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Wie eine Uniform eine deutsche Dozentin aus der Bahn zu werfen vermag

Von Tina Adcock

Wie eine Uniform eine deutsche Dozentin aus der Bahn zu werfen vermagDie Hebrew University in Jerusalem ist eine der besten Universitäten des Landes Israel. Studenten der unterschiedlichsten Herkunftsländer studieren dort und verbringen zusammen ihre Zeit auf dem Campus. Dazu gehört auch der ab und an aufblitzende Anblick eines Studenten oder einer Studentin in Uniform, da die Universität auch eigens für Soldaten zusammengestellte Lehrpläne und Programme anbietet. Dies scheint für die deutsche Dozentin und Gründerin des Studienprogramms für Kulturwissenschaft, Dr. Carola Hilfrich, Anlass genug gewesen zu sein, eine Studentin, die gleichzeitig zu ihrem Studium den Wehrdienst in der israelischen Armee ableistet, öffentlich und lautstark zu maßregeln.

Davor soll, laut dem israelischen Fernsehsender KAN, bereits eine arabische Kommilitonin die besagte Studentin belästigt haben, da sie sich von der Uniform gestört gefühlt habe. Anschließend richtete sich die junge Soldatin vertrauensvoll an ihre Dozentin, um sich ihrerseits über das Verhalten der arabischen Kommilitonin zu beschweren. Doch anstatt sich an die den Vorfall auslösende Mitstudentin zu wenden, erfolgte eine lautstarke Szene auf einem der Gänge der Universität, die sich gegen die junge Frau richtete, die unter der Belästigung zu leiden hatte. Dies wurde sogar auf einem Video festgehalten, auf dem zu sehen ist, wie Hilfrich auf die Beschwerde der Studentin reagiert: „Das ist nicht unsere Klasse“, versuchte sie die Studentin abzuwimmeln und erklärte ihr: „Du kannst nicht so naiv sein, hier in Uniform zu sitzen und zu erwarte[n], wie eine Zivilistin behandelt zu werden. Du bist eine Soldatin der israelischen Armee und als solche wirst Du behandelt.“ Daraufhin meinte die erstaunte Studentin, das sie kein Interesse daran gehabt hätte, sich an einer politischen Diskussion zu beteiligen und dass sie in Wehrdienst leiste um ihr Land zu verteidigen. Sie fragte: „Es stört Sie, dass ich in Uniform in der Klasse sitze?“ Die Dozentin antwortete: „Es gibt Menschen, für die die zivile Gesellschaft genauso wichtig ist, wie es die Armee für Dich ist. Du musst ihre Prioritäten akzeptieren, so wie sie Deine Prioritäten akzeptieren. (…) Wenn Du noch etwas zu sagen hast, schreibe einen Brief. Ich habe andere Dinge zu tun Ich habe genug gehört und gesagt, was ich denke. Du respektierst noch nicht einmal meine Zeit.”

Der Videomitschnitt löste in den Netzwerken einen Sturm der Entrüstung aus. Der Student der den Mitschnitt online stellte, erklärte später gegenüber der Website Net: „Ich habe gerade dem ärgerlichsten Vorfall beigewohnt, den ich in all meinen vielen Jahren an der Universität gesehen habe. Anstatt die Studentin zu ermahnen, die die Klasse gestört und die Soldatin beleidigt hatte, tadelte die Dozentin nach dem Unterricht die Soldatin, weil sie sich dazu entschieden hatte in Uniform in die Universität zu kommen.“

Wie eine Uniform eine deutsche Dozentin aus der Bahn zu werfen vermagNeben der Forderung nach einer Entschuldigung von Seiten der Dozentin wurden auch Forderungen nach ihrem Rücktritt laut. So adressierte die Organisation Im Tirtzu Bildungsminister Naftali Bennet mit den Worten: „Das ist ein neues Tief der israelischen Akademie” und führte wieter aus: „ Wenn der akademische Ethik-Kodex nicht durchgesetzt werden kann, dann ist er sinnlos und bringt keine Veränderung.“ Auch die Studentenvereinigung, das Management der Universität, sowie die Dozenten verurteilten den Vorfall. Die Studentenvereinigung erklärte: „Es ist beschämend zu sehen, dass Studenten sich Erniedrigungen ausgesetzt sehen, weil sie Uniform tragen. In den letzten Jahren haben wir hart daran gearbeitet, die Rechte der Studenten und derjenigen, die den Reservedienst absolvieren, zu fördern. (…) Trotz der politischen Unterschiede und Argumente erwarten wir, dass Dozenten und Studenten Empathie zeigen.“  Weiter hieß es in der Erklärung: „Es ist für uns nicht vorstellbar, dass sich ein Mitglied der Fakultät von einer Armeeuniform beleidigt gefühlt haben soll. Eine Situation, in der sich Studenten unsicher auf dem Campusgelände fühlen, ist nicht akzeptabel. Trotz Meinungsverschiedenheiten betonen wir, dass sowohl Fakultätsmitglieder als auch Studierende ihre Meinungen frei und respektvoll äußern sollten.“

Auch eine Demonstration, organisiert von Im Tirtzu und dem Nachalim Technology Centre, fand auf dem Campusgelände statt. Die Demonstranten nannten den das Vorgehen der Dozentin eine Peinlichkeit für die Universität und riefen ihre Kommilitonen dazu auf, solch ein Verhalten gegenüber einer Soldatin nicht zu akzeptieren. Auf Tranparenten und Schilder fanden sich Slogans wie: „Wir salutieren vor unseren Soldaten. Sei stolz auf Deine Uniform“, oder: „Wir Studenten verlangen Ehrerbietung für diejenigen, die die Uniform tragen“. Im Tirtzu brachte auch eine Petition fpr die Entlassung von Dr. Carola Hilfrich in Umlauf. Darin wurde auch daruf hingewiesen, dass die Dozentin eine Petition zur Unterstützung von Studenten unterzeichnet hatte, die den Befehl verweigern, in der Westbank als Soldat zu dienen; sowie eine weitere Petition im Jahr 2014, in der es darum ging, die israelische Regierung für das „Abschlachten“ Unschuldiger und die „Unterdrückung“ der Palästinenser verantwortlich zu machen.

 Die Hebrew University reagierte schnell mittels einer öffentlichen Erklärung auf den Vorfall und den Sturm der Empörung: „Die Hebräische Universität respektiert all ihre Studenten, auch diejenigen, die während ihres Militärdienstes studieren, ob reguläre Soldaten, Berufssoldaten oder Reservisten. Diese Studenten erhalten bei Bedarf auch zusätzliche akademische Unterstützung. Die Leitung der Universität verurteilt respektlose Verhaltensweisen unter Studenten und zwischen Studenten und Mitgliedern der Fakultät. Die Universität und die Dozentin entschuldigen sich bei der Studentin, die sich verletzt fühlte, und wir werden weiter für ein stärkeres persönliches Sicherheitsgefühl jedes Studenten arbeiten.“

Ob die Entschuldigung der Universität zur Klärung der Situation ausreicht, oder ob Dr. Carola Hilfrich doch noch ein persönliches Statement zu dem Vorfall abgeben wird, ist bisher unbekannt. Fakt ist, dass eine Dozentin, die an einer israelischen Universität lehrt, sich auch an  deren Regularien, Programmen und Vorstellungen halten muss. Wenn sie dies nicht kann, sollte sie so konsequent sein, die Universität zu verlassen und an einer Fakultät zu lehren, in der sie ihre Vorstellungen besser vertreten kann – vielleicht in der Bir Zait Universität in Ramallah?

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