Ausgang der Irak-Wahlen: Teheran schickt seinen Mann fürs Grobe

Von Thomas von der Osten-Sacken

Ausgang der Irak-Wahlen: Teheran schickt seinen Mann fürs Grobe
Muqatada al-Sadr

Die irakische Wahlkommission hat die Ergebnisse die landesweiten Ergebnisse inzwischen veröffentlicht: Der überraschende Sieger ist die von Muqatada al-Sadr und den Irakischen Kommunisten (ICP) angeführte Sayirun-Liste, die einen dezidiert irakisch-nationalistischen Wahlkampf geführt hatte, der sich sowohl gegen den Iran als auch die USA richtete. Schlechte Nachrichten sind dies vor allem für das Regime in Teheran, das auf Nouri al-Maliki und die vom Milizenführer Hadi al-Amiri geführte „Fatah“-Liste gesetzt hatte. Und al-Sadr scheint es ernst mit seinen Ankündigungen, wie ein erstes Statement von ihm zeigt:

In einer Erklärung brachte Sadr seine Bereitschaft zum Ausdruck, mit mehreren Parteien zusammenzuarbeiten, darunter al-Hikma, al-Wataniya und die kurdischen Parteien Gorran und Neue Generation. Die Rechtsstaatskoalition oder die Fatah-Koalition, die beide enge Verbindungen zum Iran unterhalten, erwähnte er nicht.

Die Fatah-Koalition, die sich aus Mitgliedern der paramilitärischen Hashd al-Shaabi-Milizen zusammensetzt, erhielt 47 Sitze, während die State-of-Law-Koalition des früheren Premierministers Nouri al-Maliki mit 25 Sitzen den vierten Platz erreichte.

Montagfrüh hatten sich Anhänger von Sayirun in Bagdad versammelt, den Sieg ihrer Liste gefeiert und dabei verschiedene gegen den Iran gerichtete Slogans gerufen. Eigentlich dürfte eine neue Regierung in Baghdad kaum ohne Zustimmung von al-Sadr und der ICP  zustande kommen. Wie sehr al-Sadr all jene Parteien, die eng mit dem Iran verbündet sind, meidet, zeigt sich darin, dass er in seinem Statement die Patriotische Union Kurdistans (PUK) nicht erwähnt. Die gilt im kurdischen Nordirak nämlich inzwischen als engster Alliierter des Regimes in Teheran – und ihr wird von anderen kurdischen Oppositionsparteien vorgeworfen mit Hilfe aus dem Iran die Wahlergebnisse in Suleymaniah gefälscht zu haben.

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Qassem Soleimani mit dem Führer der Fatah-Liste Hadi Al-Amiri

In Teheran scheint man über das Ergebnis hochgradig alarmiert zu sein und schickt seinen  Mann fürs Grobe nach Badgdad:  Den Führer der gefürchteten Revolutionsgardisten, Qassem Soleimani.

„Eine mit dem Vorgang vertraute Quelle hat Kurdistan 24 am Dienstag berichtet, dass der umstrittene iranische Genral Qassem Soleimani nach der Bekanntgabe des vorläufigen Wahlergebnisses in Bagdad mit führenden schiitischen Politikern verhandele. Soleimani, der für die Auslandsoperationen des Korps der Irakischen Revolutionsgarden verantwortlich ist, arbeitete im Krieg gegen den Islamischen Staat eng mit den irakischen Milizen der Haschd al-Schabi (PMF) zusammen und steht wie kein zweiter für den iranischen Einfluss in Bagdad. ‚Soleimani ist gerade in Bagdad eingetroffen‘, so die Quelle, die nicht genannt werden wollte, Kurdistan 24 gegenüber. ‚Sein Besuch fiel mit der Bekanntgabe des Wahlergebnisses zusammen.‘“

Die Frage nun ist: Wird ihm gelingen, was dem Iran bei den Wahlen 2010 auch gelang? Damals hatten teherantreue Parteien auch verloren, mit massivem Druck und politischem Geschick war es dem Iran allerdings gelungen, seine Verbündeten trotzdem an die Macht zu bringen. So konnte der Wahlverlierer Nouri al-Maliki zum Premier werden, mit allen desaströsen Folgen. Damals allerdings gab die Obama-Administration ihren Segen, wollte sie doch unbedingt ihre Truppen aus dem Irak abziehen. Man vermutet, der Iran habe damals als Gegenleistung so etwas wie einen freien Abzug versprochen: Schließlich kam 2011 – als die US-Armee das Zweistromland verließ – kein einziger Soldat zu Schaden, während in den Jahren zuvor ein Großteil aller getöteten Amerikaner im Irak auf das Konto iranische unterstützter Terrorgruppen oder Milizen gegangen sein soll.

Mit Verständnis oder gar Unterstützung aus den USA kann der Iran diesmal nicht rechnen, auch im Irak selbst ist die Situation heute eine andere. Insofern ist äußerst fraglich, ob es Soleimani gelingen wird, die dem Iran treu ergebenen Wahlverlierer an die Regierung zu bringen. Aber Teheran wird nichts unversucht lassen, um seinen Einfluss im Nachbarland zu wahren, notfalls, so fürchten viele Irakis, sei der Iran auch bereit das Land in einen neuen Bürgerkrieg zu stürzen.

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Muqatada al-Sadr mit dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman

Ob al-Sadr, der, bevor er seinen politischen Schwenk vollzog, selbst ein äußerst enges Verhältnis mit Teheran unterhielt – die USA warfen ihm damals vor, im Auftrag der iranischen Regierung an der Ermordung des prowestlichen Ayatollahs al Khoei involviert gewesen zu sein –, dem enormen Druck aus dem Iran wird standhalten können oder wollen, ist eine weitere offene Frage. Wird er sich nämlich auch in nächster Zeit so konsequent gegen die Islamische Republik stellen, muss auch er mit ernsten Konsequenzen fürchten. Schon vor ihm fielen  andere hochrangige schiitische Politiker und Kleriker , die sich Teheran nicht gefügig erwiesen, Attentaten zum Opfer.

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