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Ein Mord, zwei Sichtweisen: Ari Fuld und medialer Whataboutism

Er starb, wie er gelebt hatte. Furchtlos, kämpferisch und wehrhaft. Trotz der tödlichen Verletzungen im rechten Brustkorb verfolgte er den Mann, der ihn von hinten niedergestochen hatte, schoss ihn an und rettete damit noch im Sterben vermutlich mindestens einer Frau das Leben. Dann brach er zusammen. Wenig später erlag er im Krankenhaus seinen Verletzungen. Ari Fuld wurde 45 Jahre alt. Erstochen wurde der Vater von vier Kindern auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums an der Gush-Etzion-Kreuzung im Westjordanland. Sein Mörder war ein 17-jähriger Palästinenser aus Yatta.

Fuld, ein amerikanisch-israelischer Doppelstaatsbürger, lebte in Efrat, einer Siedlung im Bezirk Judäa und Samaria im Westjordanland. Der frühere Kampfsportlehrer und IDF-Fallschirmspringer unterstützte die israelischen Verteidigungskräfte, hielt immer wieder Vorträge und war nicht zuletzt durch seine Social-Media-Aktivitäten landesweit bekannt. Richard Kemp ehrte ihn mit den Worten: „Ein Soldat bis zuletzt“. Yoni Friedman schrieb auf Facebook: „Als ich hörte, dass Ari Fuld Opfer eines Terroranschlags wurde, wusste ich sofort, dass er in den Rücken gestochen wurde. Es hätte keinen anderen Weg geben können; ich habe gesehen, wie Ari hunderten von Schülern beigebracht hat, wie man einen Terroristen mit einem Messer entwaffnet und auseinandernimmt. Der Mann war unantastbar.“ Der jüdische Staat betrauerte Fuld als einen „herausragenden Helden“ und einen „Streiter für Israel“.

Khalil Jabarin, der Mörder von Ari Fuld, kommt aus Yatta, einer kleinen Stadt in der Nähe von Hebron mit 64.000 Einwohnern. Ob der Mörder sein Opfer absichtlich ausgesucht hatte, ist nicht bekannt, aber die Tat war jedenfalls geplant. Wenige Minuten vor dem Anschlag informierte Jabarins Mutter IDF-Soldaten, dass ihr Sohn einen Anschlag in Israel plane. Zu spät, um die Tat noch zu verhindern.

Yatta brachte schon in der Vergangenheit immer wieder Terroristen hervor, die Israelis ermordeten. Eine der Schulen der Stadt ist nach Abu Ali Iyad benannt, einem führenden Befehlshaber der Fatah und engen Vertrauten Yassir Arafats, der viele Angriffe auf Israel geplant und ausgeführt hatte und 1971 im Kampf gegen Jordanische Truppen starb.

Dass Schulen nach palästinensischen Terroristen benannt werden, ist keine Ausnahme. 2013 wurde eine in Hebron mit belgischem Geld erbaute Mädchenschule nach Dalal Mughrabi umbenannt, einer Terroristin, die 1978 zusammen mit ihren Komplizen im Zuge des „Coastal Road massacre“ 38 Israelis ermordet hatte, darunter 13 Kinder. Bis heute weigert sich die Palästinensische Autonomiebehörde, die Schule wieder umzubenennen. Der belgische Unterrichtsminister gab vorige Woche deshalb bekannt, die Zusammenarbeit mit der PA einzustellen und keine weiteren Schulprojekte mehr zu finanzieren, nachdem Belgien bereits im Vorjahr Mittel in Höhe von 3,8 Millionen US-Dollar eingefroren hatte. Belgien ist das einzige Land der Europäischen Union, das so konsequent vorgeht.

Wie man einen Mord relativiert

Ein Mord, zwei Sichtweisen: Ari Fuld und medialer Whataboutism

Auch die deutschsprachigen Medien berichteten von der Ermordung Ari Fulds. Es lohnt sich, auf den auf einer APA-Meldung beruhenden Bericht in der österreichischen Tageszeitung Der Standard einzugehen, weil er geradezu prototypisch für der Großteil der hiesigen Israel-Berichterstattung ist. Auf die korrekte Überschrift folgt die Einleitung:

„Siedleraktivist ermordet – Palästinensischer Jugendlicher starb nach Ausschreitungen an der Gazagrenze“.

Hm. Was haben der palästinensische Jugendliche und Ausschreitungen an der Gazagrenze mit dem Mord an Ari Fuld zu tun?

„Ein palästinensischer Teenager hat im Westjordanland einen bekannten israelischen Siedler-Aktivisten erstochen.

Teenager gegen Siedler-Aktivist. Da weiß man, wo das Herz schlägt.

