Wie US-Demokraten Antisemitismus in den eigenen Reihen entschuldigen

Ilhan Omar, die demokratische Kongressabgeordnete, die mittlerweile für ihre antisemitischen und antizionistischen Aussagen schon regelrecht bekannt ist, sorgt einmal mehr für Schlagzeilen. Bereits im Januar wurden einige ihrer Twitter-Beiträge, die den jüdischen Staat dämonisieren, öffentlich kritisiert, was sie jedoch nicht davon abhielt, im Februar über die pro-israelische Gruppe AIPAC („Amerikanisch-israelischer Ausschuss für öffentliche Angelegenheiten“) zu twittern – und der Organisation vorzuwerfen, sich politischen Einfluss zu erkaufen. Damit bediente sie den alten antisemitischen Vorwurf des finanzkräftigen Judentums, das sein Geld dafür einsetzt, Regierungen auf seine Seite zu ziehen, um seine Interessen durchzusetzen.

Sie selbst, sieht diese Tatsache natürlich ganz anders und versucht, den Spieß umzudrehen, um so das Opfer zum Sündenbock zu machen, wenn sie sagt: „Viele unserer jüdischen Kollegen … denken, dass alles, was wir über Israel sagen, antisemitisch ist, weil wir Muslime sind.“ In ihr „Wir“ bezog sie dabei ihre Kongresskollegin Rashida Tlaib ein, die ebenfalls für antisemitische Äußerungen in der Kritik stand.

Der neueste Fehltritt Omars ist nun ihre Antwort auf eine Aussage ihrer Kongresskollegin Nita Lowey, die auf Twitter eine Kritik an Omars Israelkritik veröffentlichte: „Der Gesetzgeber muss in der Lage sein, ohne Vorurteile oder Bigotterie zu debattieren. Ich bin traurig darüber, dass die Abgeordnete Omar die Unterstützung für Israel weiterhin als falsch bezeichnet. Ich fordere sie auf, diese Aussage zurückzuziehen und mit der jüdischen Gemeinde einen weiteren Dialog darüber zu führen, warum diese Kommentare so verletzend sind.“ Ilhan Omar antwortete: „Kongressabgeordnete, unsere Demokratie stützt sich auf Debatten! Es sollte nicht erwartet werden, dass ich einem fremden Land meine Treue/Unterstützung schulde, um meinem eigenen Land im Kongress oder im Ausschuss zu dienen. Die Menschen des Fünften [Kongressbezirk von Minnesota] wählten mich, um ihren Interessen zu vertreten. Da sind wir uns doch sicher einig!“

Wie US-Demokraten Antisemitismus in den eigenen Reihen entschuldigenDoch Lowey ließ die Unterstellung Omars nicht einfach so stehen, wie diese es mit ihrer Verpflichtung auf Eingikeit wohl gern gehabt hätte, sondern antwortete nun ihrerseits: „Kein Mitglied des Kongresses wird gebeten, einem anderen Land die Treue zu schwören. (…) Im Laufe der Geschichte wurde Juden stets der Vorwurf der doppelten Loyalität gemacht, was zu Diskriminierung und Gewalt führte. Deshalb sind diese Anschuldigungen so schmerzhaft.“ Und Lowey stand nicht alleine da mit ihrer Kritik, selbst US-Präsident Donald Trump meldetet sich zu Wort und verurteile Omars Aussagen: „Die Abgeordnete Ilhan Omar steht wegen ihrer schrecklichen Kommentare bezüglich Israel erneut unter Beschuss. Jüdische Gruppen haben soeben eine Petition an [die] Sprecherin [des Repäsentantenhauses Nancy] Pelosi gerichtet, in der sie gebeten wird, Omar aus dem Ausschuss für Auswärtige Beziehungen zu entfernen. Ein schwarzer Tag für Israel!“ Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im US-Repräsentantenhaus erklärte jedoch, dass er Ilhan Omar, wegen ihrer jüngsten antisemitischen Äußerungen, nicht aus dem Ausschuss ausschließen werde.

 Als Antwort auf die Protestwelle gegen Omar, verabschiedeten die Demokraten eine Resolution, die unter anderem den Antisemitismus verurteilt, ohne dabei jedoch Omars Namen zu nennen. Daneben finden sich in der Erklärung noch zusätzliche Passagen, die sich gegen die Diskriminierung von anderen Minderheiten richten. Die Resolution, die eigentlich den Antisemitismus verurteilen sollte, nimmt so die Gestalt einer Erklärung gegen den Hass auf Minderheiten an und verfehlt damit ihre ursprüngliche Idee. Das Stichwort „Opferkonkurrenz“ lässt grüßen: Ilhan Omar nehme als farbige, muslimische Immigrantin einen so hohen Opferrang ein, dass sie gegenüber den weißen und reichen Juden in Amerika und Israel gar nicht schuldhaft handeln könne… Omar jedenfalls feierte die Verabschiedung der Erklärung, indem sie sagte: „Der heutige Tag ist wegen mehreren Faktoren als historisch zu bezeichnen. (…) Es ist das erste Mal, dass wir über eine Resolution abgestimmt haben, in der die anti-muslimische Bigotterie in der Geschichte unseres Landes verurteilt wurde.“ Dass es in der Resolution vornehmlich um Antisemitismus gehen sollte, und dass ihre antisemitischen Aussagen unter anderem der Grund für die Verabschiedung der Erklärung waren, scheint sie vergessen zu haben oder gezielt außer Acht zu lassen.

Wie US-Demokraten Antisemitismus in den eigenen Reihen entschuldigenZu der Verabschiedung der Resolution bleibt zu sagen, dass sie wohl kaum eine angemessene Reaktion der Demokraten auf den antisemitischen Vorfall in ihren eigenen Reihen darstellt. Doch scheinbar ist solch eine Reaktion auch nicht gewollt, denn einige ihrer Kollegen verteidigten gar Omars Antisemitismus und stellten sie als das eigentliche Opfer dar – und hoben den Sonderstauts hervor, den Juden angeblich genießen würden… So schrieb die Abgeordnete Alexandria Ocasio-Coretz in einem Tweet: „Niemand drängt auf solch ein Ausmaß an Zurechtweisung, wenn andere [Kongress-]Mitglieder Aussagen über Latinx + [geschlechtsneutraler Begriff für Latinos; Anm. Mena Watch] und andere Gemeinschaften treffen“.

In Minnesota führten gewählte Vertreter sogar einen eigenen Hashtag zugunsten von Ilhan Omar ein: #StandWithIlhan und fügten dem Ganzen noch ein Statement hinzu: „Wir rufen die Demokraten dazu auf, sich zusammen mit Ilhan gegen die Bemühungen der Republikaner zu stellen, Juden und Muslime gegeneinander ausspielen zu wollen.“ Die demokratische Sprecherin des Repräsentantenhauses Nancy Pelosi verteidigt Omars Aussage gar, indem sie ihr eine „andere Erfahrung im Umgang mit Worten“ bescheinigt, was auch immer das heißen und entschuldigen soll. Durch solche Relativierungen und Entschuldigungen wird der Antisemitismus in den Aussagen nicht ernst genommen, genau wie die Person Ilhan Omar an sich: ganz so als wäre sie unmündig und hätte es eben einfach nicht so gemeint.

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