Feuerdrachen: Europa ignoriert den Terror gegen Israel

Von Stefan Frank

Feuerdrachen: Europa ignoriert den Terror gegen IsraelIn Israel brennen Felder und Naturschutzgebiete. Seit Beginn der Brandschatzungen im März, als Brandstifter aus dem Gazastreifen anfingen, Terrordrachen ­– Drachen, an denen Molotovcocktails oder Beutel mit einer brennenden Flüssigkeit angebracht sind – auf Israel zu stürzen, um möglichst große Flächen zu entzünden, wurden mehrere Tausend Hektar Land ein Raub der Flammen.

Feuerwehrleute waren die ganze letzte Woche über im Einsatz, zeitweise gab es neun Brände gleichzeitig. Zwei große Feuer wüteten in der Nähe des Kibbuz Nir Am, einem Ort mit 513 Einwohnern, eines bei dem von 821 Menschen bewohnten Dorf Netiv HaAsara. Beide Orte liegen nordöstlich des Gazastreifens. Zahlreiche Brände gab es auch in der Region Eschkol südöstlich des Gazastreifens. Der Regionalrat berichtet von Bränden in der Nähe der Kibbuzim Be’eri (1.018 Einwohner), Kissufim (245 Einwohner), Nirim (366 Einwohner), Ein Hashlosha (399 Einwohner) und Re’im (410 Einwohner). Drohnenaufnahmen zeigen das Ausmaß der Verheerungen. Weite Teile eines Naturschutzgebiets wurden durch Brandstiftung zerstört. Das Sapir-College von Sderot musste geräumt werden, nachdem infolge eines Brandes dichter Rauch in das Gebäude eingedrungen war.

Brandstiftungen gab es in den letzten Wochen auch in der Region Gusch Etzion, einem in den 1920er Jahren gegründeten landwirtschaftlichen Siedlungskomplex zwischen Jerusalem und Hebron, der heute aus 18 Gemeinden mit zusammen rund 40.000 Einwohnern besteht. Wie die Jerusalem Post berichtete, schleuderten Araber aus der nahegelegenen Stadt Beit Ummar schon mehrmals nachts brennende Reifen in die Kirschbaumplantagen des Kibbuz Kfar Etzion. Die dadurch verursachten Brände richteten großen Schaden an. Die Brände zu löschen, sei nicht einfach, sagte ein örtlicher Sicherheitsbeamter der Zeitung; oft seien die Reifen mit Sprengstoff versehen, in der Hoffnung, Feuerwehrleute zu verletzen oder zu töten. Daher müsse erst die Armee gerufen werden, ehe die Feuerwehr mit dem Löschen beginnen könne.

„Eine weitere Form des landwirtschaftlichen Terrorismus“, so die Zeitung, sei der Diebstahl. Zwei Wochen, bevor die Kirschplantage von Kfar Etzion in Brand gesetzt wurde, hätten Araber aus den nahegelegenen Dörfern die Ernte geplündert und Tonnen von Früchten gestohlen. Schätzungen zufolge seien Kirschen im Wert von 200.000 Schekel (ca. 40.000 Euro) gestohlen worden. Dass dies „ein aus Hass verübtes Verbrechen“ sei, hätten die Täter klargemacht, indem sie ein Hakenkreuz auf einen Stein in der Plantage gemalt hätten.

 

Hakenkreuze als Botschaft an die Juden

Feuerdrachen: Europa ignoriert den Terror gegen IsraelAuch auf die Drachen, die für die Brandstiftungen benutzt werden, sind oft Hakenkreuze gemalt. Steve Inskeep, ein Reporter des amerikanischen öffentlichen Rundfunknetzwerks NPR, der Mitte Mai aus dem Gazastreifen über die Ausschreitungen berichtete, befragte dazu einen 19-jährigen, der einen solchen selbstgebastelten Drachen mit Hakenkreuzen in der Hand hielt. „Dieser Drache fliegt zu den Juden“, sagte der Araber mithilfe eines Dolmetschers zu dem Reporter. „Warum haben Sie Hakenkreuze darauf gemalt?“, fragte der Reporter. „Hitler wird die Juden ausrasten lassen, wenn sie das sehen“, sagte der Gazaner. Inskeep darauf: „Die Israelis wissen, dass es Leute gibt, die Drachen mit Hakenkreuzen steigen lassen. Sie wissen das und benutzen es, um Euch zu diskreditieren, sie sagen, dass dies zeige, dass Ihr schlechte Leute seid. Was denken Sie darüber?“ Die Antwort: „Das ist genau das, was sie wissen sollen, dass wir sie verbrennen werden.“

