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Menschenrechtsgericht fordert Freilassung von türkischem Oppositionspolitiker

Europäischer Menschenrehctsgerichtshof fordert Freilassung des türkischen Oppositionspolitikers Demirtas
Europäischer Menschenrehctsgerichtshof fordert Freilassung des türkischen Oppositionspolitikers Demirtas (© Imago Images / imagebroker)

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) beschied, dass die Türkei keine Belege für ihre Vorwürfe gegen Selahattin Demirtas vorbringen kann, weswegen seine Inhaftierung als politischer Willkürakt zu bewerten sei.

Ali Kucukgocmen, Reuters

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat am Dienstag entschieden, dass die Türkei den prominenten kurdischen Politiker Selahattin Demirtas sofort freilassen müsse. Er erklärte, die offizielle Rechtfertigung für seine vierjährige Haft sei bloß ein Deckmantel für die Einschränkung von Pluralismus und demokratischer Debatte. Die Große Kammer des EGMR urteilte dabei, dass Demirtas – der wegen terrorismusbezogener Straftaten angeklagt ist – in fünf verschiedenen Kategorien in seinen Rechten verletzt worden sei, darunter das Recht auf Meinungsfreiheit.

Die Anwälte des ehemaligen Co-Vorsitzenden der größten kurdischen Partei in der Türkei nannten das Urteil „historisch“ und westliche Staaten drängten Ankara zum Handeln. Doch obwohl solche Urteile rechtlich bindend sind, hat die Türkei sie bereits in der Vergangenheit in mehreren Fällen nicht umgesetzt.

Die Große Kammer erklärte, Demirtas’ Untersuchungshaft seit November 2016 sende „eine gefährliche Botschaft an die gesamte Bevölkerung“, durch die die freie demokratische Debatte stark eingeschränkt werde.

Demirtas droht eine Strafe von bis zu 142 Jahren Gefängnis, sollte er wegen seiner Aktionen während der Proteste im Jahr 2014 – im Zuge derer es zu Gewalt und dem Tod von 37 Menschen kam – als Anführer einer terroristischen Vereinigung verurteilt wegen. Demirtas streitet jegliches Fehlverhalten ab. Demonstranten im überwiegend kurdischen Südosten der Türkei warfen der Armee in jenem Jahr vor, sie habe tatenlos zugesehen, wie Kämpfer des Islamischen Staates die syrisch-kurdische Stadt Kobani belagerten, die direkt hinter der Grenze liegt.

Der EGMR erklärte, er habe in den Entscheidungen zu Demirtas’ Inhaftierung keine Beweise entdeckt, die seine Handlungen und die angeblichen Straftaten in Verbindung bringen. „Der Gerichtshof kam zu dem Schluss, dass die von den Behörden vorgebrachten Gründe für die Untersuchungshaft des Beschwerdeführers lediglich ein Deckmantel für einen dahinterliegenden politischen Zweck waren, was eine Angelegenheit von unbestreitbarer Schwere für die Demokratie ist“, sagte der Gerichtshof in seinem Urteil.

„Es ist nun klar geworden“, reagierte Demirtas in einem Twitter-Post auf das Urteil, „dass die sogenannten juristischen Prozesse, die seit sechs Jahren gegen mich und meine Freunde geführt werden, alle politisch motoviert und nicht rechtmäßig sind, und dass wir unschuldig sind.“ Seine Anwälte sagten, das Urteil sei eines der härtesten Urteile über Menschenrechtsverletzungen in der Türkei und es sei „endgültig und bindend“.

Ankara wirft Demirtas’ Demokratische Partei der Völker (HDP) Verbindungen zur militanten Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) vor, die seit 1984 einen Aufstand im Südosten des Landes führt und von der Türkei, den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union als terroristische Gruppe eingestuft wird. Die HDP bestreitet, Verbindungen zum Terrorismus zu haben.

(Aus dem Artikel European Court of Human Rights says Turkey must free Demirtas“, bei Reuters erschienen ist. Übersetzung von Alexander Gruber.)

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