Die Illusion einer iranischen Öffnung

Von Alexander Gruber

Seit der als Atomdeal bezeichneten Absichtserklärung mit der Islamischen Republik geistert im Westen die Vorstellung von einer Mäßigung des Regimes in Teheran herum. Das Abkommen hätte zu einer Rehabilitierung des Landes führen und es als vollwertigen Partner in die internationale Gemeinschaft zurückführen sollen. Das sollte zu einer Stärkung des als ‚moderat‘ bezeichneten Lagers um Präsident Rohani führen und ihm ermöglichen, seinen ‚Reformkurs‘ weiterzuverfolgen. Soweit die Theorie. In der Praxis hat sich bisher keine dieser Wunschvorstellungen eingestellt. Das ist am Vorgehen in Syrien zu sehen, wo vom iranischen Regime befehligte schiitische Milizen immer mehr an Bedeutung gewinnen. Darüber hinaus ist auch innenpolitisch von der oft beschworenen Mäßigung kaum etwas zu bemerken. Ganz im Gegenteil.

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So geht seit dem Abschluss des Atomabkommens in der Islamischen Republik die größte Verhaftungswelle seit den gefälschten Präsidentschaftswahlen 2009 vonstatten. Das Wall Street Journal wies letzte Woche darauf hin, dass die Zahl der Verhaftungen von Oppositionellen und politischen Gegnern seit den Wiener Verhandlungen im vergangenen Sommer rapide angestiegen ist.

„Since completion of the agreement in July, Tehran security forces, led by Supreme Leader Ayatollah Ali Khamenei, have stepped up arrests of political opponents in the arts, media and the business community, part of a crackdown aimed at ensuring Mr. Khamenei‘s political allies dominate national elections scheduled for Feb. 26, according to Iranian politicians and analysts.“

In Laufe der nächsten Wochen sollen im Zuge der Sanktionsaufhebung etwa 100 Milliarden US-Dollar an eingefrorenen iranischen Staatseinnahmen freigegeben werden. Die u. a. von US-Präsident Obama gehegten Hoffnungen, dass diese Gelder zur Umsetzung gesellschaftlicher, politischer und ökonomischer Reformen verwendet werden, dürften sich als die Illusion erweisen, die sie von Beginn an waren:

„Iranian academics close to Mr. Rouhani are increasingly concerned Mr. Khamenei will use the money and diplomatic rewards to entrench hard-line allies, at the expense of the president. Many of the companies about to be removed from international blacklists are part of military and religious foundations, including some that report directly to Mr. Khamenei. … Next month‘s Iranian election will choose a new parliament and the administrative body empowered to select Mr. Khamenei‘s successor, a new leader who could steer Iranian politics for many years ahead, analysts said. There are signs that hard-liners will limit the number of reformist politicians eligible to run“.

Mit gutem Grund appellierte der Direktor der Anti-Defamation League, Jonathan Greenblatt, kürzlich: „[D]ie „weitergehenden Menschenrechtsverletzungen wie die außenpolitische Aggression der Islamischen Republik müssen in Betracht gezogen werden, wenn man über die Perspektive normalisierter Beziehungen mit dem Iran nachdenkt.“ Nichts deutet darauf hin, dass man in Europa und den USA augenblicklich gewillt ist, derlei Mahnungen zu beherzigen.

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