Abbas’ antisemitische Hetze im Europaparlament: Die Reaktionen der österreichischen EU-Abgeordneten

Abbas - EU-ParlamentVon Florian Markl

Am 23. Juni hielt Mahmud Abbas, Vorsitzender der Palästinensischen Autonomiebehörde und Chef der PLO, vor dem EU-Parlament eine offen antisemitische Rede und erhielt nichtsdestotrotz von den anwesenden Abgeordneten Standing Ovations. Mena Watch hat sich daraufhin an alle österreichischen EU-Parlamentarier mit der Bitte gewandt, uns diesbezüglich vier Fragen zu beantworten:

  • Haben Sie der Rede von Mahmud Abbas auch Beifall gespendet?
  • Jetzt, da Ihnen die antisemitischen Aussagen von Abbas bekannt sein müssen, halten Sie den Applaus im Rückblick für gerechtfertigt?
  • Welches Zeichen setzt das EU-Parlament, wenn es judenfeindliche Hetze mit Standing Ovations beantwortet?
  • Hat die Kenntnisnahme des von Mahmud Abbas propagierten Antisemitismus Auswirkungen auf ihre Haltung zum israelisch-palästinensischen Konflikt?

Wir dokumentieren im Folgenden die Antworten, die wir von österreichischen EU-Abgeordneten aus allen Parteien erhalten haben in der Reihenfolge, in der sie bei uns eingetroffen sind.

Die erste Reaktion kam vom freiheitlichen Abgeordneten Harald Vilimsky:

Sehr geehrter Herr Mag. Markl!

Kurz und präzise: Ich habe nicht Beifall gespendet, sondern deutlich Ablehnung signalisiert. Mir war es unverständlich, dass eine große Mehrheit der Mandatare – quer durch alle Länder und Fraktionen – sogar ‚standing ovations‘ geboten haben. Es wäre an Parlamentspräsident Schulz gelegen, Worte der Klarstellung zu sprechen. Diese unterblieben, für mich unverständlich! An meiner bisherigen Haltung hat sich nichts verändert, das Existenzrecht Israels ist für mich unantastbar.

Besten Gruß,
Harald Vilimsky

Als zweite erreichte uns die Antwort der NEOS-Abgeordneten Angelika Mlinar:

Sehr geehrter Herr Mag. Markl,

besten Dank für Ihr Interesse an den Vorgängen im EU-Parlament und meiner persönlichen Meinung.

Ich habe die Rede von Mahmud Abbas im Europäischen Parlament inhaltlich nicht gut gefunden, die Tatsache, dass er in der gleichen Plenarsession wie Israels Präsident Rivlin zu uns gesprochen hat, jedoch schon. Die Details zu den zu kritisierenden Aussagen, den mittlerweile korrigierten bzw. offenbar zurückgenommenen Passagen und die Erörterung des Nahost-Konflikts würden den Rahmen dieses Mails sprengen, daher nur kurz zum Kern Ihrer Anfrage:

Als liberale Politikerin glaube ich, dass man einem Ehrengast im Europäischen Parlament nach seiner Rede Beifall spenden darf und dabei auch gleichzeitig kritisch bezüglich bestimmter Punkte sein kann. Ich habe beiden Präsidenten applaudiert. Beide haben wichtige Punkte vorgebracht und gemeinsam ein Zeichen dafür gesetzt, dass der Wille zu einer friedlichen Lösung vorhanden ist.

Mit freundlichen Grüße aus Brüssel
Angelika Mlinar

Darauf folgte die Zuschrift des SPÖ-Abgeordneten Eugen Freund:

Sehr geehrter Herr Mag. Markl,

mit Interesse habe ich Ihr Schreiben hinsichtlich der Rede des palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas vor dem Europäischen Parlament gelesen. Erlauben Sie mir, dass ich Ihnen als Mitglied des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten des Europäischen Parlaments und Mitglied der Delegation für die Beziehungen mit Palästina im Namen der SPÖ EU-Delegation, Evelyn Regner, Karoline Graswander-Hainz, Karin Kadenbach, Josef Weidenholzer und mir, antworte.

