Erweiterte Suche

Winziges Steingewicht aus der Zeit des Ersten Tempels bei Ausgrabungen in Jerusalem entdeckt

Von Amanda Borschel-Dan

Ein extrem seltenes, winziges Steingewicht aus biblischer Zeit, mit eingravierten althebräischen Buchstaben, welches das Wort „Beka“ zeigt, wurde in dem aus den Fundamenten der Klagemauer stammenden Erdaushub entdeckt.

Winziges Steingewicht aus der Zeit des Ersten Tempels bei Ausgrabungen in Jerusalem entdeckt
Gewichtsmaß aus der Zeit des ersten Tempels (Foto: Eliyahu Yanai, Stadt David)

Bislang wurde nur eine Handvoll ähnlicher aus Stein gefertigter Beka-Gewichte in Jerusalem gefunden, so Archäologe Eli Shukron, der die Ausgrabungen im Namen der Israel Antiquities Authority leitete. Gegenüber der Times of Israel äußerte er, dass keines der früheren Fundstücke mit genau dieser Inschrift versehen war. Das „Beka“, ein Gewichtsmasß aus der Zeit des Ersten Tempels – das von Pilgern zur Zahlung ihrer Halbschekelsteuer benutzt wurde, die fällig war, bevor sie zum Tempelberg aufstiegen – wurde vor Kurzem von einem Freiwilligen beim Nasssiebverfahren in der Davidsstadt im Emek-Tzurim-Nationalpark in Jerusalem entdeckt.

Das Wort „Beka“ taucht in der Thora zweimal auf: Zuerst als das Gold-Gewicht eines Nasenrings, der im Buch Genesis als Geschenk an die Matriarchin Rebekka überreicht wurde und später, im Buch Exodus, als Gewichtsmaß für den Zensus und die Spende, die das jüdische Volk zur Erhaltung des Tempels zahlte. Im Buch Exodus heißt es in Kapitel 38, Vers 26: „Ein Beka je Kopf, ein halber Schekel, nach dem Schekel des Heiligtums, von jedem, der zu den Gemusterten hinüberging, von 20 Jahren an und darüber, von 603.550 Mann.“

Der Beka-Stein wurde im Erdaushub der Grabungsarbeiten von 2013 unter dem Robinson-Bogen entdeckt. Laut Shukron stammt die Erde aus einem Entwässerungskanal unter dem Fundament der Klagemauer. Dieses Beka ist das bislang einzige Beispiel für eine in „Spiegelschrift“ verfasste Inschrift, erklärte Shukron, und die Buchstaben sind von links nach rechts, anstatt von rechts nach links eingraviert. So zeigt beispielsweise der in den Stein eingeritzte Buchstabe „Bet“ in die entgegengesetzte Richtung. „Es ist der einzige nicht ‚korrekt‘ geschriebene Stein“, sagte Shukron, was ihn zu der Annahme führt, dass der Kunsthandwerker, der das Gewicht einst anfertigte, auch Siegel herstellte – welche üblicherweise in Spiegelschrift ausgeführt werden. „Offenbar hat sich der Siegel-Hersteller vertan, als er die Inschrift auf dem Gewicht anbrachte und versehentlich in Spiegelschrift geschrieben, so wie er es gewohnt war. Aus diesem Fehler können wir etwas Allgemeines lernen: Die Künstler, welche die Gewichte zur Zeit des Ersten Tempels anfertigten, waren dieselben, die sich auf die Herstellung von Siegeln spezialisiert hatten“, so Shukron in einer Pressemitteilung.

