Die Verbreitung von Waffen aus iranischer Produktion unter den Stellvertretern Teherans wird durch den Verkauf von israelischer Verteidigungstechnologie an Jerusalems Verbündete bekämpft.
Yaakov Lappin
Am 10. Juli berichteten marokkanische Medien über Pläne des nordafrikanischen Landes, im Rahmen eines Ein-Milliarden-Dollar-Geschäfts einen Spionagesatelliten von der staatlichen Firma Israel Aerospace Industries (IAI) zu erwerben, was einen bedeutenden Transfer israelischer Fähigkeiten an einen gemäßigten arabischen Verbündeten signalisiert, der vom Iran bedroht wird.
Das Geschäft, das Berichten zufolge über einen Zeitraum von fünf Jahren abgewickelt werden soll, sieht vor, Marokko mit hochentwickelter Satellitentechnologie zu versorgen, um die Überwachungs- und Aufklärungsfähigkeiten zu verbessern. Dieser Schritt stellt einen großen Sprung in Marokkos militärischen und nachrichtendienstlichen Operationen dar, spiegelt aber auch die wachsende strategische Partnerschaft des Landes mit Israel wider.
Ob Zufall oder nicht, die Ankündigung erfolgt zu einer Zeit, in der die Besorgnis über die iranische Unterstützung für die Polisario-Front, eine Separatistengruppe, welche die Unabhängigkeit der Westsahara von Marokko anstrebt, zunimmt. In jüngsten Artikeln der La Revue Afrique wurde ausführlich dargelegt, dass der Iran der Polisario-Front moderne Waffen, darunter Mörsergranaten und Boden-Luft-Raketen, zur Verfügung stellt, aber auch die Rolle der Hisbollah bei der Ausbildung von Polisario-Kämpfern in Algerien hervorgehoben.
Marokko wirft dem Iran seit Langem vor, die Region durch die Bewaffnung der Polisario zu destabilisieren. Dies veranlasste Rabat im Mai 2018, die diplomatischen Beziehungen zu Teheran abzubrechen. Der marokkanische Außenminister Nasser Bourita nannte die militärischen Beziehungen der Hisbollah zur Polisario, die über die iranische Botschaft in Algerien vermittelt werden, eine direkte Bedrohung für die Sicherheit Marokkos.
Stärkung der Verbündeten
Der Verbreitung von Waffen aus iranischer Produktion unter Teherans Verbündeten steht die Verbreitung von Verteidigungstechnologien aus israelischer Produktion unter Jerusalems Verbündeten gegenüber. Der Ankauf des Spionagesatelliten erfolgt vor dem Hintergrund eskalierender militärischer Spannungen zwischen Marokko und Algerien und der anhaltenden Bedrohung durch die Polisario und ihre iranischen Unterstützer. Er ermöglicht Marokko verbesserte Überwachungsmöglichkeiten bedrohlicher Aktivitäten und Waffenlieferungen in der Region.
Mit dem Verkauf des Satelliten setzte sich Israel Aerospace Industries (IAI) gegen konkurrierende Angebote der europäischen Unternehmen Airbus und Thales aus Frankreich durch. Das Stockholmer Internationale Friedensforschungsinstitut (SIPRI) berichtete Anfang des Jahres, dass Marokko am Kauf zweier IAI-Spionagesatelliten vom Typus Ofek 13 interessiert sei. »Diese Beobachtungssatelliten gehören zu den besten der Welt und werden von der Nachrichtendiensteinheit 9900 der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) eingesetzt, die für die Sammlung und Gewinnung visuell-geografischer Informationen zuständig ist«, so Globes damals.
Die Satelliten der Ofek-Reihe, insbesondere der kürzlich gestartete Ofek 13, der im April letzten Jahres erstmalig in die Erdumlaufbahn gebracht wurde, verfügt über fortschrittliche Techniken wie einen SAR-Sensor (Synthetic-Aperture-Radar) für Aufnahmen hochauflösender Bilder unter verschiedenen Bedingungen wie während der Nachtstunden und durch die Wolkendecke. Diese Fähigkeit verbessert die Möglichkeiten Marokkos zur Aufklärungsarbeit erheblich.
Front gegen den Iran
Im Dezember 2020 unterzeichneten Marokko und Israel das sogenannte Abraham-Abkommen, dessen strategische Partnerschaft dazu beitragen soll, gemeinsamen Bedrohungen, insbesondere durch den Iran und seine Stellvertreter, standzuhalten. Die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain haten die Abkommen mit Israel bereits kurz zuvor im September 2020 unterzeichnet.
Die iranische Unterstützung für die Polisario ist Teil der umfassenderen Strategie Teherans, seinen Einfluss in der arabischen Welt und in Nordafrika auszuweiten – eine Strategie, die Beobachtern bereits von der vom Iran unterstützten Hisbollah im Libanon oder den Huthi im Jemen bestens vertraut ist.
Der nun bekannt gewordene Satellitenverkauf durch Marokko ist daher ein deutlicher Hinweis darauf, dass israelische Partnerschaften mit gemäßigten arabischen Staaten auch die Form des Transfers militärischer Kapazitäten und Ressourcen annehmen, im Gegenzug nachrichtendienstliche Erkenntnisse weitergeben und Israel zusätzliche Unterstützung gewähren könnten. So haben sich arabische Golfstaaten Berichten zufolge an Luftabwehrmaßnahmen gegen den iranischen Luftangriff auf Israel im April beteiligt.
Im September 2022 tauchten Meldungen auf, wonach die Vereinigten Arabischen Emirate mit dem Spyder-System von Rafael Advanced Defense Systems ein israelisches Luftabwehrsystem gekauft hätten, um Raketen- und Drohnenbedrohungen durch die Huthi abzuwehren. Weitere Beispiele sind laut Medienberichten die gemeinsame Nutzung von Daten verschiedener Verteidigungssensoren in mehreren Ländern des Nahen Ostens, um ein Frühwarnsystem vor iranischen Bedrohungen aus der Luft zu etablieren, das ein vorzeitiges Abfangen der Geschosse ermöglichen würde. Verkauft Israel Radar-, Boden-Luft-Raketenabfang- und moderne Lasersysteme an arabische Staaten, könnten diese im Gegenzug Daten und Informationen über bedrohliche iranische Aktivitäten in der Luft und auf See weitergeben.
Die Aufnahme Israels in den CENTCOM-Rahmen des US-Militärs im September 2021, der den Nahen Osten abdeckt, bietet eine wertvolle Plattform für eine von den USA organisierte Verteidigungskooperation zwischen Israel und den Golfstaaten. Wenn Israel nun auch noch die Beziehungen zu Saudi-Arabien formalisieren kann, wäre dies ein großer Vorteil für den sich entwickelnden israelischen gemäßigten arabischen Block, der sich der ernsthaften Bedrohung durch den Iran und seine regionale Achse ausgesetzt sieht.
Yaakov Lappin ist Korrespondent und Analyst für militärische Angelegenheiten in Israel. Er ist hausinterner Analyst am MirYam-Institut, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Alma-Forschungs- und Bildungszentrum und am Begin-Sadat-Zentrum für strategische Studien an der Bar-Ilan-Universität sowie Autor von Virtual Caliphate – Exposing the Islamist State on the Internet. (Der Text erschien auf Englisch zuerst beim Jewish News Syndicate. Übersetzung von Alexander Gruber.)