Fest steht, dass wir als SozialdemokratInnen, eine der Demokratie verpflichtete Partei sind und aufgrund unserer schmerzlichen historischen Erfahrungen jegliche Form des Rassismus und des Antisemitismus verurteilen. Aus diesem Grund werden wir niemals antisemitische Äußerungen gut heißen.

Wir sehen die Rolle der Europäischen Union und des Europäischen Parlaments im Nahost-Friedensprozess darin, Brücken zu bauen und den Friedensprozess zu forcieren und voran zu bringen. Um dies zu verwirklichen, ist es unerlässlich für die EU, sowohl das Vertrauen der israelischen als auch der palästinensischen Seite zu bewahren.

Aus diesem Grund sind die Reden vor dem Europäischen Parlament, sowohl des israelischen Präsidenten Reuven Rivlin am Mittwoch den 22. Juni 2016, als auch des palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas am Donnerstag den 23. Juni 2016, ein wichtiges Zeichen dafür, dass die Europäische Union angesichts der derzeitigen Herausforderung diesen Konflikt nicht aus den Augen verliert und auch weiterhin entsprechend ihre Aufmerksamkeit schenkt.

In Ihrem Schreiben weisen sie auf eine Aussage des palästinensischen Präsidenten hin, bei der herausgestrichen wird, dass nicht nur die Palästinenser zu Gewalt aufrufen, sondern, dass auch bestimmte israelische Rabbiner dazu aufgerufen hätten, palästinensisches Wasser zu vergiften. Diese Aussage wurde mittlerweile zurückgezogen und Mahmoud Abbas, wie auch die PLO, haben sich davon offiziell distanziert. Dies nehmen wir entsprechend zur Kenntnis.

Mit freundlichen Grüßen,
Eugen Freund

Als nächste antwortete uns die Grünen-Abgeordnete und Vize-Präsidentin des EU-Parlaments Ulrike Lunacek:

Sehr geehrter Herr Mag. Markl,

als Delegationsleiterin der österreichischen Grünen im Europäischen Parlament darf ich mich für Ihr Schreiben bedanken und auch im Namen meiner KollegInnen Monika Vana und Michel Reimon dazu Stellung nehmen.

Soviel einmal prinzipiell vorweg: Allein schon die Vermutung, dass die Grünen irgendwann und irgendwo auch nur irgendeine Form von Antisemitismus tolerieren würden, geschweige denn dieser Form von Rassismus auch noch applaudieren würden, ist absolut undenkbar, weil es dem Grundprinzip Grüner Politik absolut widerspricht.

Das gilt natürlich auch für den von Ihnen angesprochenen Auftritt von Präsident Mahmud Abbas. Dieser hat in seiner Rede ein Friedensangebot an die israelische Seite gemacht, so wie am Vortag der israelische Präsident Reuven Rivlin im EP einen Friedensappell (in arabischer Sprache!) an die palästinensische Seite gerichtet hat.

Darauf haben sich der Applaus der Abgeordneten des Europäischen Parlaments als auch die Dankesworte von Präsident Schulz bezogen. Das Textprotokoll dazu darf ich Ihnen im Anhang zukommen lassen.

Dort können Sie auch nachlesen, dass das Europäische Parlament selbstverständlich jede Initiative in diese Richtung begrüßt und bestmöglich unterstützen wird. (…)

Mit freundlichen Grüßen,
Ulrike Lunacek

Zu guter Letzt erreichte uns eine Antwort aus dem Büro des ÖVP-Abgeordneten Heinz K. Becker, in der wir auf zwei Stellungnahmen zur Rede von Mahmud Abbas hingewiesen wurden. Auf seiner Facebook-Seite schrieb Becker am Freitagnachmittag unter Bezugnahme auf einen neuerlichen mörderischen Anschlag durch palästinensische Terroristen:

Mir reicht es voll: dass jetzt die palästinensische Fatah den Mörder eines 13jährigen Mädchens über Facebook als einen HELDEN und MÄRTYRER feiern, lässt mich eine vehemente Forderung an EU-Parlamentspräsidenten Schulz richten, die Beziehungen zu Palästina dringend und ernsthaft zu überdenken und neu auszurichten. Wir müssen auf die hetzerischen Worte des palästinensischen Präsidenten Abbas in Brüssel reagieren und Konsequenzen ziehen!

p.s. dass im Parlament applaudiert wurde, erklärt sich daraus, dass dies als formale Geste bei jedem Staatsbesuch geschieht, das hat null inhaltliche Bedeutung, es verhindert aber Eklats, die dem Europaparlament als Ort des Treffens mit allen Seiten widerspricht.

Der zweite uns geschickte Link führt zu Beckers eigener Homepage, auf der am 1. Juli folgende Stellungnahme veröffentlicht wurde:

ÖVP-Becker zu Abbas-Entgleisungen: EU-Parlamentspräsident Schulz muss jetzt Beziehungen überdenken!

Applaus für mörderische und antisemitische Hetze ist untragbar – Hassreden haben im EU-Parlament nichts verloren

Nach den inakzeptablen, hetzerischen und antisemitischen Aussagen von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas vor dem Europäischen Parlament, fordert der ÖVP-Europaabgeordnete Heinz K. Becker den Parlamentspräsidenten Schulz auf, die Beziehung zu palästinensischen Vertretern zu überprüfen und, wenn notwendig, bis auf weiteres auf Eis zu legen. Becker: „Abbas hat in seiner Rede vor dem Europaparlament am 23. Juni 2016 sein Gastrecht für eine reine Hetze gegen Juden missbraucht – das ist nicht zu akzeptieren. Hier muss es eine klare und unmissverständliche Botschaft an die Palästinenser geben.“, so Becker.

Meldungen über eine Rücknahme der Aussagen seitens Abbas lässt Becker nicht gelten: „Es kann nicht sein, dass Menschen im EU-Parlament offen Hetze betreiben, den Konflikt weiter befeuern und Terrorismus schüren können. Damit geben wir Antisemitismus, Rassismus und islamistischer Hetze im Europaparlament eine Bühne – das ist völlig inakzeptabel.“ Viel zu lange schon betreiben Abbas und palästinensische Extremisten ein perfides Spiel der Hetze mit anschließendem Revidieren, kritisiert Becker.

Die Fatah erklärte darüber hinaus auf ihrer Facebook-Seite einen Mörder, der ein 13-jähriges jüdisches Mädchen im Schlaf erstochen hat, zum Märtyrer und Helden – samt versprochener finanzieller Unterstützung für die Hinterbliebenen. „Ohne eine sofortige entsprechende Reaktion von EU-Parlamentspräsident Schulz würde auch er sich zum Erfüllungsgehilfen einer Organisation machen, die Terrorismus nicht nur ideell, sondern auch finanziell unterstützt. Ich fordere ihn daher auf, die Verbindungen und Beziehungen zur Fatah in vollem Umfang zu überdenken und neu zu definieren.“

Aktuelle Zahlen aus unterschiedlichen EU-Mitgliedstaaten zeigen, dass Antisemitismus und Extremismus in Europa zunehmen. „Juden, aber auch liberale Muslime, müssen Angst haben und leben zum Teil mit Polizeischutz. Das EU-Parlament ist gefordert, offen und entschieden gegen Antisemitismus, Rassismus und islamistische Hetze aufzutreten. Denn der europäische Gedanke verlangt eine Gemeinschaft der Ein- und nicht der Zwietracht. Eine dringende Voraussetzung dafür ist eine sofortige Schaffung einheitlicher Gesetzgebung gegen Hetze und Hassreden in ganz Europa!“, so Becker.

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