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Nächster Schritt zur Rehabilitierung Assads: Ägyptens Außenminister zu Besuch in Syrien

Anhänger von Assad demonstrieren mit Fotos des syrischen Präsidenten
Anhänger von Assad demonstrieren mit Fotos des syrischen Präsidenten (© Imago Images / NurPhoto)

Im Zuge des ersten Besuchs eines ägyptischen Spitzendiplomaten in der Türkei und in Syrien seit zehn Jahren traf der Außenminister am Montag mit seinem türkischen Amtskollegen und dem syrischen Präsidenten Assad zusammen.

Seit den verheerenden Erdbeben, die sein Land und die benachbarte Türkei in diesem Monat heimgesucht haben, erfährt Präsident Baschar al-Assad große Unterstützung aus der arabischen Welt, was weiter dazu beigetragen hat, die diplomatische Isolation zu mildern, in der er sich seit Beginn des Bürgerkriegs im Jahr 2011 befindet.

»Das Ziel des Besuchs ist in erster Linie humanitärer Natur und die Übermittlung der ägyptischen Solidarität – von der Führung, der Regierung und dem Volk – an das syrische Volk«, sagte der ägyptische Außenminister Sameh Shoukry vor Reportern in Damaskus. Später am Montag erklärte er gegenüber dem ägyptischen TV-Sender Ten, der Besuch zeige die Bereitschaft Kairos, ein neues Kapitel mit Syrien und der Türkei aufzuschlagen und »spiegelt das Interesse an einer Normalisierung der Beziehungen zwischen Ägypten und den beiden Ländern wider«. 

Ägypten freue sich darauf, »in voller Abstimmung mit der syrischen Regierung« weitere Erdbebenhilfe zu leisten, nachdem es bereits rund 1.500 Tonnen Hilfsgüter gespendet habe, fügte Shoukry bei seiner Pressekonferenz mit dem syrischen Außenminister Faisal Mekdad hinzu. »Wenn der ägyptische Außenminister nach Damaskus kommt, kommt er in seine Heimat, zu seinem Volk und in sein Land«, erklärte Mekdad im Anschluss. Die beiden Minister waren bereits 2021 am Rande der UN-Generalversammlung aufeinandergetroffen.

Nachklang des Erdbebens

Bei dem Erdbeben kamen in Syrien knapp 6.000 Menschen ums Leben, die meisten davon im von Rebellen kontrollierten Nordwesten des Landes. In der Türkei beläuft sich die Zahl der Todesopfer auf mehr als 44.000. Ägypten, Jordanien und Saudi-Arabien gehören zu jenen Verbündeten der USA im Nahen Osten, die Hilfsgüter in die von der syrischen Regierung kontrollierten Gebiete geliefert haben. Die Vereinigten Arabischen Emirate schickten mehr mit Hilfsgütern beladene Flugzeuge als jedes andere Land, einschließlich Syriens wichtigste Verbündete Russland und Iran.

Die Arabische Liga hatte Syrien 2011 wegen der tödlichen Niederschlagung der Proteste durch die Regierung suspendiert, und viele mit den USA verbündete arabische Staaten unterstützten die Opposition, die Assad zu stürzen versucht. Andere wiederum, allen voran die Vereinigten Arabischen Emirate, haben in den vergangenen Jahren eine Normalisierung der Beziehungen angestrebt, nachdem Assad mit iranischer und russischer Hilfe seine Gegner in weiten Teilen des Landes besiegt hatte. Erst unlängst besuchte auch der jordanische Außenminister Damaskus, während Assad seinerseits zu einer Staatsvisite im Oman weilte.

Ägyptens Außenminister antwortete zwar nicht auf Fragen von Reportern, weshalb seine Regierung die zwischenstaatlichen Beziehungen noch nicht normalisiert habe und ob Kairo die Aufhebung der Suspendierung Syriens durch die Arabische Liga unterstütze, sprach sich aber in der Vergangenheit bereits für die Rückkehr von Damaskus in die Arabische Liga mit Sitz in Kairo aus. 

