Erweiterte Suche

Wenn Krone-Leser über den Nahen Osten schreiben

Von Florian Markl

Wenn Krone-Leser über den Nahen Osten schreibenAuf den Leserbriefseiten der Kronen Zeitung empörten sich gestern einige Leser darüber, dass US-Präsident Trump Israels Souveränität über den seit Jahrzehnten unter israelischer Kontrolle stehenden Teil der Golanhöhen anerkannt hat. „Christian Stafflinger (Linz)“, der, wenn er nicht gerade Briefe an die Krone schreibt, so viele Zuschriften an das FPÖ-Blatt Neue Freie Zeitung verfasst, dass er laut der Webseite „Stoppt die Rechten“ dort schon Kolumnisten-Status beanspruchen können müsste, führt Trumps Entscheidung tief in die Abgründe sinnloser Metaphern: Die USA hätten nicht das Recht, „das Feuer samt Brandherden in dieser Region mit haarsträubenden Äußerungen und politischen Entscheidungen am Leben zu erhalten“. Überhaupt sei für seinen Geschmack „die Haltung der EU und auch jene von Österreich viel zu israelfreundlich“.

Es ist zu vermuten, dass die Krone seinen Leserbrief gekürzt und an dieser Stelle enden hat lassen, womit sie Stafflinger einen Gefallen getan hätte. Denn auf seiner Facebookseite führt er in einem Posting vom 23. März, dessen erster Teil mit dem Krone-Brief identisch ist, aus, warum er die Haltung der EU und Österreichs nicht teilt:

„Israel ist doch bitteschön alles andere als ein Opfer, sondern Teil des Problems und mitschuldig an der Lage im Nahen Osten. Allein schon wegen seiner freundschaftlichen Nähe zum Iran und wegen der sogenannten Israelischen Siedlungspolitik.“

Die These, dass Israel wegen seiner Siedlungspolitik „mitschuldig an der Lage im Nahen Osten“ sei, ist wenig originell – das kann er z.B. auch in der Krone ständig lesen. Überraschender ist da schon die ohne jeden erkennbaren ironischen Unterton aufgestellte Behauptung, dass Israel ein Teil des Problems wäre, weil es dem Iran in „freundschaftlicher Nähe“ verbunden sei – also einem von einer islamistischen Diktatur beherrschten Land, zu dessen verfassungsmäßig festgeschriebenen Staatszielen die Vernichtung des jüdischen Staates gehört. Das ist so absonderlicher Blödsinn, dass ihn anscheinend nicht einmal die Krone abdrucken wollte.

Wie tolerant die Krone – die, wenn es um Trumps Nahostpolitik geht, gerne schon mal antisemitische Verschwörungstheorien verbreitet und beispielsweise behauptet hat, er sei „von einflussreichen jüdischen Parteispendern auf den Thron gehoben“ worden – in diesen Dingen an und für sich ist, beweist die gleich im Anschluss an Stafflingers Leserbrief abgedruckte Zuschrift, in der ein Herr davor warnt, dass der Nahe Osten ein „Pulverfass“ sei und Trump „es wohl noch zur Explosion bringen“ werde. Trumps Golan-Entscheidung sei „ein weiterer Beweis für seine Unfähigkeit, die heikle Situation überhaupt zu beurteilten“. Zu so einem Urteil sieht sich der Schreiber aus dem salzburgischen Elsbethen hingegen in der Lage, der zu wissen glaubt, dass der Golan eine „Sicherheitspufferzone“ sei, „die seit 1974 von UN-Truppen mit österreichischer Unterstützung bewacht wird“. Eine „Änderung des Status würde daher indirekt auch uns betreffen.“

Würde sie vielleicht, wenn die österreichische Regierung 2013 nicht überstürzt den vollständigen Abzug des österreichischen UN-Kontingents vom Golan beschlossen hätte – eine Entscheidung, die damals übrigens von der Krone vehement verteidigt wurde. Deshalb sind dort seit fast sechs Jahren keine österreichischen Soldaten mehr stationiert. Eine nicht ganz unwichtige Kleinigkeit, die man nicht vergessen sollte, bevor  man sich über die Unfähigkeit anderer Leute echauffiert, eine „heikle Situation überhaupt zu beurteilten“.

Bleiben Sie informiert!
Mit unserem wöchentlichen Newsletter erhalten Sie alle aktuellen Analysen und Kommentare unserer Experten und Autoren sowie ein Editorial des Herausgebers.

Zeigen Sie bitte Ihre Wertschätzung. Spenden Sie jetzt mit Bank oder Kreditkarte oder direkt über Ihren PayPal Account. 

Mehr zu den Themen

Das könnte Sie auch interessieren

Wir sprechen Tachles!

Abonnieren Sie unseren Newsletter und erhalten Sie einen unabhängigen Blickzu den Geschehnissen im Nahen Osten.
Bonus: Wöchentliches Editorial unseres Herausgebers!

Nur einmal wöchentlich. Versprochen!