Winziges Steingewicht aus der Zeit des Ersten Tempels bei Ausgrabungen in Jerusalem entdeckt
Modell der Davidsstadt (Von Ariely, CC BY 3.0)

Anders als einige hundert Jahre später, gab es zu dieser Zeit keine Halbschekelmünze. Die Pilger brachten das entsprechende Gewicht zur Zahlung ihrer Steuer, ein Beka, in Silber mit; dieses wurde dann am Tempelberg, an genau dem Ort, wo der winzige Stein gefunden wurde, auf Waagschalen abgewogen. In der Pressemitteilung erläutert Shukron: „Als die Halbschekelsteuer zur Zeit des Ersten Tempels eingeführt wurde, gab es keine Münzen, also verwendete man Silberbarren. Um das Gewicht dieser Silberstücke zu bestimmen, legte man sie auf eine Seite der Waage und auf die andere Seite das Beka-Gewicht. Das Beka entsprach dem halben Schekel, den jede Person von 20 Jahren an und darüber im Tempel abgeben musste.“ In der Pressemitteilung heißt es, der biblische Schekel habe 11,33 Gramm gewogen.

Die ersten Münzen mit hebräischer Schrift trugen die Inschrift „Beka“ und datieren aus dem 5. Jahrhundert v. Chr., heißt es in einem Artikel der Zeitschrift Biblical Archaelogy Review aus dem Jahr 1993. Die Beka-Münze wurde mit Genehmigung der Perser geprägt, so der Autor des Artikels, Oded Borowski. Weitere in der Bibel erwähnte Maßeinheiten sind Kesita, Kikar (Talent), Schekel, Beka, Mine (Maneh), Gera und Pim. Es gibt ein einheitliches Gewichtssystem, in dem zwei Beka einem Schekel entsprechen und 10 Gera wiederum ein Beka ausmachen.

Shukron weiß nicht mit Gewissheit, ob alle bislang entdeckten Beka-Steine das gleiche Gewicht haben. Nachdem er es in der Hand gehalten habe, könne er aber sagen, dass es sich sehr leicht angefühlt habe, so Shukron. Der zentrale Faktor für Shukron ist jedoch der Fundort des Artefakts: unmittelbar neben dem Tempel von König Salomon. „Dies ist ein Wort, das sowohl innerhalb als auch außerhalb der Bibel Verwendung findet. Sie müssen gar nicht so viel fragen, schlagen Sie einfach die Bibel auf und sehen Sie selbst. Es ist ganz simpel. Sie können sehen, dass ‚Beka‘ und seine Verwendung in der Bibel beschrieben sind, und es wird klar“, stellte er fest: „Die Bibel, das in der Nähe von Salomons Tempel gefundene Artefakt nördlich der Davidsstadt, die Fundamente des Tempels – all das hängt zusammen“, so Shukron.

Während des Chanukka-Festes Anfang nächsten Monats wird das Beka-Steingewicht in der Siebanlage der IAA im Emek-Tzurim-Nationalpark der breiten Öffentlichkeit präsentiert. „Dieses dreitausend Jahre alte Beka-Gewicht mit althebräischer Inschrift wurde vermutlich im Ersten Tempel verwendet und untermauert einmal mehr die tiefgehende historische Verbindung des jüdischen Volkes zu Jerusalem“, erklärte Doron Spielman, stellvertretender Vorsitzender der City of David Foundation, welche die Ausgrabung finanzierte.

Auf Englisch zuerst erschienen bei The Times of Israel.

Bleiben Sie informiert!
Mit unserem wöchentlichen Newsletter erhalten Sie alle aktuellen Analysen und Kommentare unserer Experten und Autoren sowie ein Editorial des Herausgebers.

Zeigen Sie bitte Ihre Wertschätzung. Spenden Sie jetzt mit Bank oder Kreditkarte oder direkt über Ihren PayPal Account. 

Mehr zu den Themen

Das könnte Sie auch interessieren

Wir sprechen Tachles!

Abonnieren Sie unseren Newsletter und erhalten Sie einen unabhängigen Blickzu den Geschehnissen im Nahen Osten.
Bonus: Wöchentliches Editorial unseres Herausgebers!

Nur einmal wöchentlich. Versprochen!