Einen Tag vor Shoukrys Besuch hatten auch der Sprecher des Kairoer Parlaments, Hanafy el-Gebaly, und eine Delegation hochrangiger arabischer Parlamentarier Assad besucht, um die politische Isolation Syriens zu beenden. Der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi hatte ebenfalls bereits weniger als 48 Stunden nach dem Erdbeben mit Assad telefoniert; das erste Mal seit über zehn Jahren. Darüber hinaus fordern zahlreiche Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens in Ägypten die Regierung von al-Sisi seit Jahren auf, die Beziehungen zu Syrien zu stärken.

Diese waren während der von der Muslimbruderschaft geführten Regierung von Präsident Mohamed Mursi kurzzeitig unterbrochen, da ein Teil der syrischen Opposition ebenfalls aus den Reihen der Muslimbruderschaft stammt. Nachdem die Armee Mursi 2013 entmachtet hatte, eröffnete Ägypten zwar seine Botschaft in Syrien wieder, blieb aber weiterhin auf Distanz zu Assad.

Washington wiederum hat sich gegen jegliche Schritte zur Rehabilitierung oder Normalisierung der Beziehungen zu Assad ausgesprochen und dabei die Brutalität des Regimes während des Konflikts und die Notwendigkeit von Fortschritten auf dem Weg zu einer politischen Lösung angeführt. Das nach wie vor mit Assad verfeindete Saudi-Arabien hat erklärt, in der arabischen Welt zeichne sich ein Konsens darüber ab, dass die Isolierung Syriens nicht funktioniert und ein Dialog mit Damaskus notwendig ist, um zumindest humanitäre Fragen zu klären.

Visite auch in der Türkei

Als ein weiteres Zeichen der Veränderung in Ägyptens Außenbeziehungen besuchte Shoukry im Anschluss auch die Türkei, wo er in der ebenfalls von den Erdbeben betroffenen Stadt Adana im Süden des Landes seinen Amtskollegen Cavusoglu traf. 

»Der Außenminister sprach den Opfern des Erdbebens sein Beileid aus und bekräftigte die Solidarität der ägyptischen Führung, der Regierung und des Volkes mit der Türkei sowie die Kontinuität der Hilfe zur Unterstützung der Türkei und ihres brüderlichen Volkes«, sagte der Sprecher des ägyptischen Außenministeriums Ahmed Abu Zeid. Anschließend besuchten die beiden Minister den Hafen von Mersin, wo am Montag ein ägyptisches Hilfsschiff einlief.

Die diplomatischen Beziehungen zwischen Ägypten und der Türkei wurden 2013 abgebrochen, als der jetzige ägyptische Präsident al-Sisi den Sturz von Mursi eingeleitet hatte, der wiederum vom türkischen Präsidenten Tayyip Erdogan und seiner islamistisch geprägten AK-Partei unterstützt worden war. 

Doch auch hier ist bereits seit Längerem eine Wiederannäherung im Gange. So gaben sich Erdogan und Sisi während der Fußballweltmeisterschaft 2022 in Katar – einem weiteren Land, zu dem Ägypten seine Beziehungen wieder aufgebaut hat – die Hände, und im Februar sagten türkische Unternehmen Investitionen in Höhe von 500 Millionen Dollar in Ägypten zu.

In einem Gespräch mit Reportern in Mersin sagte Cavusoglu, dass Erdogan und Sisi sich bald wieder treffen könnten. »Während der heutigen Gespräche haben wir uns über gegenseitige Besuche in der kommenden Zeit ausgetauscht. Unsere stellvertretenden Außenminister haben sich bereits zweimal getroffen, und es wäre gut, täten sie dies erneut. Nach unseren Gesprächen können sich unsere Präsidenten entweder in der Türkei oder in Ägypten treffen.« Bereits im November deutete er die Möglichkeit an, »in den kommenden Monaten« wieder einen Botschafter nach Kairo zu entsenden.

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