„Der getötete Aktivist Ari Fuld (45) äußerte sich regelmäßig im Fernsehen. Der vierfache Vater lebte in der jüdischen Siedlung Efrat. Fuld betrieb eine Seite beim Onlinenetzwerk Facebook mit Namen ‚Israel Defense Page‘. Im Fernsehen vertrat er Hardliner-Positionen. So sagte er etwa jüngst während eines Marsches rechtsgerichteter Israelis durch die von Israel annektierte Ostteil Jerusalems anlässlich des 50. Jahrestages der Kontrollübernahme im Sechs-Tage-Krieg (1967): ‚Heute feiern wir die Vereinigung Jerusalems.‘“

Was muss er auch solch Hardliner-Positionen vertreten, noch dazu im Fernsehen. Und so folgt im übernächsten Absatz prompt die Lösung des Rätsels, was der gestorbene palästinensische Jugendliche mit dem ermordeten Israeli zu tun hat: Nichts.

„Im Gazastreifen starb unterdessen ein palästinensischer Jugendlicher, der Anfang August bei Protesten an der Grenze zu Israel von israelischen Soldaten angeschossen worden war. Nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums war der 16-Jährige am 3. August nahe Khan Yunis verletzt worden. Damit stieg die Zahl der seit Ende März an der Grenze zwischen dem Gazastreifen und Israel getöteten Palästinenser auf 180.“

Nichts an diesem Text ist komplett falsch. Aber in jedem anderen Zusammenhang würde die Gegenüberstellung dieser beiden Ereignisse in ein und demselben Beitrag – zurecht – als Whataboutism oder Relativierung angeprangert.

Der Wahnsinn hat Methode

Ein Mord, zwei Sichtweisen: Ari Fuld und medialer Whataboutism

Es scheint, als hätte der Wahnsinn Methode. Denn offenbar gehört es zum Geschäftsmodell des Standard, der „Zeitung für Leser“, dass ebendiese ihren antisemitischen Müll im Standard-Forum absondern dürfen. »Mein Mitleid [hält sich] in äußerst engen Grenzen. Wer Terror sät, bekommt manchmal wenn es gut läuft manchmal etwas zurück«, freut sich ein Poster über den Mord an Fuld. Palästinenser werden mit den Bewohnern des Warschauer Ghettos verglichen, Israel wird als „Terrorstaat“ diffamiert, einer scheibt „Ein Siedler ist ein Verbrecher“, und ein anderer breitet die Mutter aller Verschwörungstheorien aus: „Insbesondere die USA befinden sich im Einflussbereich der ‚jüdischen Lobby‘ an der kein US Präsident vorbeikommt … Und der Zentralrat ist in Deutschland so einflussreich wie der Wächterrat in Iran.“

Im Online Forum dieser angeblich linksliberalen Zeitung wird kein antisemitisches Klischee ausgelassen. Dabei zählte der Ticker zum Zeitpunkt, an dem ich diese Zeilen schreibe, fünf Tage nach Erscheinen des Artikels, gerade einmal überschaubare 101 Kommentare. Wie war das doch gleich mit dem Kampf gegen Hate-Speech im Internet? Egal, die Klicks heiligen die Mittel.

Ich wäre auf die Reaktionen in diesem Forum gespannt, wenn ein 17-jähriges AfD-Mitglied einen islamischen Prediger ermorden würde und im Standard diese Sätze zu lesen wären:

„Ein deutscher Teenager hat in Berlin einen bekannten türkischen Prediger erstochen. Der getötete Aktivist Mohammed Günür (45) äußerte sich regelmäßig im Fernsehen. Der vierfache Vater lebte in Neukölln. Günür betrieb eine Seite beim Onlinenetzwerk Facebook mit Namen ‚Die Wahre Religion‘. Im Fernsehen vertrat er Hardliner-Positionen. So sprach er etwa jüngst bei einer Demonstration: ‚Die Demokratie ist nur der Zug, auf den wir aufsteigen, bis wir am Ziel sind. Die Moscheen sind unsere Kasernen, die Minarette unsere Bajonette, die Kuppeln unsere Helme und die Gläubigen unsere Soldaten.‘

In Hamburg starb unterdessen eine deutsche Jugendliche, die bei einer islamistischen Messerattacke verletzt worden war. Nach Angaben des deutschen Gesundheitsministeriums war die 16-Jährige am 28. Juli im Stadtteil Barmbek-Nord mit Messerstichen verletzt worden. Damit stieg die Zahl der seit Anfang des Jahres von Islamisten getöteten Europäer auf 62.“

Sie halten das für undenkbar? Mit Recht.

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