Die israelische Armee versucht unterdessen, die Terrordrachen mit Drohnen zum Absturz zu bringen. Weil sie angesichts der schieren Zahl an Drachen nicht genug Drohnenpiloten zu deren Abwehr hat, hat sie Reservisten einberufen, die als Hobbypiloten in ihrer Freizeit Drohnen steigen lassen. „Wir benutzen Drohnentechnologie, optische Technologie und kombinieren beides mit unseren Verteidigungssystemen, um mit der Herausforderung umzugehen“, sagt Nadav Livne, Chef der Forschungs- und Entwicklungsabteilung der israelischen Bodenstreitkräfte. Zwei Methoden hätten sich dabei als erfolgreich erwiesen: Kleine, stabile Drohnen, die mit Rasierklingen versehen sind, in die Drachen zu rammen oder eine größere Drohne zu verwenden, die mit einem Fänger bestückt ist, der den Drachen in der Luft einfängt und zum Boden bringt. Die Drohnen seien „robust“ und könnten „immer wieder“ eingesetzt werden. Die Armee hält diese Methode für erfolgreich, doch konnte sie offensichtlich neuerliche Brände nicht verhindern.

Tzachi Hanegbi, der Minister für regionale Kooperation, glaubt, die Israelis würden überreagieren. „Wir werden eine Lösung dafür finden. Wir müssen uns nicht aufregen.“ Das aber brauche „Zeit“. „Wir haben Antworten auf die Flugzeugentführungen gefunden und auf die Selbstmordbomber und auf die Kassam-Raketen und auf den Messerterror. Wir finden und zerstören die Tunnel. Wir werden nie hysterisch. Beruhigt Euch.“ Die Äußerung des Ministers gehe am Problem vorbei, meint Nir Meir, der Generalsekretär der Kibbuzbewegung: „Die Felder in der Gazakurve sind ein Symbol des Zionismus. Wer die Felder des Negev abfackelt, der verbrennt den Zionismus. Wer nicht herkommt und den geschwärzten Negev sieht, versteht nicht die psychologische Bedeutung.“

 

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Europa ignoriert das Inferno

Die Terrordrachen haben auch eine politische Bedeutung: Sie zeigen, dass Israel es sich keinesfalls erlauben kann, einen weiteren Quadratmeter Land zu räumen, da jeder Streifen Land, den Israel nicht mehr kontrolliert, sofort genutzt wird, um die israelische Bevölkerung zu terrorisieren. Mit Ausnahme der Räumung der Sinai-Halbinsel, die den Friedensvertrag mit Ägypten ermöglichte, hat bislang jeder Rückzug der israelischen Armee – aus Judäa und Samaria, aus dem Südlibanon, aus dem Gazastreifen – zu mehr Unsicherheit und mehr Terror geführt. Würde Israel denen folgen, die seit Jahren monoton einen „palästinensischen Staat mit Ostjerusalem als Hauptstadt“ fordern, würde bald ganz Jerusalem brennen. Die Redewendungen „den Konflikt anfachen“ und „Öl ins Feuer schütten“ bekämen eine ganz wörtliche Bedeutung.

Die Einnahme der Golanhöhen im Krieg von 1967 hingegen hat ein Problem gelöst: Zwischen 1948 und 1967 waren die Dörfer Galiläas immer wieder von der syrischen Artillerie beschossen worden; Bauern waren auf ihren Feldern nicht sicher und benutzten teilweise Traktoren mit einer improvisierten Panzerung für die Feldarbeit. Erst als der Golan israelisch wurde, kehrte Frieden ein.

Jetzt wiederholt sich der Krieg gegen die israelischen Bauern und ihre Felder. Die Terrordrachen mit aufgemalten Hakenkreuzen passen nicht in das in Westeuropa gezeichnete Bild von „Palästinensern“, die wegen der „gescheiterten Friedensverhandlungen“ „verzweifelt“ seien. Und so wird der neue Terror ignoriert, so wie einst auch die Kassam-Raketen: 2001 wurde diese Terrorwaffe zum ersten Mal benutzt; es dauerte viele Jahre, bis man im Westen Notiz davon nahm. Während Zeitungen und Fernsehen sonst über jeden Waldbrand berichten – mag dieser in Brandenburg, Frankreich, Griechenland, Portugal und Spanien oder Kalifornien toben –, erfährt der durchschnittliche Zeitungsleser und Fernsehzuschauer vom brennenden Israel überhaupt nichts. Dabei hatten ZDF und ARTE kürzlich sogar eine Dokumentation über die Ausschreitungen an der israelisch-gazanischen Grenze produziert, in der ein Drachenflieger die Hauptrolle spielte. Der aber habe nur „friedlichen Protest“ im Sinn, hieß es.

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