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Obamas maßlose Selbstüberschätzung

Von Florian Markl

Jeffrey Goldberg hat für das US-Magazin The Atlantic unter dem Titel „The Obama Doctrine“ einen ausführlichen Artikel über die außenpolitische Sichtweisen des 44. amerikanischen Präsidenten verfasst. Vieles darin kann nach den vergangenen sieben Jahren von Obamas Präsidentschaft kaum mehr überraschen. So etwa im Hinblick auf das Desaster in Syrien die geradezu habituelle Verwendung von Strohmann-Argumenten zur Immunisierung der eigenen Position vor Kritik: Die Behauptung Obamas, er sei dafür kritisiert worden, keine amerikanische Invasion in Syrien befohlen zu haben, wird auch durch unzählige Wiederholungen nicht wahrer – tatsächlich fand sich auch unter jenen, die ein stärkeres Engagement der USA befürworteten, niemand, der für einen amerikanischen Einmarsch in Syrien eingetreten wäre.

Sehr aufschlussreich ist allerdings eine Passage, in der es um das zerrüttete Verhältnis zwischen dem US-Präsidenten und dem israelischen Premier Benjamin Netanjahu geht. Während eines Treffens der beiden habe Netanjahu Obama über die Gefahren aufklären wollen, denen Israel in seiner gefährlichen Nachbarschaft ausgesetzt sei. Obama habe sich jedoch nicht belehren lassen wollen und den israelischen Premier unterbrochen:

„Bibi, you have to understand something. I‘m the African American son of a single mother, and I live here, in this house. I live in the White House. I managed to get elected president of the United States. You think I don‘t understand what you‘re talking about, but I do.“

Dass Obama offenbar glaubt, sein unwahrscheinlicher Aufstieg zum US-Präsidenten habe ihn alles gelehrt, was er über den Nahen Osten wissen müsse, mag einiges zur Klärung der Frage beitragen, warum die Politik seiner Administration in dieser gefährlichen Region so katastrophal gescheitert ist: Überzeugt davon, selbst am besten Bescheid zu wissen, sah er weder eine Veranlassung, auf die amerikanischen Verbündeten im Nahen Osten, noch auf seine eigenen Mitarbeiter zu hören, über deren Ratschläge er sich in entscheidenden Situationen – gerade im Hinblick auf Syrien – mehrfach hinwegsetzte. Selten jedenfalls hat man einen so deutlichen Beleg für gleichermaßen maßlose Selbstüberschätzung wie erschütternde Ignoranz gelesen.

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