Hätte sich dieser Mann nur über die Brutalität des syrischen Diktators so empört, dass er in Folge nach Syrien gegangen wäre, um sich dort einer Einheit der Free Syrian Army anzuschließen, seine Entscheidung könnte man nicht nur nachvollziehen, sondern auch akzeptieren. Stattdessen wurde er Mitglied einer der übelsten islamistischen Schlächterbanden, die es bislang gab, nämlich des Islamischen Staates (IS), dessen unbeschreibliche Barbarei durch nichts, kein Unwissen und keine Rationalisierungen zu entschuldigen ist.
Und trotzdem ist die Erklärung, die Sayyaf Sharif Daoud, ein israelischer Araber, einem BBC-Korrespondenten für seine Motivation gibt, bemerkenswert. Er habe sich nicht Hamas oder Islamischem Jihad angeschlossen, weil er keinen Grund sehen würde, gegen Israel zu kämpfen:
„Feras Kilani [BBC]: ‚Um ehrlich zu sein, gibt es etwas, das ich nicht verstehe, und viele arabische Zuschauer verstehen es wahrscheinlich auch nicht. Letztendlich sind Sie ein israelischer Araber. Sie sind auch ein Muslim (…) Wenn Sie arabischen Zuschauern mitteilen, dass jemand aus Israel gekommen ist, um sich dem IS anzuschließen, würden sie als Erstes sagen: »Gehen Sie und verteidigen Sie Ihr eigenes Land.« Wie haben Sie dies für sich selbst gerechtfertigt?’
Sayyaf Sharif Daoud: ‚Bei Allah, die Antwort wird Sie überraschen. Ich habe die Zweite Intifada durchlebt. Ich habe Krieg gesehen. Ich habe im Westjordanland und in Israel gelebt. Israel hat nicht ein Prozent dessen getan, was Bashar Al-Assad getan hat. Es gab Kämpfe und all das, aber Israel hat weder Frauen im Fernsehen vergewaltigt noch nackt ausgezogen, und es hat auch nicht so barbarisch getötet. Richtig, es gab Kämpfe… (…) Bei Allah, ich habe mir selbst Unrecht getan. Ich hoffe, der Staat nimmt mich zurück und ich kann zurückkehren nach …‘
Feras Kilani: ‚Israel.‘
Sayyaf Sharif Daoud: ‚Eine Person kann Dinge überdenken und zum normalen Leben zurückkehren.‘
Feras Kilani: ‚Glauben Sie wirklich, dass Israel Sie akzeptieren wird, wenn Sie zurückkehren?‘
Sayyaf Sharif Daoud: ‚Israel ist ein demokratischer Staat, ich habe dort keine Ungerechtigkeit gesehen. Wir Araber leben in Israel zusammen mit den Juden. Es gibt keine Ungerechtigkeit. Wir werden genauso behandelt wie die Juden.‘“
All das mag irre klingen, ist es in großen Teilen auch. Zugleich sieht sie eben so aus, die Realität im Nahen Osten, die manchmal so gar nicht zu den Vorstellungen passen will, die man sich von ihr macht.