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Muslimischer Antisemitismus ist nicht auf Nahost-Konflikt zurückzuführen

Muslimischer Antisemitismus ist nicht auf Nahost-Konflikt zurückzuführen
Günther Jikeli

„Weil das Lagebild so unscharf ist, weil auf der einen Seite sich Angst und Panik ausbreiten und auf der anderen eine faktenfreie Nie-wieder-Unerschütterlichkeit bleibt, hat das Berliner Ramer-Institut beim American Jewish Commitee (AJC) 2016 einen Wissenschaftler mit einer Studie beauftragt. Eine Gruppe um den Antisemitismusforscher Günther Jikeli (Indiana University/Universität Potsdam) analysierte ausführliche Gruppeninterviews mit 68 Flüchtlingen aus Syrien und dem Irak, zwischen achtzehn und 52 Jahre alt. Die qualitativen Interviews wurden 2017 mit noch einmal 85 Flüchtlingen wiederholt, diese Gespräche werden jetzt für die Publikation vorbereitet, sollen aber die Ergebnisse der ersten Kohorte weitgehend bestätigt haben. Anders als die gerade diskutierte These, wonach das Israel-Feindbild und der Judenhass von Flüchtlingen aus dem Nahen Osten auf traumatische Erfahrungen zurückzuführen seien, ergaben die Gespräche ein anderes Bild, auf das Schulbücher, Tradition, Verschwörungsfantasien und permanente staatliche Propaganda wesentlichen Einfluss haben.

Mit dieser Studie soll der Fokus weg vom sogenannten Einzelfall auf Motive und antisemitische Weltbilder gelenkt werden, mit denen die Befragten aufgewachsen sind und an denen sie, das ist ein Befund, kaum zweifeln. Ausgewählt wurden die Frauen und Männer von ihren Betreuern, die sie als besonders offen empfahlen. Fast alle Befragten argumentieren ahistorisch, sind felsenfest überzeugt, die Juden hätten die Heilige Schrift verfälscht, und bleiben unbeeindruckt von der Tatsache, dass die Tora viel älter als der Koran ist. Sie akzeptieren zwar die Religion der anderen, doch gehörten Juden nicht dahin, wo sie heute leben: „Letztlich sagt uns Gott, dass dies deine Feinde sind.“ Die Existenz Israels und das jüdische Volk werden explizit ausgeblendet oder geleugnet. Palästina (ohne Juden), so stehe es in den Schulbüchern, sagen zwei Frauen aus Damaskus, werden wir „vor dem Jüngsten Tag zurückkriegen“. Säkulare, islamische und nationalistische Deutungen eines Krieges, der letztlich gegen Israel zu führen sei, sind eng verflochten und münden nicht selten in die auch unter den harten Islamisten verbreitete Wahnvorstellung, die Juden führten einen globalen Krieg gegen den Islam.“ (Regina Mönch: „Warum jüdische Eltern ihre Kinder aus der Schule nehmen“)

Mehr zum Thema auf Mena Watch: Wie antisemitischer Wahn rationalisiert wird

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