Falsche Berufung auf Martin Luther King

Sehr geehrte Redaktion der Wiener Zeitung,

Alexander Dworzak präsentiert in einem Artikel den arabisch-israelischen Politiker Ayman Odeh als den „Martin Luther King aus Haifa“. Odeh, so ist zu lesen, vergleiche sich gerne mit dem berühmten amerikanischen Kämpfer gegen rassistische Unterdrückung, denn: „Netanjahus Politik ähnle schließlich dem Umgang mit Schwarzen zur Zeit des Bürgerrechtlers.“ Dieser Vergleich ist indiskutabel und infam: Als Martin Luther King Mitte der 1950er-Jahre seinen Kampf um die volle Gleichberechtigung der afroamerikanischen Bevölkerung aufnahm, herrschte in Teilen der USA rassistische Segregationspolitik. Nichts dergleichen gibt es in Israel: Arabische Israelis sind ihren jüdischen Mitbürgern rechtlich völlig gleichgestellt und u.a. selbstverständlich auch in der Knesset, dem israelischen Parlament, vertreten. Die arabische Minderheit verfügt über mehr Rechte als nationale Minderheiten in so manchen europäischen Staaten. Erst im vergangenen Dezember verabschiedete die israelische Regierung ein Maßnahmenpaket im Wert von rund 15 Milliarden Schekel (ungefähr 3,5 Milliarden Euro), das in den kommenden fünf Jahren dazu beitragen soll, dennoch bestehende soziale und wirtschaftliche Benachteiligungen israelischer Araber abzubauen.

Premier Netanjahu mit Proponenten einer rassistischen Segregationspolitik zu vergleichen, mag beim Publikum des alles andere als israelfreundlichen „Bruno Kreisky Forum für internationalen Dialog“, in dem Odeh zu Gast war, für wohliges Gruseln sorgen, stellt abgesehen davon aber eine indiskutable Diffamierung des jüdischen Staates und seiner demokratisch gewählten Repräsentanten dar.

„Ich verurteile jegliche Gewalt gegen Zivilisten“, soll Odeh gesagt haben. Nicht übersehen werden sollte allerdings, was er nicht zum Ausdruck brachte: Er mag sich von mörderischen Attacken auf Zivilisten distanzieren, aber was ist mit ebensolchen Anschlägen auf israelische Sicherheitskräfte oder Soldaten? Immerhin unterscheidet sich Odeh in seiner Ablehnung von Gewalt gegen Zivilisten von vielen Kollegen der von ihm geführten „Gemeinsamen Liste“, die neben einigen anti-zionistischen Parteien auch deklarierte Islamisten umfasst. Erst in der vergangenen Woche sorgten Abgeordnete von Odehs Fraktion für Empörung, als sie den Familien palästinensischer Terroristen ihre Aufwartung machten und Schweigeminuten für Attentäter einlegten, die während der Ausführung ihrer Attacken getötet worden waren. Extremisten wie Odehs Kollegin Hanin Soabi legitimieren selbst noch die barbarischsten Terrorangriffe auf Juden als „legitimen Widerstand“. Martin Luther King hätte mit solchen Befürwortern mörderischer Gewalt nicht gemeinsame Sache gemacht.

Mit freundlichen Grüßen,
Mag. Florian Markl
Mena Watch – Der unabhängige Nahost-Thinktank

Bleiben Sie informiert!
Mit unserem wöchentlichen Newsletter erhalten Sie alle aktuellen Analysen und Kommentare unserer Experten und Autoren sowie ein Editorial des Herausgebers.

Zeigen Sie bitte Ihre Wertschätzung. Spenden Sie jetzt mit Bank oder Kreditkarte oder direkt über Ihren PayPal Account. 

Mehr zu den Themen

Das könnte Sie auch interessieren

Wir sprechen Tachles!

Abonnieren Sie unseren Newsletter und erhalten Sie einen unabhängigen Blickzu den Geschehnissen im Nahen Osten.
Bonus: Wöchentliches Editorial unseres Herausgebers!

Nur einmal wöchentlich. Versprochen!