstieg bei 0,27 Grad Celsius pro Jahrzehnt liegt, ergab die auf Daten für den Zeitraum 1981 bis 2019 basierende Studie einen durchschnittlichen Anstieg von 0,45 Grad pro Jahrzehnt im Nahen Osten und östlichen Mittelmeerraum. Ohne schnellstens ergriffene Maßnahmen wird sich die Region bis zum Ende des Jahrhunderts voraussichtlich um fünf Grad Celsius erwärmen, womit der Temperaturanstieg in einigen Ländern möglicherweise »kritische Schwellenwerte für die menschliche Anpassungsfähigkeit« überschreiten wird, heißt es in dem Bericht.
Gesundheitliche Risikofaktoren
Die Menschen »werden mit großen gesundheitlichen Herausforderungen und Existenzrisiken konfrontiert sein, insbesondere unterprivilegierte Bevölkerungsgruppen, ältere Menschen, Kinder und schwangere Frauen«, schreibt Jos Lelieveld vom Max-Planck-Institut für Chemie und dem Zypern-Institut, die beide an der Erstellung der Studie beteiligt waren, der die Region abdeckt, die sich von Griechenland und Ägypten im Westen über den Libanon, Syrien und den Irak bis hin zu den Golfstaaten Bahrain, Kuwait und den Vereinigten Arabischen Emiraten sowie dem Iran im Osten erstreckt.
Der Nahe Osten wird nicht nur ernsthaft unter dem Klimawandel leiden, er trägt auch wesentlich zu ihm bei, heißt es in dem Bericht, der erstmals im Juni in der Zeitschrift Reviews of Geophysics veröffentlicht und diese Woche aktualisiert wurde. Demnach sei der ölreiche Nahe Osten auf dem besten Weg, zu einer der weltweit führenden Quellen von Treibhausgasemissionen zu werden und so die Europäische Union innerhalb weniger Jahre überholen.
Dem Bericht zufolge werden praktisch alle Lebensbereiche »in einem kritischen Ausmaß« durch heißere und trockenere Klimabedingungen betroffen sein, was zu einem Anstieg der Sterblichkeitsraten und einer Verschärfung der »Ungleichheiten zwischen der wohlhabenderen und der verarmten Bevölkerung« in der Region beitragen könnte.