in Ihrer Anmoderation zum gestrigen ZiB24-Bericht über John Kerrys Nahost-Rede führten Sie aus, dass Israel durch die Rückendeckung der USA „auch immer munter weiter die umstrittenen Siedlungen bauen konnte.“ Abgesehen davon, dass der US-Außenminister auch bisher schon den Ausbau der jüdischen Gemeinden im Westjordanland stets kritisierte – und Israel 2014 gar einen nur obsessiv zu nennenden Apartheid-Vorwurf machte – suggerierten Sie damit, dass es in den letzten Jahren zu einer Ausweitung der Siedlungstätigkeit gekommen sei.
Darf ich Sie fragen, worauf Sie Ihre Aussage stützen? Die offiziellen Statistiken des israelischen Central Bureau of Statisitics sprechen nämlich eine ganz andere Sprache. Dort heißt es, dass die Bautätigkeit in den Siedlungen außerhalb der großen Blöcke – die nach allem Ermessen bei einer künftigen Friedenslösung per Landtausch an Israel gehen werden – nahezu exakt dem natürlichen Wachstum, also der Geburtenrate entsprach. Ein nennenswerter Zuzug neuer Siedler konnte nicht festgestellt werden. Gemäß der extrem regierungs- und siedlungskritischen israelischen Organisation B’Tselem sind seit Mitte der neunziger Jahre ganze vier neue Siedlungen im Westjordanland entstanden.
Angesichts dieser Zahlen kamen Elliott Abrams und Uri Sadot kürzlich zu der Conclusio, dass die alarmistischen Warnungen vor einer gesteigerten Bautätigkeit, durch die sich mehr und mehr Teile des Westjordanlands einverleibt würden, „schlicht und ergreifend falsch“ sind. Zieht man die ohnehin schon verfahrene Situation vor Ort in Betracht, so ist es wohl nur kontraproduktiv zu nennen, dass in den Medien immer wieder dieselben Behauptungen aufgestellt werden, ohne dass sich groß die Mühe gemacht würde nachzuprüfen, ob die kolportierten Informationen die Lage vor Ort auch adäquat wiedergeben.
Mit freundlichen Grüßen,
Mag. Alexander Gruber
Mena Watch – der unabhängige Nahost-Thinktank